Zuzenhausen. . Die TSG Hoffenheim steht nach der Hinrunde auf dem letzten Tabellenplatz. Huub Stevens soll den Verein vor dem Abstieg in die zweite Liga retten.

Draufhauen gehört zum Geschäftsmodell eines Retters. Auf alle Fälle bei Huub Stevens. Der Schalker „Jahrhunderttrainer“ und Uefa-Cup Sieger von 1997 ist seit einigen Jahren im Retter-Geschäft unterwegs. 2007 der Hamburger SV, 2014 und 2015 der VfB Stuttgart – jetzt die TSG Hoffenheim. Das heißt: Runter von der Finca auf Mallorca, mitten rein in den tosenden Abstiegskampf der Bundesliga, mit jedem Tag wird das entspannte gebräunte Urlaubskatalog-Gesicht verbissener, und die gesunde Gesichtsfarbe verblasst.

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Dass sich der 62 Jahre alte Niederländer dieses Mal auf eine besonders schwierige Mission eingelassen hat, hat er längst erkannt. Draufhauen aber hilft auch im Kraichgau, in einem Klub, der als schwierigster der Liga gilt. Im Hintergrund thront Klub-Eigner Dietmar Hopp, unter dem ein stetiges Stühlerücken stattfindet.

Zur neuen Saison übernimmt Julian Nagelsmann

Berichte darüber, dass es nicht eben gut um das innerbetriebliche Klima bestellt sei, gehören zur Tagesordnung. Als Stevens am 26. Oktober antrat, sorgte die TSG mit der Nachricht, dass zur kommenden Saison der erst 26-jährige U-19-Trainer Julian Nagelsmann zum Chef befördert wird, für Aufsehen. Seitdem ist der vermeintliche Schachzug eher zur Belastung geworden, dieses Projekt, das sich „jung, innovativ, offensiv und anders“ auf die Fahnen schrieb. Retten aber muss vorerst der „Alte“, Huub Stevens. An diesem Samstag gegen Bayer Leverkusen, im ersten von 17 Spielen bis zum Saisonende.

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Stevens begreift seinen Job als nüchternen Job. Dem Magazin „11 Freunde“ verriet er, er könne nach dem Ende einer solchen Mission gleich am nächsten Tag mit der Familie und seinen Enkeln Kuchen essen, als sei er nie weg gewesen. Vorher aber wird draufgehauen, wenn er meint, das helfe. In Stuttgart raunzte er seine Spieler einmal an: „Ihr seid Affen!“

Es hapert an der Offensive

In der Rhein-Neckar-Arena (die gegen Leverkusen nicht ausverkauft ist) setzt Stevens auf eine andere Draufhau-Strategie. Er fertigte statt seiner Spieler den Sportchef der örtlichen „Rhein-Neckar-Zeitung“ öffentlich nach einem Heimspiel ab: „Manchmal muss man draufhauen. Aber Du bist es nicht wert.“ Bei einer Art „Friedenstreffen“ mit Medienvertretern Anfang Januar sprach Stevens kaum ein Wort, begrüßte keinen, setzte sich an den Rand der Tafel und verschwand kurze Zeit später wortlos.

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Auf dem Rasen hat Stevens zwar die Flut der Gegentore (nur noch sechs in sieben Spielen) eindämmen können, dafür gelingt im Angriff kaum etwas (17 Treffer in 17 Spielen). „Hier ist es schwieriger als in Stuttgart“, meint Stevens.

Schwerer Rückrundenstart gegen Leverkusen und Bayern

Der Start in die Rückrunde könnte mit den Spielen gegen Leverkusen und bei Bayern München kaum schwieriger ausfallen. Ob Stevens der neue Retter-Job gelingt, wird mit am dritten Spieltag 2016 entschieden. Dann kommt Aufsteiger Darmstadt. Gelingt da kein Sieg, könnte Stevens schneller wieder auf Mallorca Kaffee trinken als jetzt noch alle annehmen.

„Die Tabelle lügt nicht, für den Kopf der Spieler ist das nicht einfach“, sagt Stevens und glaubt: „Ich muss die Spieler aufbauen. Sie müssen den inneren Schweinehund überwinden.“ Die Spieler aber sind verunsichert. Stevens macht auf pragmatische Weise einen Job – und sitzt bald wieder auf Mallorca in der Sonne.