Wuppertal. Millionen für Fotos von „Schumi“? Im Prozess belastet ein Türsteher den Angeklagten. Warum auch eine frühere Pflegerin unter Verdacht geraten ist.
Zeugen, die sich wiederholt krankmelden. Zeugen, die einfach nicht erscheinen. Zeugen, die kommen, aber unverrichteter Dinge wieder gehen müssen. Ein Zeuge, der von der Polizei vorgeführt werden muss, einer, der seine Aussage widerruft, und eine Zeugin, gegen die nun selbst ermittelt wird... Ausgerechnet die, die etwas wissen könnten, machen es dem Amtsgericht Wuppertal derzeit nicht leicht, die Erpressung der Familie Schumacher aufzuklären. Dabei schaut die halbe Welt ins Bergische: Wer hat versucht, Bilder des Formel 1-Idols Michael Schumacher für 15 Millionen Euro zu verkaufen?
Wieder einer mehr, der Fotos von „Schumi“ kennt, die niemand kennen soll: Am dritten Prozesstag gegen drei Angeklagte erklärt ein 42-jähriger Zeuge, ihm sei eine Festplatte mit privaten Aufnahmen von Michael Schumacher für eine halbe Million Euro angeboten worden. Dabei seien ihm auch einzelne Fotos von Schumacher gezeigt worden. Für eine nähere Beschreibung der Bilder wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen.
Fotos vom „hilflosen und pflegebedürftigen“ Weltmeister
Nach dem schweren Skiunfall des siebenfachen Weltmeisters 2013 wird der inzwischen 56-Jährige auf dem Anwesen seiner Familie in der Schweiz abgeschirmt. Nur wenige wissen Näheres über seinen Gesundheitszustand. Auch aus diesem Prozess soll möglichst wenig nach außen dringen. Soviel allerdings erfahren die Zuhörer bereits aus der Anklage: Die „sehr sensiblen“ Bilder, mit der die Schumachers erpresst werden sollten, zeigen den Familienvater offenbar „hilflos und pflegebedürftig“, im Krankenbett oder im Rollstuhl. „Sichtlich gezeichnet durch den Unfall.“ Einer der Datenträger soll Pflegedaten und Medikamentenlisten enthalten.
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Der Zeuge gehört offenbar zur selben Türsteher-Szene aus dem Raum Konstanz, der auch die beiden älteren Angeklagten zugerechnet werden. Die beiden 53-Jährigen sollen sich dort kennengelernt haben. Der Wuppertaler soll seinem Kollegen aus Wülfrath das brisante Material gegeben haben, damit der es verkauft. Warum der Zeuge vom Mittwoch zuvor zweimal nicht vor Gericht erschien, erklärt der Mann so: Er sei im Gefängnis gewesen.
Auch er habe das Angebot des Hauptangeklagten erhalten, es aber nicht ernst genommen und abgelehnt. Dessen Verteidiger widerspricht später der Aussage: Sein Mandant habe dem Zeugen keine Fotos gezeigt und auch nicht die Festplatte angeboten.
15 Millionen für Bilder von Michael Schumacher
Ohnehin hat der Mann aus Wuppertal bislang bestritten, 900 Bilder und fast 600 Videos sowie die Krankenakte weitergegeben zu haben. Er wollte laut Anklage 15 Millionen Euro dafür haben und drohte, das Material andernfalls im Darknet zu veröffentlichen. Am ersten Prozesstag ließ der 53-Jährige erklären, er sei als Sicherheitsmann der Schumachers entlassen worden; sein Zimmer, in dem er die Daten selbst digitalisiert haben will – auf Auftrag der Familie – sei durchwühlt gewesen.
Sein gleichaltriger Bekannter indes gab bereits am ersten Prozesstag zu, „Scheiße gebaut“ und „einen großen Fehler gemacht“ zu haben. Seinen mitangeklagten Sohn versuchte er zwar, aus der Sache herauszuhalten, aber auch der gab wenig später seine Tatbeteiligung zu. Er soll seinem Vater eine angeblich geheime Mailadresse besorgt haben, die sich aber als gewöhnliche GMX-Adresse entpuppte.
Parallel zum Prozess ermittelt die Wuppertaler Staatsanwaltschaft inzwischen gegen zwei weitere Personen: Einer der Zeugen am ersten Prozesstag im Dezember hatte zuvor ausführliche Angaben gemacht, die die Polizei auf 33 Seiten niedergeschrieben hatte. Vor Gericht wollte er davon indes nichts mehr wissen, zog in bestimmtem Ton alles zurück.
Krankenschwester Schumachers im Visier der Ermittler
Zudem geriet eine ehemalige Krankenschwester in Diensten der Schumachers ins Visier der Ermittler. Auch sie soll Zugang zu Pflegeakten und Bildern gehabt haben, auch sie war in Ungnade gefallen und entlassen worden – was das Management bestätigt. Der Wülfrather belastete die Frau in seiner Aussage schwer: Der Hauptangeklagte und sie hätten eine Beziehung gehabt, die Beute hätte unter allen dreien aufgeteilt werden sollen. Zu ihrer ursprünglich geplanten Zeugenaussage erschien die Pflegerin nicht.
Der Prozess soll am 22. Januar weitergehen, möglicherweise sogar mit einem Urteil. Zuvor soll aber nochmals die Managerin der Familie Schumacher, Sabine Kehm, in den Zeugenstand. Am Mittwoch lässt sie sich entschuldigen, nachdem sie am Tag vor Heiligabend wieder abreisen musste, ohne auszusagen: Den Rechtsanwälten im Saal war die erneute Vernehmung Kehms nicht angekündigt worden. mit dpa