Frankfurt/Main. In der DFB-Affäre wird auf eine Erklärung durch Franz Beckenbauer gewartet. Doch der schweigt vorerst - und erhält Unterstützung von Rummenigge.
Nach den erschütternden Enthüllungen im WM-Skandal wartet Fußball-Deutschland gespannt auf eine Reaktion des öffentlich angezählten Franz Beckenbauer. Nach außen verfolgt der Kaiser weiter seine Strategie des eisernen Schweigens, kündigte am Mittwoch aber zumindest weitere Aussagen vor den externen DFB-Ermittlern an. "Franz Beckenbauer steht den zuständigen Gremien weiterhin zur Verfügung und wird sich daher öffentlich nicht äußern", teilte Beckenbauers Management in einem knappen Statement mit.
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Rückendeckung erhielt der 70-Jährige vom FC Bayern, Karl-Heinz Rummenigge ergriff mit deutlichen Worten Partei für den Ehrenpräsidenten der Münchner. Der ebenfalls beschuldigte frühere FIFA-Vizepräsident Jack Warner meldete sich ebenfalls zu Wort und dementierte eine vertragliche Vereinbarung mit Beckenbauer oder dem WM-Organisationskomitee vor der Vergabe der WM 2006.
Debatten um die Niersbach-Nachfolge
Auch zwei Tage nach dem Rücktritt von DFB-Chef Wolfgang Niersbach ist klar: Die Aufklärung der Korruptionsvorwürfe um die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 an Deutschland wird den Deutschen Fußball-Bund noch lange beschäftigen. Längst intensivieren sich im Hintergrund aber auch die Debatten über die Niersbach-Nachfolge.
Am Dienstag wollen die Landesverbände in Hannover das weitere Vorgehen auf der Suche nach einem neuen DFB-Präsidenten besprechen. Das sagte der hessische Verbandschef Rolf Hocke am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Konkret solle darüber diskutiert werden, ob sich die Landesverbände für die Einberufung eines außerordentlichen DFB-Bundestags und eine damit verbundene Präsidentenneuwahl aussprechen. Oder ob mit der neuen Doppelspitze bis zum nächsten ordentlichen Bundestag im November 2016 gearbeitet werden könne.
Warner dementiert vertragliche Vereinbarung
Bei der Aufklärung der Vergangenheit wird Warner vermutlich nicht helfen. "Ich hatte mit niemandem aus Deutschlands Organisationskomitee für die WM 2006 irgendeine Vereinbarung", sagte er bei Sport1. Er habe schon "tausend Mal gesagt, dass ich nicht mehr über meine Zeit bei der FIFA spreche. Außerdem möchte ich mich nicht am internationalen Medienzirkus beteiligen, der mich erniedrigt und verleumdet", wurde der 72-Jährige darüber hinaus zitiert.
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Laut DFB unterschrieb Beckenbauer vier Tage vor der WM-Vergabe eine vertragliche Vereinbarung mit dem mittlerweile lebenslang gesperrten Skandal-Funktionär aus Trinidad und Tobago. In dem Dokument seien der Konföderation des damals stimmberechtigten Exekutivmitglieds "diverse Leistungen" von deutscher Seite zugesagt worden. "Meine Geschichte ist meine Geschichte und ich weigere mich ein Teil der Menge zu sein, die Schmerzen und Verletzungen über die Leute bringt, die ich einst Freunde genannt habe", sagte Warner der "Bild"-Zeitung (Mittwoch).
Bayern-Boss Rummenigge kritisiert DFB
Beckenbauer deutete jetzt weitere Aussagen vor den externen DFB-Ermittlern an. Bereits vor gut zwei Wochen hatte er erstmals mit den Ermittlern der Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer gesprochen. Der DFB hatte den 70-Jährigen zuletzt mehrfach aufgefordert, aktiver an der Aufklärung mitzuwirken. Für den Umgang mit dem Weltmeister-Spieler und -Trainer kritisierte Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge den DFB.
"Wenn ein Freund in schwierigen Zeiten steht, muss man ihm zur Seite stehen. Ich verstehe, dass der DFB größtes Interesse haben muss, dass die ganze Angelegenheit aufgeklärt werden muss. Aber ich würde mir einen etwas sensibleren Umgang mit der Person Franz Beckenbauer wünschen, weil ich glaube, dass auch der DFB durchaus der Person viel zu verdanken hat", sagte Rummenigge am Mittwoch in München. Man müsse auch an die "diversen Weltmeisterschaften denken, die man wegen Franz Beckenbauer gewonnen hat und die man wegen ihm austragen durfte".
Zudem sprach sich Rummenigge auch gegen die aktuell amtierende Doppelspitze Rainer Koch/Reinhard Rauball als Interimsführung beim DFB aus. Vielmehr solle Rauball die Geschäfte alleine führen. "Ich bin kein Freund der Doppelspitze. Wir haben das einmal erlebt von 2004 bis 2006 und sollten den Fehler nicht nochmal machen. Ich würde empfehlen, dass Dr. Rauball, der nachweislich kein Interesse hat, Präsident des DFB zu werden, dass er völlig wertfrei die Geschäfte führt", sagte der führende Bayern-Funktionär.
Grindel gilt als aussichtsreicher Kandidat
Koch war der Frage nach eigenen Ambitionen auf das Präsidentenamt zuletzt ausgewichen. Aktuell gelten der Chef des Süddeutschen Fußball-Verbandes und DFB-Schatzmeister Reinhard Grindel als aussichtsreichste Kandidaten auf das Präsidentenamt. "Ich konzentriere mich völlig auf die Aufklärungsarbeit der Vorwürfe im Zusammenhang mit der WM 2006 und beteilige mich nicht an Personalspekulationen", sagte dazu der CDU-Bundestagsabgeordnete Grindel der Deutschen Presse-Agentur.
Möglicherweise wird sich schon in der kommenden Woche eine Lösung abzeichnen. Dann tagt das DFB-Präsidium erstmals ohne den zurückgetretenen Niersbach, der sich am Mittwochmorgen von seinen Mitarbeitern in der Verbandszentrale verabschiedete. Es sei "hoch emotional" gewesen, sagte Niersbach dem TV-Sender Sky. "Ich verhehle nicht, dass mir selbst da ein paar Tränen gekommen sind." (dpa)