Essen. . Als Spieler wurde Oliver Roggisch im Jahr 2007 Handball-Weltmeister. Nun unterstützt er Deutschland bei der EM in Polen als Teammanager.
Manchmal ist es nicht leicht, Zuschauer zu sein. Schon gar nicht für Oliver Roggisch. „Es kribbelt ab und zu schon wieder gewaltig in den Fingern“, sagt der 37-Jährige. Es sind Worte aus dem Munde eines Mannes, für den die Rolle des Zuschauers jahrelang wirklich Seltenheitswert hatte. Doch mittlerweile ist alles anders.
Roggisch, jahrelang eines der Aushängeschilder der deutschen Handball-Nationalmannschaft, wird bei den Spielen der am Freitag beginnenden EM in Polen nicht mehr auf dem Feld stehen. Das ist keine Neuigkeit, dieses Kapitel ist längst beendet. Doch Roggisch ist weiter dabei. Ganz nah an der Mannschaft. Als Teammanager.
Es gibt Spieler, die waren in ihrem Sport Legenden und machten danach als Trainer oder Funktionäre Karriere. Oliver Roggisch wird man vielleicht irgendwann mit einem anderen Oliver vergleichen. Oliver Bierhoff, Manager der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Beide feierten Titelgewinne als Spieler, Bierhoff wurde 1996 Fußball-Europameister, Roggisch 2007 Handball-Weltmeister. Beide blieben ihrem Sport nach dem Karriereende treu. Bierhoff wurde 2014 mit Deutschland Weltmeister. Und Roggisch? Am Samstag starten die Handballer in ihr erstes Gruppenspiel gegen Spanien (18.30 Uhr/ZDF). Vom EM-Titel zu träumen wagt sich angesichts des Ausfalls zahlreicher Leistungsträger aber kaum jemand. Die Testspiele der Vorbereitung waren teils zufriedenstellend, teils waren sie es nicht. Roggisch ist sich jedoch sicher: „Wir haben noch Steigerungspotenzial.“
Ein zwei Meter großer Felsen
Wie man das ausschöpft, weiß er nur zu gut. Immerhin war sein Spitzname jahrelang Programm. „The Rogg“ nannten sie den Mann aus dem Schwarzwald. Ein passendes Wortspiel mit dem englischen Wort „rock“, denn tatsächlich kam dieser Oliver Roggisch seinen Gegenspielern früher wie ein Stein vor. Ein über zwei Meter großer Felsen, an dem die gegnerischen Angriffswellen zerschellten. Roggisch war in der Bundesliga bei den Rhein-Neckar Löwen und im Nationalteam der Abwehrchef. Einer, der nicht zögerlich zur Sache ging. Einer, der die Drecksarbeit machte, der seine Gegner nie schonte. Sich selbst auch nicht. Für einen Abwehrspieler war Roggisch stets sehr beweglich. Schnell und fast tänzelnd sah das zeitweise aus. Doch 16 Jahre Bundesliga-Handball haben Spuren an seinem Körper hinterlassen. Das blaue Auge, mit dem er das gewonnene WM-Finale 2007 in Köln feierte, war da noch das kleinste Übel. „Ich hatte einige Blessuren. Nach einer jüngsten Knieverletzung habe ich aber gemerkt, dass es immer schwerer wird, Anschluss zu finden. Ich musste realistisch sein. Ich wollte meine Karriere nicht auf der Tribüne beenden.“ Und so tat er es 2014 nach der Vizemeisterschaft mit den Rhein-Neckar Löwen.
Noch immer ein Zugpferd
Roggisch blieb jedoch am Ball. Nicht auf dem Feld, aber im übertragenen Sinne. Er begann ein Sportmanagement-Fernstudium und wurde Teammanager der Rhein-Neckar Löwen und der Nationalmannschaft. Fürs Nationalteam arbeitet er 40 Tage im Jahr, es gibt lediglich eine Aufwandsentschädigung. Egal, er ist weiter Teil des Teams und noch immer eines der größten Zugpferde des deutschen Handballs. „Meine Aufgabe ist es, dem Cheftrainer den Rücken frei zu halten. Viel Medien-, viel Sponsorenarbeit und immer ein offenes Ohr für die Mannschaft gehören dazu“, sagt Roggisch.
Selbst will er auch bald wieder mehr Sport treiben. Zuletzt fuhr er einige Tage Ski mit seiner Freundin, bald will er auch wieder regelmäßig im Kraftraum stehen. „Nach der Karriere kommt eine Phase, in der man sich nicht mehr ganz so gerne bewegt. Langsam juckt es aber wieder.“ Am liebsten würde er allerdings erst nach dem 31. Januar wieder trainieren. Nicht vorher. Dann steigt nämlich das EM-Finale.