Essen. . Michael Biegler trainiert die polnischen Handballer. Der EM-Gastgeber gilt als Mitfavorit
Ab Freitag treffen sich die besten Handballer Europas in Polen zur EM-Endrunde. Während die deutsche Nationalmannschaft durch etliche Ausfälle geschwächt ins Turnier geht, trauen Experten einem Landsmann den Titel zu. Michael Biegler trainiert seit 2012 die polnische Auswahl. Das Team des 54-jährigen Rheinländers gilt als Mitfavorit – und das nicht nur wegen des Heimvorteils. Mit dieser Zeitung spricht Biegler über Ziele, Favoriten und das Besondere an der polnischen Nationalhymne.
Herr Biegler, was trauen Sie Ihrer Mannschaft bei der Europameisterschaft zu?
Michael Biegler: Das ganze Land strengt sich unheimlich an, um ein guter Gastgeber zu sein. Wir wollen sportlich Schritt halten und so lange wie möglich im Turnier verweilen. Die 16 besten Teams Europas sind am Start. Ich denke, dass die Franzosen allen anderen ein Stückchen voraus sind. Aber es kann viel passieren. Wir schauen von Spiel zu Spiel, alles andere ist wenig sinnvoll.
Wie schätzen Sie denn die deutsche Nationalmannschaft ein?
Biegler: Deutschland ist für mich nicht relevant. Damit habe ich mich nicht beschäftigt, da die Deutschen nicht in unserem Paarkreuz spielen. Wir haben bislang nur Dossiers unserer Gruppengegner und der Kreuz-Gruppe erstellt. Mein Fokus liegt auf meiner Mannschaft.
Sie pendeln zwischen Hamburg und Polen. Bekommen Sie trotzdem viel von der Euphorie im Land mit?
Biegler: Natürlich. Polen ist ein großartiges Sportland und ich bin mir sicher, dass wir tolle Gastgeber sein werden. Wie ich gehört habe, sind in Krakau und Breslau fast alle Karten verkauft und das nicht nur für unsere Spiele. Ich spreche einige Brocken Polnisch und verstehe immer mehr. Es ist zwar noch nicht daran zu denken, die Zeitung zu lesen, aber ich lasse mir einen Pressespiegel zusammenstellen und weiß, was los ist.
Die politische Lage in Polen wird von einigen westlichen Staaten kritisch gesehen. Wie stehen Sie dazu?
Biegler: Ich bin für die polnischen Handballer zuständig. Die Politik im Lande verfolge ich zwar interessiert, möchte mich aber als Sportler bei diesem Thema zurückhalten.
In Polen wird die Nationalhymne a cappella gesungen. So entsteht eine ganz besondere Stimmung. Wie empfinden Sie die Atmosphäre bei den Heimspielen?
Biegler: Ich singe die Hymne zwar nicht mit, genieße die Stimmung auf den Rängen aber sehr. Davon erzähle ich auch häufig in Deutschland. Jeder, der beim Qualifikationsspiel zwischen Polen und Deutschland in Danzig dabei war, hat eine Gänsehaut bekommen. Das ist der Wahnsinn. Ich sehe meinen Spielern gerne dabei zu, wie sie voller Inbrunst die Hymne singen und wie stolz sie sind. In Deutschland wäre das wahrscheinlich aufgrund unserer Historie nicht möglich. Ich liebe die Heimspiele und die Atmosphäre in Polen.