Belfast. . Neun Spiele, neun Siege: Die Bilanz der DFB-Elf in der WM-Quali könnte nicht besser sein. Der Trainer warnt aber vor zu großer Euphorie.

Recht spät an diesem Abend in Nordirland ist Joachim Löw gefragt worden, ob er die Ernährungsleitlinien für die kommenden Stunden noch verändern wolle und werde. Konkreter: Ob denn die Spieler des Bundestrainers nun unter Zuhilfenahme von ein wenig Alkohol das Erreichte feiern dürften.

"Das wäre nicht seriös und würde nicht zu uns passen, denn wir haben ja am Sonntag in Kaiserslautern gegen Aserbaidschan noch ein Spiel", verbat sich Löw allein schon die Vorstellung, dass die mit dem 3:1-Sieg in Belfast vorzeitig perfekt gemachte WM-Qualifikation zu einer allzu ausschweifenden Party ausarten könnte.

Dazu ist ihm - aber auch den Spielern - die makellose Bilanz bisher zu wichtig. Neun Siege in neun Spielen zeugen von einer erstaunlichen Souveränität. "Jetzt wollen wir auch den zehnten Sieg. Das wäre dann mit der Tordifferenz die beste Qualifikationsrunde, die Deutschland je gespielt hätte", blickte Löw wie immer schon voraus. 38 Treffer hat seine Mannschaft bisher erzielt, nur drei kassiert. Eine beeindruckende Bilanz.

"Jetzt wollen wir den zehnten Sieg"

"Wir haben eine unglaublich konstante und souveräne Qualifikation gespielt", stellte Innenverteidiger Mats Hummels erfreut fest: "Wir waren immer da, haben zwar nicht immer gezaubert, aber das geht auch nicht gegen Mannschaften, die so defensiv spielen. Wir können zufrieden und stolz darauf sein. Aber jetzt wollen wir den zehnten Sieg auch noch einfahren. Denn es wäre ärgerlich, sich in einem Heimspiel gegen Aserbaidschan die Bilanz zu vermiesen."

Das wird nach menschlichem Ermessen auch nicht geschehen, nicht einmal, wenn Löw für die Partie ein paar personelle Veränderungen ankündigt. Er kann das letzte Pflichtspiel des Jahres zu Testzwecken nutzen, zwei weitere Möglichkeiten dazu hat er in den Freundschaftsspielen im November. Die Partie gegen England ist bereits fix, in der zweiten soll Frankreich der Gegner sein, wenn dieser nicht in die Play-offs zur WM muss.

Löw kann weiter ausprobieren

Löw kann also weiter ausprobieren, kann sich Dinge ansehen, die er im laufenden Betrieb sonst eher selten begutachten kann. Manches weiß er aber auch schon. Zum Beispiel, dass er ein beträchtliches Überangebot an brillanten Spielern im Mittelfeld hat, dass auch die Not in der Innenverteidigung nicht sonderlich groß ist. Und dass an einer in den vergangenen Jahren neuralgischen Stelle wie dem Sturm mittlerweile sehr ansehnliches Personal vorhanden ist.

Der kleine, schnelle und gefährliche Timo Werner fehlte dieses Mal, auch der wuchtige Mario Gomez konnte nicht mittun. So kam der wild entschlossene Sandro Wagner zu einer weiteren Chance, die er mit einer guten Leistung und seinem vierten Treffer im vierten Spiel nutzte.

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"Wir haben sehr gute Möglichkeiten in der Offensive, was eine große Stärke sein könnte", meinte Mats Hummels. Joachim Löw hat durchaus eine ähnliche Meinung, allerdings erlaubte er sich auch einen Blick auf die Mannschaften, die seiner auf dem Weg zur Titelverteidigung in Russland im Wege stehen könnten. Argentinien fiel ihm ein bei der Frage nach einer gut besetzten Offensive. Dann zählte er auf, wen der Gegner aus dem WM-Finale 2014 da so aufbietet: Lionel Messi, Angel di Maria, Paulo Dybala, Sergio Agüero, Gonzalo Higuain.

Abend gab Anlass zu Zufriedenheit

Und jeder im Raum verstand, was Löw meinte: Einbilden muss man sich auf all das nichts. "Hart arbeiten" müsse Deutschland, sagte Löw, um bis zum Turnier und innerhalb dessen gewappnet zu sein für das oberste Niveau. Gerade in der Defensive gelte dies.

Mahnende Worte an einem Abend, der aber trotzdem Anlass zu Zufriedenheit gab. Das befand auch Hummels und vermutlich würde nicht einmal der mäkelnde Löw groß widersprechen wollen: "Wenn wir mit der Mannschaft, die wir haben, topfit in die WM gehen, dann werden wir einer der Favoriten sein."