Düsseldorf. Leere Straßen, kaum Feuerwerk: Die meisten Menschen in NRW haben sich offensichtlich an die Corona-Beschränkungen gehalten. Aber nicht alle.
Die NRW-Bürgerinnen und -Bürger sind nach einer ersten Bilanz der Polizei weitgehend friedlich in das neue Jahr gestartet. Wegen der Corona-Pandemie waren Partys verboten, größere Gruppen durften sich im öffentlichen Raum nicht treffen. „Die Menschen in Nordrhein-Westfalen haben sich wieder mal sehr vernünftig verhalten“, lobte Innenminister Herbert Reul (CDU).
Die Polizei zog eine zufriedene Bilanz der Silvesternacht. Insgesamt waren landesweit rund 4800 Beamte im Einsatz. Sie hatten deutlich weniger zu tun als in vorangegangenen Jahren. Die Zahl der Einsätze ging um etwa 600 auf rund 2300 zurück. Bei den registrierten Straftaten und den Verletzten gab es ebenfalls ein Minus, wie das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) mitteilte.
Silvester 2020/21 in NRW: Beliebte Orte weitgehend leer
Viele Orte, an denen sonst Tausende den Jahreswechsel feiern, waren in dieser Silvesternacht weitgehend menschenleer. In Köln seien die die Sperrbereich respektiert worden. „Da haben wir überhaupt keine Probleme gehabt“, sagte ein Polizeisprecher. In Düsseldorf hieß es: „Absolut ruhig, keine altstadttypischen Vorfälle.“ Der Silvestereinsatz endete, anders als in den Vorjahren, für die meisten Polizisten in Düsseldorf bereits um 3.00 Uhr.
Obwohl der Verkauf von Feuerwerk verboten war, stiegen vielerorts Raketen in den Himmel und knallten Böller. Es habe örtlich unterschiedliche Regelungen gegeben, ob und wo mit bereits früher gekauften Böllern geknallt werden durfte, hieß es beim LZPD. Die Feuerwerke über den NRW-Städten seien „überschaubar“ gewesen.
Bürger melden Feuerwerk, weil sie von generellem Verbot ausgehen
In allen Städten beschwerten sich allerdings Menschen bei der Polizei über gezündete Silvesterböller - weil sie davon ausgingen, dass Feuerwerk wegen der Corona-Pandemie komplett verboten sei. Die tatsächlich ausgewiesenen Verbotszonen seien aber weitgehend eingehalten worden, hieß es von den Polizei-Dienststellen.
13 Ansammlungen mit mehr als zehn Menschen aufgelöst
Die Polizei unterstützte die lokalen Ordnungsbehörden bei der Durchsetzung der Corona-Regeln. Dabei seien landesweit 612 Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit der Corona-Schutzverordnung festgestellt worden. Bei den Kontrollen hätten die Ordnungskräfte 13 Ansammlungen von größeren Gruppen mit mehr als zehn Personen im öffentlichen Raum festgestellt.
- In einem Waldstück bei Königsdorf im Rhein-Erft-Kreis lösten Polizei und Ordnungsamt eine Technoparty auf, für die über die sozialen Medien geworben worden war. Die Veranstalter hätten eine Musik- und Lichtanlage aufgebaut, teilte die Polizei mit. Rund 30 Personen seien dort angetroffen worden. Ihnen drohten Strafen nach der Corona-Schutzverordnung.
- In Essen wurden Polizisten und Feuerwehrleute aus einer Gruppe Jugendlicher heraus mit Feuerwerkskörpern beworfen. Dabei habe es sich nach ersten Erkenntnissen um Feuerwerkskörper der Kategorie 4 gehandelt, die zum professionellen Gebrauch verkauft werden, teilte die Polizei am Freitag mit. Verletzt wurde niemand. Ein 16-jähriger mutmaßlicher Werfer wurde festgenommen. Die Jugendlichen sollen zuvor Mülleimer angezündet haben.
- In Hagen, wo sich die Polizei nach Drohungen von polizeibekannten Intensivtäter mit besonders vielen Kräften aufgestellt hatte, kam es ebenfalls kaum zu besonderen Zwischenfällen, wie ein Polizeisprecher sagte. Zwei Männer wurden in Gewahrsam genommen, weil sie mit Schreckschusspistolen in die Luft geschossen hatten; außerdem rückten Beamte in einen Wald bei Hagen aus, weil dort eine größere Gruppe feiern sollte. Angetroffen wurden zwei Menschen in einem Zelt, zwei weitere sollen in den Wald geflüchtet sein.
- In Moers erwischte die Polizei einen 21-Jährigen, der offenbar illegale Böller verkaufen wollte. Er habe an Silvester große Mengen teils nicht zugelassener Feuerwerkskörper in einer Garage aufgebaut, teilte die Polizei mit. Den Böllern hätten vielfach die erforderlichen Prüfzeichen gefehlt. Der 21-Jährige erhielt eine Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz. Woher er die Böller bezogen hatte, muss noch ermittelt werden.
- Die Polizei in Duisburg meldete 377 Einsätze in der Silvesternacht - einige mehr als im Vorjahr. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei habe es aber keine massiven Verstöße gegeben, den Großteil machten demnach wie in den vergangenen Jahren Ruhestörungen aus.
Fast 5000 Polizistinnen und Polizisten landesweit im Einsatz
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte die Menschen zuvor eindringlich aufgefordert, wegen der Corona-Pandemie zu Hause zu bleiben und auf keinen Fall Partys steigen zu lassen. „Es geht um Leben und Tod, da ist für Silvesterspaß kein Raum“, mahnte er. Um die Corona-Bestimmungen durchzusetzen, war die Polizei landesweit mit 4800 Beamten im Einsatz - mehr als je zuvor in einer Silvesternacht. Hinzu kamen Mitarbeiter der Ordnungsämter.
Laschet und Reul erinnerten auch an den fünften Jahrestag der massenhaften Übergriffe auf Frauen vor dem Kölner Dom in der Silvesternacht 2015/16. „Köln vor fünf Jahren – das darf sich nicht wiederholen“, sagte der Ministerpräsident. „600 Frauen, die missbraucht, die belästigt, die zum Teil auch vergewaltigt worden sind, mitten in Köln“, erinnerte Laschet. „Es muss auf jedem Platz im Land zu jeder Minute die Sicherheit von Menschen, die über diesen Platz gehen, gewährleistet sein.“
In der Silvesternacht 2015/2016 hatte sich vor dem Kölner Dom eine Menschenmenge gebildet. Aus ihr heraus waren Hunderte Frauen sexuell angegriffen und beraubt worden. 1210 Strafanzeigen gingen ein, die Vorkommnisse machten weltweit Schlagzeilen.
OVG NRW hob Demonstrationsverbot auf
Kurz vor dem Jahreswechsel hatte die Landesregierung mit ihren Corona-Schutzmaßnahmen noch eine juristische Schlappe erlitten. Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht hob ein vom Land verhängtes Demonstrationsverbot für Silvester und den Neujahrstag kurzfristig auf. Die Landesregierung hatte in der Corona-Schutzverordnung für den 31.12. und den 1.1. Demonstrationen grundsätzlich untersagt. Dahinter stand die Sorge, dass angemeldete Versammlungen missbraucht werden könnten, um das Verbot von Silvesterfeiern zu umgehen.
Die Richter befanden jedoch, diese Regelung sei rechtswidrig und unverhältnismäßig - die Behörden könnten den Infektionsschutz auch ohne das pauschale Versammlungsverbot gewährleisten. Auswirkungen hatte das jedoch kaum. Über größere Demonstrationen wurde in der Nacht zunächst nichts bekannt. (dpa)