Bochum/Essen. Seit rund sieben Wochen ist die A40 in Bochum komplett gesperrt. Warum das Verkehrschaos bisher ausblieb, aber immer noch kommen kann.

„Chaos“ war erwartet worden. Lange Staus galten als sicher. Der Verkehr im Ruhrgebiet werde zusammenbrechen, wenn die A40 wegen eines Brücken-Neubaus beidseitig für 15 Wochen gesperrt werde, prophezeiten viele. Nun ist gut die Hälfte dieser 15 Wochen vorbei und passiert ist: nicht viel.

Sperrung auf der A40 in Bochum: „Das Umleitungskonzept funktioniert“

Anfangs freuten sich manche Pendler sogar über Straßen, die „leerer sind als sonst“. Selbst als die Sommerferien endeten, blieb die Lage rund um Bochum entspannt. Für Stauforscher Justin Geistefeldt von der Ruhr-Universität Bochum war das allerdings keine Überraschung. „Weil sich alle Autofahrerinnen und Autofahrer frühzeitig auf die Sperrung einstellen konnten, hatten sie die Chance, sich über andere Routen zu informieren, alternative Verkehrsmittel zu finden oder so umzuplanen, dass sie ihre Fahrt vielleicht erst gar nicht antreten müssen“, sagte er dieser Zeitung schon im August. Till Westermann, Sprecher des ADAC Westfalen, sieht das ganz ähnlich: Die Kommunikation im Vorfeld sei gut gelaufen, lobt er. Hinweisschilder hätten die Autofahrer frühzeitig vorbereitet.

Bei der Autobahn GmbH ist man deshalb auch zufrieden. „Das Umleitungskonzept funktioniert“, sagt Autobahnsprecher Anton Kurenbach. „Die Verkehre verteilen sich auf den Umleitungsstrecken, größere Verkehrsbehinderungen sind bisher nicht aufgetreten.“ Und das behauptet Kurenbach nicht einfach so, das kann er auch durch Zahlen untermauern. Denn die Autobahn GmbH kann über in die Fahrbahn eingelassene Zählschleifen das durchschnittliche tägliche Verkehrsaufkommen (DTV) messen.

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Die Zahlen zeigen, was die Planer erwartet haben. So hat etwa der Verkehr auf der A43 in Richtung Wuppertal zwischen Bochum-Laer und dem Kreuz Bochum/Witten um 15 Prozent zugenommen: von 72.000 Fahrzeugen täglich vor der Sperrung auf nun 83.000. Haupt-Ausweichstrecke in beide Richtungen ist allerdings die A448. Richtung Dortmund sind zwischen Bochum-West und Stahlhausen jeden Tag statt 54.000 nun 97.000 Autos unterwegs (plus 80 %). In der Gegenrichtung zwischen Witten-Stockum bis Witten-Zentrum fahren täglich 75.000 statt 54.000 Fahrzeuge. Immerhin auch 40 Prozent mehr als üblich. Insgesamt seien die Auswirkungen der Sperrung bisher „moderat“, sagt Kurenbach.

„Staus sind normal auf dieser Strecke“

„Es funktioniert tatsächlich ganz gut bisher“, zieht auch ADAC-Sprecher Westermann Zwischenbilanz, weiß aber, dass es trotzdem Menschen gibt, die immer wieder mal im Stau stehen. Vor allem von Essen in Richtung Dortmund. „Aber diese Staus sind normal für diese Strecke, die gibt es auch ohne Vollsperrung.“ Und sie sind in der Regel sehr kurzlebig. Wo es um 8 Uhr noch stockt, kann es gegen 8.30 Uhr schon wieder völlig frei sein. Nach den Stoßzeiten tauchen A448 und A40 an den meisten Tagen ohnehin kaum noch in den Verkehrsmeldungen auf. Und selbst längere Staus lösen sich größtenteils recht schnell auf. „Das zeigt, dass die Umleitungsstrecken grundsätzlich funktionieren“, sagt der Sprecher.

Vor der Baustelle wird der Verkehr von der A40 abgeleitet.
Vor der Baustelle wird der Verkehr von der A40 abgeleitet. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Auch abseits der Autobahn ist der Verkehr, anders als befürchtet, nicht zusammengebrochen. Natürlich gebe es zu den Stoßzeiten viel Verkehr, aber „Stand jetzt ist es viel besser gelaufen, als erwartet“, bestätigt Frank Lemanis, Leiter der Pressestelle der Polizei in Bochum. „Die Menschen im Ruhrgebiet kennen sich aus“, mutmaßt er. „Sie fahren jeden Tag hier lang und finden immer irgendwelche Bypässe.“

2550 Staustunden an nur drei Tagen

Die größte Bewährungsprobe aber steht Stadtstraßen und Autobahnen rund um Bochum wohl noch bevor. Mittelfristig, glauben viele Experten, werde sich nicht viel ändern. Im Gegenteil. Die Herbstferien in der dritten und vierten Oktoberwoche könnten die Lage sogar entspannen. Dann aber folgen die stauintensivsten Tage des Jahres in NRW. Was die Menschen zwischen Rhein und Ruhr dann erwarten könnte, zeigt ein Blick auf 2023. Da gab es unmittelbar nach den Herbstferien an nur drei Tagen 2550 Staustunden im Land. 

Früh dunkel, schlechte Sicht: Der November ist der Monat mit den meisten Staus auf den Straßen
Früh dunkel, schlechte Sicht: Der November ist der Monat mit den meisten Staus auf den Straßen © dpa | Rolf Vennenbernd

Um im November wird es kaum besser. Früh einsetzende Dunkelheit, Regen und schlechte Sicht machen da den Autofahrern und –Fahrerinnen das Leben schwer. Dabei sind die Straßen zwischen Herbstferien und Weihnachten ohnehin voll wie selten. „Da ist fast niemand im Urlaub“, sagt Westermann. Wichtig sei deshalb, die Baumaßnahme im geplanten Zeitraum abzuschließen, mahnt deshalb Verkehrsexperte Dirk Krüger vom ADAC in NRW. „Sonst kann es haarig werden“, warnt auch Westermann.

Autobahnsprecher Anton Kurenbach weiß das natürlich. Bisher liege die Baumaßnahme aber voll im Zeitplan. Natürlich spiele das Wetter im Herbst immer eine Rolle, räumt er ein. „Aber wir sind optimistisch, dass wir wie angekündigt fertig werden.“