Essen. Die Werbung für die Leichtathletik-WM kocht auf Sparflamme. Ist die Kampagne „17 Gesichter der WM“ eine Kopfgeburt? Zumindest verdeutlicht sie nur zu gut die Probleme, mit denen die Sportart kämpft.

Robert Harting (li.), Christina Obergföll (2.v.li.), Maskottchen, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (3.v.re.) , DLV-Präsident Clemens Prokop und Sina Schielke bei der Gesichter-Vorstellung. Foto: imago
Robert Harting (li.), Christina Obergföll (2.v.li.), Maskottchen, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (3.v.re.) , DLV-Präsident Clemens Prokop und Sina Schielke bei der Gesichter-Vorstellung. Foto: imago © imago sportfotodienst

Selbst eine Leichtathletik-Weltmeisterschaft muss vermarktet werden. Sonst hat sie keine Chance wahrgenommen zu werden. Zu groß sind die immer härter werdenden Konkurrenzangebote anderer Sportarten. Das WM-Organisationskomitee BOC kam auf die Idee, „17 Gesichter der WM“ zu präsentieren. Diese Athleten sollten als Symbole für das internationale Ereignis 2009 in Deutschland stehen. Eine gute Idee, bei deren Umsetzung es hakt.

Zu den Gesichtern der WM zählt auch die Wattenscheider Sprinterin Sina Schielke. Oder der Stabhochspringer Raphael Holzdeppe. Oder der Zehnkämpfer Andre Niklaus. Oder die Kugelstoßerin Petra Lammert. Was sie alle gemeinsam haben: Sie sind entweder verletzt oder nicht für die WM nominiert. Und da zeigt sich das Dilemma, in dem die Leichtathletik gefangen ist. Sie muss neben international konkurrenzfähigen Leistungen auch ausdrucksstarke Persönlichkeiten und Bilder produzieren oder Herz-Schmerz-Geschichten vermarkten, um wahrgenommen zu werden. Sie muss multimedial präsent sein und das muss von langer Hand geplant sein. Und genau das lässt sich in der Individualsportart Leichtathletik nicht umsetzen.

Nicht-Starter werden zum WM-Gesicht

Sina Schielke beim Europacup 2007 in München. Foto: imago
Sina Schielke beim Europacup 2007 in München. Foto: imago

Die 17 stellte das BOC im März bei einem Empfang im Roten Rathaus vor. Damals war auch die junge Mutter und Vize-Europameisterin über 4x100-Meter von 2002, Sina Schielke, dabei. Sie befand sich im Aufbautraining, steckte voller Tatendrang und Energie und freute sich über die Gesichter-Show: „Es war ein deutliches Zeichen, dass man mir die WM zutraute.“

Doch fest stand im März noch lange nicht, wer sich denn nun wirklich qualifizieren würde. Die endgültige Nominierung hat der DLV auf den 2. August terminiert. Bislang sind elf der 17 vorläufig nominiert. Und so muss das Organisationskomitee jetzt in Kauf nehmen, dass es eine gutaussehende Sprinterin, einen hoffnungsvollen Nachwuchsspringer, einen erfahrenen Zehnkämpfer und eine schon international erfolgreiche aber nun verletzte Kugelstoßerin zu seinen Gesichtern gemacht hat, die in Berlin nicht starten werden.

Und da war es nur noch einer ...

Das BOC wählte drei der 17 Gesichter aus dem Stabhochsprunglager. Es spricht für die Akzeptanz und die Beliebtheit dieser technisch anspruchvollen Disziplin. Mit Danny Ecker und Raphael Holzdeppe wählte es gleich zwei, die in der ersten Nominierungsrunde nicht nominiert wurden. Leszek Klima, Trainer des Leverkuseners Danny Ecker, zieht eine diplomatische Antwort auf die Frage, was er von der Kampagne halte, vor. Er habe sich gar nicht genauer damit beschäftigt: „Das ist an mir vorübergegangen.“

Andere waren da weniger zurückhaltend und prägten das negative Image der Gesichter-Kampagne. Erst sagte Weitspringer Sebastian Bayer der Sport-Bild, dass er sich als Karteileiche fühle, was er hinterher bei den Deutschen Meisterschaften nach seinem sehr guten Sprung auf 8,49 Meter wieder relativierte. Dabei will das Organisationskomitee BOC die auserkorenen 17 verstärkt als Interviewpartner vermitteln und ihnen fernsehwirksame Auftritte zukommen lassen.

Leblose Kampagne

Christina Obergföll. Foto: imago
Christina Obergföll. Foto: imago

Dann kritisierte Christina Obergföll, deutsche Medaillenhoffnung im Speerwurf, im Gespräch mit dem „Mannheimer Morgen“, dass die Idee nicht mit Leben gefüllt werde. Auch Sina Schielke hatte seit der Präsentation im März nichts mehr von dieser Kampagne gehört: „Das ist aber absolut in Ordnung.“ Man habe sich wahrscheinlich auf die konzentriert, die wirklich starten, glaubt sie.

Und Sina Schielke empfindet es auch nur als konsequent, mit einer Imagekampagne so zeitig zu starten: Diese Kampagne aber "Gesichter der WM" zu nennen, sei dann wohl etwas unpassend gewesen.

Warum selbst Sina Schielke ein WM-Gesicht ist

Das WM-Organisationskomitee BOC präsentierte schon im März „17 Gesichter der WM“. Elf von ihnen sind nominiert. Ein WM-Gesicht ist der Weitspringer Sebastian Bayer.
Das WM-Organisationskomitee BOC präsentierte schon im März „17 Gesichter der WM“. Elf von ihnen sind nominiert. Ein WM-Gesicht ist der Weitspringer Sebastian Bayer. © imago sportfotodienst
Hochspringer Ariane Friedrich könne zu DEM Gesicht der WM werden. Die Hochspringer trägt das Star-Potenzial in ihren langen Beinen.
Hochspringer Ariane Friedrich könne zu DEM Gesicht der WM werden. Die Hochspringer trägt das Star-Potenzial in ihren langen Beinen. © WAZ
Diskuswerfer Robert Harting
Diskuswerfer Robert Harting © WAZ
Bei den WM-Gesichterin darf natürlich die Titelverteidigerin, Hammerwurf-Weltmeisterin Betty Heidler, nicht fehlen.
Bei den WM-Gesichterin darf natürlich die Titelverteidigerin, Hammerwurf-Weltmeisterin Betty Heidler, nicht fehlen.
Bianca Kappler ist das Weitsprung-Gesicht, ...
Bianca Kappler ist das Weitsprung-Gesicht, ... © WAZ
... Raul Spank das Hochsprung-Gesicht mit Fragezeichen: Er knickte bei der Hausarbeit um.
... Raul Spank das Hochsprung-Gesicht mit Fragezeichen: Er knickte bei der Hausarbeit um. © ddp
Irina Mikitenko hat sich auch durch ihre Leistungen beim London-Marathon für die Kampagne empfohlen.
Irina Mikitenko hat sich auch durch ihre Leistungen beim London-Marathon für die Kampagne empfohlen.
Aus dem Speerwurf sind gleich zwei Frauen dabei: Steffi Nerius ...
Aus dem Speerwurf sind gleich zwei Frauen dabei: Steffi Nerius ... © ddp
... und Christina Obergföll.
... und Christina Obergföll. © AFP
Die Paderbornerin Lilli Schwarzkopf vertritt Deutschland im Siebenkampf, ...
Die Paderbornerin Lilli Schwarzkopf vertritt Deutschland im Siebenkampf, ... © WAZ
Silke Spiegelburg im Stabhochsprung.
Silke Spiegelburg im Stabhochsprung. © imago sportfotodienst
Und jetzt die WM-Gesichter, die bislang gar nicht für die WM qualifiziert sind: Danny Ecker, ...
Und jetzt die WM-Gesichter, die bislang gar nicht für die WM qualifiziert sind: Danny Ecker, ...
die verletzte Kugelstoßerin Petra Lammert, ...
die verletzte Kugelstoßerin Petra Lammert, ...
... der am Sesambein verletzte Zehnkämpfer Andre Niklaus, ...
... der am Sesambein verletzte Zehnkämpfer Andre Niklaus, ...
... Sprinterin Sina Schielke, ...
... Sprinterin Sina Schielke, ...
... Stabhochspringer Raphael Holzdeppe und ...
... Stabhochspringer Raphael Holzdeppe und ...
800-Meter-Spezialist Robin Schembera.
800-Meter-Spezialist Robin Schembera. © WAZ
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