Trotz der sechsmonatigen Sperre ist für Isabell Werth der Weg zu den Sommerspielen 2012 frei. Allerdings könnte der DOSB den Start der Dressurreiterin verhindern.

Der fünfmaligen Dressur-Olympiasiegerin Isabell Werth (Rheinberg) droht auf dem Weg zu Olympia 2012 ein Ritt durch den Paragraphen-Dschungel. Laut IOC-Regelwerk dürfte Werth trotz ihrer sechsmonatigen Doping-Sperre in London starten. Der Deutsche Olympischen Sportbund (DOSB) könnte den Start der Weltmeisterin bei Olympia allerdings verhindern.

"Nimmt man die Nominierungskriterien für Olympia 2008 als Grundlage, dürfte Isabell Werth für London nicht nominiert werden", sagt DOSB-Generaldirektor Michael Vesper. In Peking hatten Dopingsünder keinen Platz im deutschen Team, der DOSB behielt sich aber Einzelfallentscheidungen vor. Die Nominierungskriterien für London 2012 werden frühestens im kommenden Jahr definiert. Die Zeit bis Olympia wird für Werth also zur Geduldsprobe.

"Ich nehme das jetzt mal so zur Kenntnis. Alles weitere wird die Zeit zeigen", sagt Werth im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID). Ihr Anwalt Ulf Walz appellierte indes an die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN): "Der deutsche Verband sollte bemüht sein, seine besten Athleten zu Olympia zu schicken. Deshalb muss es Gespräche geben."

Neue IOC-Regel hilft Werth

Laut neuer IOC-Regel, die Doping-Sündern erst bei einer Strafe von mehr als sechs Monaten eine Olympia-Teilnahme untersagt, darf Werth starten. Die 40-Jährige wurde nach dem positiven Doping-Test bei ihrem Wallach Whisper auf das Beruhigungsmittel Fluphenazine vom Weltverband FEI bis zum 22. Dezember 2009 gesperrt.

Würde die Zwangspause einen Tag länger dauern, wäre der Traum von Olympia geplatzt. Dass es genau deshalb eine Sonderbehandlung gab, schließt Werth aus: "Es hat keine Lex Werth gegeben. Wir haben in der Anhörung überzeugend darstellen können, was wirklich passiert ist. Es war eine Verkettung von unglücklichen Umständen und kein Fall eines klassischen Dopings."

Positiv angerechnet wurde Werth in dem Verfahren, dass sie sich von Beginn an kooperativ gezeigt hatte. In der Urteilsbegründung wird gelobt, dass Werth die Art und Weise der Anwendung des Psychopharmakons Fluphenazine frühzeitig transparent gemacht habe. Zudem sei sie in ihrer langen Karriere für den Sport eine verdiente Persönlichkeit gewesen.

Für Werth war die Bewertung des Strafmaßes schwierig, da es in der Vergangenheit höchst unterschiedliche Urteile bei Dopingvergehen im Reitsport gab. "Das reichte von drei Monaten für Springreiter Cian O'Connor 2004 bei Olympia über kürzlich sechs Monate für Scheich Mohammed, dem Ehemann von FEI-Präsidentin Haya, bis hin zu acht Monaten für Christian Ahlmann", sagte Werth.

Erst Kind, dann Kentucky

Trotz aller Querelen will Werth ihre Karriere fortsetzen und sich im neuen Jahr neuen Herausforderungen stellen. "Die Weltmeisterschaft 2010 in Kentucky könnte mein großes Ziel werden", sagt Werth. Doch zuvor gehört ihre ganze Aufmerksamkeit der Geburt ihres ersten Kindes im November: "Diese Zeit möchte ich einfach nur genießen."

Derweil gab die FN bekannt, dass sie anders als im Fall von Springreiter Christian Ahlmann das Urteil akzeptieren werde. Bei Ahlmann hatte die FN die viermonatige Sperre wegen unerlaubter Medikation durch die FEI als zu milde eingestuft und vor dem CAS eine achtmonatige Sperre wegen Dopings durchgesetzt. "Ich habe in der Vergangenheit versucht, viele Dinge zu verstehen. Aber ich verstehe sie oft nicht", kommentierte Ahlmann die Reaktion des Verbandes auf das Werth-Urteil.