Essen. Die Kinder planschen und das schlechte Gewissen meldet sich, denn Wasser wird ein knapperes Gut. Aber muss man sich jetzt alles vermiesen lassen?

Mein kleiner Garten ist eigentlich ein Refugium, ein Hort der Entspannung – aber zunehmend leider auch eine Quelle meines schlechten und immer schlechter werdenden Gewissens. Wenn der Buchsbaumzünsler etwa mal wieder keck aus der Hecke schaut, diese eingewanderte, sehr vermehrungsfreudige Raupe Nimmersatt, und ich mir nicht anders zu helfen weiß, als ihm Bacillus-thuringiensis-Brühe über den Kopf zu schütten, dann frage ich mich immer und immer wieder: Wie ökologisch verträglich ist dieses angebliche Biomittel wirklich – das einzige übrigens, das nach meiner Erfahrung den Buchsbaum rettet?

Aktuell ist es unser kleiner Swimming-Pool (Planschbecken wäre wohl eine treffendere Bezeichnung), der mir Magengrummeln bereitet. Wie groß ist die Umweltsauerei, die wir da begehen, wenn wir das Ding mit Trinkwasser füllen?

Der Grundwasserspiegel sinkt und sinkt

4678 Liter Wasser sind es, die an heißen Tag dafür sorgen, dass meine beiden Grundschulkinder sichtbar und vor allem hörbar vergnügt ihre Nachmittage verbringen können. Dazu kommen gerne auch mal Freundinnen und Freude aus der Nachbarschaft, was den Lärmpegel vor Ort derart ansteigen lässt, dass die Stare in unserem Garten anschließend vermutlich ein Pfeifen im Ohr haben dürften, das nicht von ihrem eigenen Balzverhalten stammt. Ob sich auch der Buchsbaumzünsler gestört fühlen würde, weiß ich nicht, weil ich ihn gerade nicht fragen kann. Er hat inzwischen die Blätter mit den versprühten Bakterien darauf gefressen, weshalb er bis zur Ankunft einer neuen Nimmersatt-Generation in Frieden ruht.

Lärmemissionen sind hier aber nicht das Thema. Es geht um den Klimawandel. Es geht darum, dass es immer weniger regnet; und wenn es regnet, sind es gerne mal Regenmassen, die nicht gut versickern und dem trockenen Boden darum kaum helfen. Das hat Folgen für die Flüsse und damit für die Schifffahrt und für Kraftwerke; das hat Folgen für die Landwirtschaft und für die Ernteerträge; und es hat Folgen fürs Trinkwasser. Von einer Trinkwasserknappheit sind wir, auf ganz NRW bezogen, im Moment Experten zufolge zwar noch weit entfernt. Aber der seit Jahren sinkende Grundwasserspiegel ist ein Alarmzeichen.

Hortensien lassen Blätter hängen

Sicher: Wer freut sich nicht darüber, wenn nach einem ungemütlichen Winter und Frühjahr endlich die Sonne scheint? Eine Woche kein Regen, dann die zweite Woche. Wunderbar. Doch spätestens ab der dritten Woche wird mir wieder mulmig. Das Hoch über Mitteleuropa hat sich, wie zuletzt immer häufiger, festgesetzt. Ich sehe es in meinem Garten. Die Marone, die ich vor ein paar Jahren gepflanzt habe, ist in Südeuropa weit verbreitet, denn sie kommt mit Trockenheit prima klar. Der geht es gut. Doch was ist mit den Hortensien? Was ist mit dem Rhododendron? Die lassen bereits die Blätter hängen. Wenn ich ihnen jetzt kein Wasser gebe, sind sie bald dort, wo der Zünsler ist.

Selbst schuld!, höre ich den Experten murmeln. Naturnahe Gärten seien trockenresistenter. Als ob ich das nicht wüsste! „Pflanzen Sie doch mal einen einzelnen Löwenzahn und beobachten Sie, was daraus wird“, rät der Stadtgärtner mit ungespielter Begeisterung unserem Reporter, der auf der Suche nach guten Verbrauchertipps ist.

Nicht alle Pusteblumen auf der Wiese

Ist das ein guter Verbrauchertipp – oder hat der Öko-Typ nicht alle Pusteblumen auf der Wiese?

Wenn nicht, kann er gerne zu mir kommen: Ich habe sie nämlich ÜBERALL. Es ist ein Löwenzahn-Inferno. Selbst aus der kleinsten Ritze am Rande der Terrasse lugen sie hervor, und ich lasse sie, anders als den Zünsler, weil Löwenzahn nicht schadet, sondern schön ist, in meinen Augen jedenfalls. Nur werde ich jetzt nicht die Hortensien und den Rhododendron herausreißen, die mein Vorgänger gepflanzt hat, um sie aktiv durch Löwenzahn zu ersetzen. Selbst der Kirschlorbeer, der nach Angaben des BUND einen geringeren ökologischen Wert als eine Betonmauer hat, bleibt. Aber ein gutes Gewissen habe ich dabei, das muss ich zugeben, nicht. Sollte ich da nicht wenigstens aufs Planschbecken verzichten?

Auf keinen Fall. Wenn nicht gerade, wie aktuell in Emmerich, die Trinkwasserversorgung an ihre Grenzen stößt, bleibt der Pool. Es ist ein Kompromiss: Um das Wasser nicht alle paar Tage aus hygienischen Gründen austauschen zu müssen (Algen würden es ruckzuck grün färben), lasse ich eine Sandfilter-Pumpe laufen, die das Wasser stundenweise von Schwebstoffen reinigt. So eine Pumpe kostet gut 100 Euro und verbraucht 200 Watt. Außerdem setzen wir sehr dosiert Chlortabletten ein und kontrollieren den PH-Wert. So bleibt das Planschen ein sicheres Vergnügen.

1,6 Milliarden Kubikmeter Wasser

Abgesehen davon bin ich der Meinung, dass Wassersparen nicht nur ein Thema für Privathaushalte sein kann, sondern zunehmend auch eines für die Großindustrie sein muss. Bis zu vier Fünftel des Wasserverbrauches geht Schätzungen zufolge auf ihr Konto. 1,6 Milliarden Kubikmeter Wasser pro Jahr verbraucht etwa der Chemiekonzern BASF allein. Dafür könnte ich mir mehr als 342.000.000 zusätzliche Planschbecken in den Garten stellen. Meine Kinder wären begeistert!

Allerdings müsste die Buchsbaumhecke aus Platzgründen weichen, und das wäre ja – post mortem – ein später Sieg der bislang erfolgreich bekämpften Zünsler.

Auf bald.