Essen. . Der Deutsche Moritz Böhringer hat es in die amerikanische Footballliga NFL geschafft. Die erste Trainingswoche zeigt: Er muss noch viel lernen.

Dieser Mann ist eine einzige Besonderheit. Selbst das „ö“ darf Moritz Böhringer behalten. Die Nummer 81 trägt er auf dem Trikot, der Name darüber bleibt in seiner deutschen Schreibweise erhalten. Sondergenehmigung im umlautlosen Amerika – kein „oe“ in Böhringer. „Ich habe einfach nachgefragt. Und die NFL hat ja gesagt“, verrät der 22-Jährige und wirkt selbst etwas überrascht.

Rüffel vom Trainer

Es sind kleine Dinge wie diese, die zum Aufstieg von Moritz Böhringer passen. Dem Maschinenbaustudenten aus Aalen in Baden-Württemberg, der es jüngst mit wenig Erfahrung in die amerikanische Footballliga NFL geschafft hat. Verpflichtet von seinem Lieblingsteam, den Minnesota Vikings. Amerikaner lieben Sportmärchen wie diese. Einer allerdings nicht: Mike Zimmer, Trainer der Wikinger aus dem Bundesstaat im Norden der USA. „Das Märchen ist vorbei“, ließ er seinen Schützling unlängst wissen.

Ein Machtwort mit Signalcharakter: Schluss mit den TV-Auftritten und Interviews, der Alltag hat begonnen. Jetzt reicht es nicht mehr, der Deutsche zu sein, der durch ein Youtube-Video die Aufmerksamkeit von NFL-Spähern erregte, zur Talentsichtung in die USA eingeladen wurde und tatsächlich überzeugte. Nun muss Böhringer liefern.

Das Rookie-Camp, das Trainingslager für alle Neulinge des Teams, hat er bereits hinter sich. „Trainieren und lernen. So sieht mein Tagesablauf aus“, sagt Böhringer am Donnerstag in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Er wohnt im Hotel in einem Vorort von Minneapolis, doch sein eigentliches Zuhause ist die Trainingsanlage der Vikings. Dort wird trainiert, in Vorträgen wird er mit den anderen Neulingen auf das Profileben vorbereitet. Was darf ich essen? Wie gehe ich mit Geld um? Böhringer lacht: „Mein Geld gebe ich bisher ohnehin nur fürs Essen aus.“

Im Training tut Böhringer, ein kantiger und trotzdem extrem schneller Spieler, weiter das, was er auch schon in Deutschland gemacht und was ihn hierzulande zum wertvollsten Spieler 2015 gemacht hatte: Er fängt Bälle und lässt die Verteidigung mit seiner Schnelligkeit hinter sich. Doch American Football ist mehr als Kraft und Athletik. Das Buch mit den verschiedenen Spielzügen ist hunderte Seiten dick. Eine Herausforderung für den Deutschen, der bisher nur ein Jahr in Deutschlands höchster Liga spielte und bei seinen Schwäbisch Hall Unicorns eine übersichtliche Anzahl an Spielzügen behalten musste. „Ich muss in kurzer Zeit viel nachholen.“

Wie geht es nun weiter? Als erster Europäer ohne Spielerfahrung in den USA hat Böhringer es in ein NFL-Team geschafft, doch bis zum ersten Spiel ist es ein langer Weg. In den kommenden Wochen wird sich das Team noch verändern, Ende Juli startet die offizielle Saisonvorbereitung. Zum Saisonstart am 11. September wird der Kader 53 Spieler umfassen – und im Vergleich zum jetzigen Zeitpunkt halbiert sein. Böhringer: „Mein Ziel ist klar: Ich will ins 53-Mann-Team!“

Gewissheit am 5. September

Die wahrscheinlichste Variante: Die Vikings werden mehr Geduld mit dem Deutschen haben als mit anderen Spielern. In Sachen Taktik und Erfahrung hat Böhringer eben viel Nachholbedarf, wahrscheinlich wird er seine erste Saison in einem der sogenannten Special Teams verbringen, die nur in besonderen Spielsituationen aufs Feld gehen. Endgültige Gewissheit wird Böhringer am 5. September haben, dann geben die Wikinger das finale Aufgebot für die kommende NFL-Saison bekannt. Dann geht das Märchen vielleicht doch weiter.