Gelsenkirchen. . Vor dem Europa-League-Heimspiel gegen Nikosia beschreibt Schalkes Trainer André Breitenreiter sein Top-Talent Leon Goretzka als Musterschüler.

Nachtragend ist André Breitenreiter offenbar nicht. Leon Goretzka hätte am vergangenen Samstag, als sich der FC Schalke 04 beim 1:3 gegen den FC Bayern leidenschaftlich und doch vergeblich abmühte, ganz groß auftrumpfen können. Wie er beim Stand von 1:1 unaufhaltsam durch das Mittelfeld zog, das war schon beeindruckend; als er dann aber den richtigen Moment verpasste, um den perfekt in den Raum gestarteten Leroy Sané mit einem Steilpass zu bedienen, und sich stattdessen für einen harmlosen Fernschuss entschied, löste er Unverständnis und Verärgerung aus.

Aber bitte: Der Junge ist erst 20.

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Klaps vom Kapitän: Schalkes Leon Goretzka ärgerte sich über einen Fehler.
Von Elmar Redemann und Andreas Ernst, aufgezeichnet in der Mixed Zone

Schalke 04 hat sich vorgenommen, seine Top-Talente nicht zu verheizen. Fehler werden verziehen, der Entwicklungsprozess soll ungestört verlaufen können. Dazu gehört auch, dass Leroy Sané, Max Meyer und Leon Goretzka nicht mit zu hohen Erwartungen belastet werden sollen. Vor dem Europa-League-Heimspiel am Donnerstag gegen Apoel Nikosia (19 Uhr/live in unserem Ticker) legt Trainer Breitenreiter aber die Latte für Goretzka höher: "Leon hat sehr große Möglichkeiten in Richtung A-Nationalmannschaft, vielleicht sogar schon zur nächsten Europameisterschaft - wenn er weiter Gas gibt."

Verletzungen warfen Goretzka zurück

Breitenreiter weiß allerdings genau, was er tut. Denn er befürchtet nicht, dass zu viel Lob diesem Jungen den Kopf verdrehen könnte. Breitenreiter beschreibt ihn als Musterprofi: "Leon ist ein großartiger Spieler. Er ist sehr ehrgeizig, er ist intelligent, er ist auch sauer, wenn es mal nicht läuft. Er hat eine tolle Entwicklung genommen. Er ist nicht umsonst Kapitän der U-21-Nationalmannschaft, und er ist auf dem besten Wege, auch Führungsspieler bei Schalke 04 werden."

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Für diesen Leistungssprung gibt es einen simplen Grund: Gesundheit. Leon Goretzka, in Bochum geboren und aufgewachsen, ist seit seinem Wechsel im Sommer 2013 vom VfL zu Schalke 04 häufig von Verletzungen ausgebremst worden, so dass er nie den richtigen Rhythmus fand. "Jahrhunderttalent" hatte ihn sein früherer Trainer Peter Neururer genannt, und Schalkes Manager Horst Heldt hatte sogar gesagt, er nehme jede Wette an, dass Goretzka "ein herausragender Spieler in Europa" werde. Der fußballerisch Hochbegabte meisterte anfangs den schweren Spagat zwischen Schulbank und Schalke, zielstrebig wie auf dem Rasen baute er auch sein Abitur. Gegen die Widerstände seines Körpers aber war er machtlos, wiederholt wurde er zurückgeworfen. "Als ich im Sommer hierher kam, fiel mir auf, wie zurückhaltend er auf dem Platz war", erzählt André Breitenreiter. "Er hatte kein Vertrauen in seinen Körper."

An der Seite von Geis auf der Doppel-Sechs

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Das änderte sich mit jedem Spiel ohne Beschwerden. "Ich hatte mir vorher viele Gedanken darüber gemacht, was beim nächsten Sprint passiert. Diese Gedanken mache ich mir jetzt nicht mehr", sagt Goretzka, der mittlerweile auch seine Position gefunden hat. Er ist der offensivere Part einer Doppel-Sechs - eine Rolle, die ihm Breitenreiter anfangs nicht zutraute. "Ich hatte ihn wegen Schwächen in der Defensive eher rechts offensiv gesehen, aber jetzt ist er aus dem Zentrum nicht mehr wegzudenken."

Gegen Nikosia kehrt der in der Bundesliga noch für ein Spiel gesperrte Johannes Geis an die Seite von Goretzka zurück. Mit einem Sieg wäre Tabellenführer Schalke für die nächste Runde der Europa League qualifiziert - nach einer Serie von sieben Pflichtspielen ohne Dreier wird es allerdings auch Zeit für die Königsblauen. Für Leon Goretzka besteht an einem Erfolg kein Zweifel. "Wir haben ein Heimspiel", betont er. Das galt zwar auch für den vergangenen Samstag. Aber da hieß der Gegner FC Bayern. Und nicht Apoel Nikosia.