Essen. Kein Geld, um die Städte schöner und zukunftsfest zu machen: RVR-Sozialbericht zeigt, wo es hakt. Die Städte haben eine klare Forderung

Die Städte im Ruhrgebiet ächzen unter hohen Soziallasten. 2023 haben sie 7,2 Milliarden Euro direkt oder indirekt über die beiden Landschaftsverbände für soziale Leistungen ausgeben müssen. Das ist eines der Ergebnisse der Sozialberichterstattung Ruhr, die der Regionalverband Ruhr (RVR) in Auftrag gegeben hat und der dieser Zeitung vorab vorliegt. Die hohen Sozialausgaben ergeben sich daraus, dass im Ruhrgebiet sehr viele Menschen leben, die Leistungen der sozialen Mindestsicherung bezögen: Es betrifft mit 14 Prozent fast jeden Siebten.

Kein Geld für Schulen und Straßen

Dabei sei die Finanzlage der Städte im Ruhrgebiet trotz Krisen wie der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs noch vergleichsweise gut gewesen, heißt es im zehnseitigen Papier. Die Konsolidierung der Haushalte in den letzten fünf Jahren habe aber ihren Preis gehabt. So lägen die Realsteuer-Hebesätze im Ruhrgebiet schon länger weit über denen des Bundesdurchschnitts. Investitionen in Schulen, Kitas oder Verkehr seien „weit unterdurchschnittlich“, was zu einem „erheblichen Substanzverlust“ der Infrastruktur geführt habe. Zudem belasteten hohe Altschulden die Region nach wie vor.

Damit sinke die Lebensqualität vieler Einwohnerinnen und Einwohner, Teile der kommunalen Daseinsvorsorge würden nur noch unzureichend gesichert, schreiben die Kommunal-Finanzexperten Martin Junkernheinrich und Gerhard Micosatt. Fazit: Die Qualität des Standorts verschlechtere sich.

Wer bestellt, soll dafür bezahlen

Die Schere zwischen kommunalen Einnahmen und Ausgaben geht immer weiter auseinander und engt unsere Handlungsspielräume für dringend benötigte Investitionen mehr und mehr ein“, moniert Thomas Eiskirch, Bochums Oberbürgermeister und Vorsitzender des Kommunalrats. Dabei stehe man vor einer Reihe von Herausforderungen, um als Wirtschafts- und Lebensraum Ruhrgebiet im Wettbewerb mit anderen Regionen zukunftsfähig zu bleiben. Bei der Neuverteilung der Sozialhilfelasten gehe es vor allem um eines: die staatlichen Ebenen, die sie überhaupt erst veranlasst hätten, stärker an den Kosten der städtischen Ausgaben zu beteiligen. Wer etwas bestelle, solle dafür bezahlen. Dafür brauche es endlich einen Reformprozess, fordern die Städte und der RVR.

Viel Geld für Grundsicherung im Alter

Die indirekte Beteiligung an den Leistungen der Landschaftsverbände machte laut Bericht mit 27,5 Prozent den größten Teil der Sozialausgaben aus. Mit 25,4 Prozent folgten Unterkunftskosten, 18,8 Prozent entfielen auf Jugendhilfe und 13,1 Prozent auf Sozialhilfe außerhalb von Einrichtungen. Darunter falle besonders die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.

„Wenn der Anspruch gleichwertiger Lebensverhältnisse ernst gemeint ist, muss die Handlungsfähigkeit der Kommunen wiederhergestellt werden“, mahnt RVR-Regionaldirektor Garrelt Duin. Die Stellschraube, um prekäre Lebenslagen erst gar nicht entstehen zu lassen, seien die städtischen Haushalte.