Essen. Katrin Müller-Rottgardt und Sebastian Fricke rennen bei den Paralympics auf Platz 3. Das Sprint-Duo schafft die 100 Meter erstmals unter zwölf Sekunden.
Sie hat es geschafft. Endlich geschafft. Katrin Müller-Rottgardt hat ihre Medaille bei den Paralympics sicher. Im 100-Meter-Lauf wurde sie mit ihrem Guide Sebastian Fricke Dritte und holt damit das erste Edelmetall aus Rio ins Ruhrgebiet. „Nach dem Zieleinlauf hatte ich zwar ein gutes Gefühl, aber ich war mir natürlich nicht sicher“, sagt die blinde Sprinterin im Gespräch mit dieser Zeitung.
„Im Ziel bin ich Sebastian um den Hals gefallen“, erinnert sich Müller-Rottgardt. „Ich habe gemerkt, dass er sich freut, aber er hat immer nur gesagt ,Warte, warte, ich muss das auf der Anzeigentafel sehen.’“ Dann die Erleichterung: Bronze in 11,99 Sekunden für das schnelle Gespann aus Wattenscheid. Glücklich sprudelt es aus der Sprinterin heraus: „Das ist der Traum schlechthin.“ Das Glück steckt ist jedem ihrer Worte.
Medaille bekommt besonderen Platz
„Wahnsinn, was für ein Gefühl. Ich wollte wirklich nicht zu früh jubeln, aber als es dann feststand, war es eine große Erleichterung“, schildert der 29-jährige Guide. Für die beiden Sportler des TV Wattenscheid ist es die Erfüllung eines Traums. „Mir fällt ein riesen Stein vom Herzen, dass Katrin jetzt endlich ihre Medaille hat“, sagt der bescheidene Bottroper.
Schon zweimal ist die 34-jährige Müller-Rottgardt bei Paralympischen Spielen angetreten. Erstmals 2004 in Athen. An Edelmetall ist sie aber immer knapp vorbeigeschrammt. „Darum bekommt diese Medaille zu Hause einen ganz besonderen Platz“, bestätigt die Sprinterin, die ihre kleine Trophäe gar nicht mehr ablegen möchte.
Kubanerin Durand läuft neuen Weltrekord
Als amtierende Europameister in der Startklasse T12 waren Müller-Rottgardt und Fricke angereist. „Unser Vorlauf war nicht so besonders, darum freue ich mich umso mehr, dass das Finale so gut lief. Wir hatten einen richtig guten Start“, analysiert die schnelle Wattenscheiderin. Gegen die überragend auftretende Kubanerin Omara Durand hatte das deutsche Duo am Freitagnacht allerdings keine Chance. Durand siegte mit ihrem Guide in neuer Weltrekordzeit von 11,40 Sekunden. Zum Vergleich: Die derzeit schnellste deutsche nicht-behinderte Sprinterin, Tatjana Pinto, wurde in einer Zeit von 11,39 Sekunden Deutsche Meisterin. Paralympisches Silber sicherte sich Elena Schebanu aus Aserbaidschan in 11,71 Sekunden. Fricke wusste, „dass wir an die ersten beiden nicht rankommen“.
Nur noch zwei Prozent Sehkraft
Umso glücklicher ist das Duo über seine Medaille und auch über die Zeit, die es auf die blaue Tartanbahn gezaubert hat. „Wir sind das erste mal unter 12 Sekunden gelaufen. Diese Schallmauer zu durchbrechen war ein sehr großes Ziel in meiner Karriere“, sagt die Sprinterin, die nur noch eine Sehkraft von zwei Prozent hat und damit offiziell schon als blind gilt.
Und was kommt jetzt? Beide lachen. „Es warten ja noch drei Disziplinen“, sagt Müller-Rottgardt und konzentriert sich schon auf das mögliche Finale im 200-Meter-Lauf (Montag, 16 Uhr deutscher Zeit/ARD). Außerdem tritt sie noch über die 400 Meter und im Weitsprung an. Beide sind zuversichtlich: „Vielleicht dürfen wir ja noch mal aufs Treppchen.“