New York. . Im Halbfinale kommt es zu einem Länderspiel. Die Schweizer brillieren mit nahezu perfektem Tennis. Wawrinka kopiert dabei einen Schlag von Federer.
Die Herren waren bester Laune. Roger Federer stand plaudernd mit Hollywoodstar Bradley Cooper im Gang, und Stan Wawrinka beschenkte die Schweizer Journalisten mit besonderen Schlüsselanhängern – den berühmten Duplikaten der karierten Hose, in der er den Titel bei den French Open gewann. Kein Wunder, dass es ihnen gut ging.
Federer spielte an diesem Abend mit dem Franzosen Richard Gasquet was er wollte (6:3, 6:3, 6:1). Das Ganze ähnelte jener Tanzeinlage, die Entertainer Justin Timberlake und Moderator Jimmy Fallon auf der Tribüne hinlegten – locker aus der Hüfte, perfekt getimt. Mitreißend. Hinreißend. Besser hat Federer nicht oft gespielt, und diese Einschätzung hat nichts mit gutem Erinnerungsvermögen zu tun; viel besser kann man nicht spielen. Er nennt es Spaß-Tennis. Spaß für sich selbst und Spaß für Zuschauer.
Return mit Anschleichen
Beim Sieg von Wawrinka gegen Kevin Anderson (6:4, 6:4, 6:0) ging es etwas handfester zu, aber auch das auf nahezu perfekte Art. Der Westschweizer war vergleichsweise langsam ins Turnier gestartet, aber nun scheint alles wieder in bester Ordnung zu sein. Und er gönnte sich auch eine kleine Ansage an Federer und übernahm zumindest einmal dessen neuesten Coup, einen Return mit Anschleichen. Federer nahm es interessiert bis amüsiert zur Kenntnis und beantwortete die Frage, ob das verehrte Publikum nun gegen Wawrinka mehr davon sehen wird, so: „Wir machen nur noch das; kein Ballwechsel wird mehr als drei Schläge haben.“
Sie freuen sich gleichermaßen auf das gemeinsame Spiel. Fünfmal trafen sie sich bisher bei einem Grand-Slam-Turnier, aber nie zuvor im Halbfinale, womit nur noch eine Stufe übrig bleibt – die höchste. Federer sagt, das sei einfach verrückt aus Schweizer Sicht, so ein Spiel komme ja nicht allzu oft vor. „Wir sollten es auf jeden Fall genießen.“
Bombastischer Auftritt gegen Djokovic
Die Erinnerung an die letzte gemeinsame Begegnung dürfte Wawrinka beflügeln; im Viertelfinale der French Open hatte er dem olympischen Doppelpartner im Juni in drei sehr klaren Sätzen keine Chance gelassen. Ein paar Tage später gewann er bekanntlich den Titel mit einem bombastischen Auftritt gegen Novak Djokovic, und auch deshalb ist die Konstellation vor dem Schweizer Länderspiel in Flushing Meadows interessant.
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Lange Zeit blickte Wawrinka ehrfürchtig zum Meister auf, auch noch, nachdem sie zusammen die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen gewonnen hatten. Er sagt, natürlich spiele er auch jetzt noch nicht auf Federer-Niveau. Aber er glaubt festgestellt zu haben: „Inzwischen sind wir beide nervös, wenn wir auf den Platz gehen, früher war ich es nur. Das ist ein großer Unterschied, und der zeigt, dass er weiß, auf welchem Niveau ich spielen kann.“ Seine drei Siege aus den 19 gemeinsamen Spielen holte er alle auf Sand, doch er ist überzeugt davon, dass der Boden bei weitem nicht mehr eine solche Rolle spielt wie früher.
Wawrinka lernt von der Konkurrenz
Wie Federer die Sache mit der Nervosität sieht? Anders. „Ich bin eigentlich selten besonders nervös vor einem Spiel. Ich freu mich darauf und hab’ Respekt, weil Stan inzwischen ein unglaublicher Spieler ist. Er muss nicht mehr beweisen, dass er unter Druck gut Tennis spielen kann“. Daran ist er in gewisser Weise selbst schuld. Wawrinka behauptet, er habe sich auch deshalb so verbessert, weil er immer aufmerksam verfolgt habe, was die Besten – Djokovic, Federer und Nadal – tun.