Duisburg/Dortmund. Auch 2021 feiern die Schützen im Land keine Feste. Warum es für einige Vereine eng wird und wie andere recht unbeschadet durch die Krise kommen.
Kein „Tschingderassabum“ und kein „Horrido“. Peter Kirchholtes muss nicht lange überlegen, wann er das letzte Mal so richtig gefeiert hat. „Karnevalsamstag 2020“, sagt der Sprecher der St. Sebastianus Schützenbruderschaft e.V. Duisburg-Huckingen. „Seitdem ist Hängen im Schacht.“ In Duisburg, im Ruhrgebiet, ja im ganzen Land. „Kein Osterfeuer, kein Tanz in den Mai“, zählt Kirchholtes auf. Vor allem aber auch kein Schützenfest. Nicht 2020 und 2021 ebenfalls nicht. Viele Schützenvereine im Revier kämpfen noch immer mit den Corona-Beschränkungen.
„Echtes Vereinsleben gibt es derzeit kaum“, sagt der Sprecher und hofft, dass die Normalität nun tatsächlich bald wieder zurückkehrt. Nicht nur der Geselligkeit wegen, sondern auch um die Vereinskasse wieder aufzufüllen. Denn wenn über 300 Mitglieder mit vielen Hundert weiteren Gästen feiern, kommt in normalen Zeiten ordentlich was zusammen. „Alles weggebrochen“, sagt Kirchholtes. Und das, wo sie doch direkt vor Corona den Schützenplatz für einen fünfstelligen Betrag in Schuss gebracht haben. „Hätten wir das alles vorher gewusst…“.
Je sportlicher aufgestellt, desto weniger Probleme
Haben sie aber nicht, hat ja niemand. Deshalb haben viele Vereine mittlerweile auch weitaus größere Sorgen als die Schützen aus Huckingen. „Man muss unterscheiden“, sagt Uwe Pakendorf, Geschäftsführer des Rheinischen Schützenbundes. Zwischen Sportschützenvereinen nämlich und solchen, die sich überwiegend der Brauchtumspflege verschrieben haben.
„Je sportlicher ein Verein aufgestellt ist, desto weniger Probleme hat er durch Corona bekommen“, erklärt Pakendorf. Beim Westfälischen Schützenbund (WSB) hat Sprecher Philipp Schulz Ähnliches festgestellt. Zwar konnten die Mitglieder ihrem Sport in den letzten Monaten nicht nachgehen, „aber die Mitgliedsbeiträge sind weiterhin geflossen“, sagen beide Sprecher übereinstimmend.
Viele Vereine haben Einnahmen aus Festen im Finanzplan
Rund 2000 von knapp 80.000 Mitgliedern sind seit Beginn der Corona-Krise aus den Reihen des Rheinischen Schützenbundes ausgetreten. „Das ist relativ wenig“, findet Pakendorf. Der WSB hat in dieser Zeit rund 1200 von etwa 82.000 Mitgliedern verloren. Bei den Historischen Schützenvereinen sind es „4000 von deutschlandweit 300.000“, hat Ralf Heinrichs, Bundesgeschäftsführer des Bundes der Historischen Schützenbruderschaften die Zahlen parat. Oft wegen Corona, sagt er, „aber Abgänge gibt es auch in normalen Zeiten“.
Dennoch sind die Sorgen in seinem Bund größer. Denn viele Vereine haben Finanzpläne, die Feste und Vermietungen des Vereinsheims oder der eigenen Schützenhalle fest mit einkalkuliert. Aber dort durften seit 18 Monaten weder Geburtstag, noch Hochzeit oder bestandenes Abitur gefeiert werden.
Im September ist die Saison vorbei
„Die größten Schwierigkeiten haben die Vereine mit eigenen Immobilien“, bestätigt Heinrichs. Vor allem, wenn sie noch nicht abbezahlt sind. Heinrichs erzählt von einem Verein aus dem Rheinland, der für sein Heim 3000 Euro im Monat abzahlen muss. „Die wissen nicht mehr, was sie machen sollen.“ Ein anderer hat angerufen und gesagt: „Wir können nicht mehr, was müssen wir tun, um uns aufzulösen?“
Das sind allerdings Einzelfälle und werden es wohl auch bleiben. „Vor allem die größeren Vereine werden durch die Krise kommen“, ist der Bundesvorsitzende überzeugt. Opulente Festivitäten erwartet er allerdings auch nach den derzeit vorgesehenen „Lockerungen für Volksfeste“ im September nicht, „höchstens ein paar Feiern auf Sparflamme“. „Die Schützenfestsaison ist dann fast vorbei“, sagt auch Schulze. Von 40 beim WSB angemeldeten Festen in normalen Jahren, finden nur zwei nach August statt.
Im Jahr 2022 soll wieder gefeiert werden
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Schade, aber für die Duisburger am Ende auch kein Beinbruch. „Zum Glück hatten wir zu Beginn der Krise genügend Rücklagen. Wir kriegen das hin.“ Bedauerlich findet der Vereinssprecher nur, dass die Schützen in diesen Jahren nicht wie üblich für karitative Zwecke spenden können. Aber auch das werde sich wieder ändern. „Wenn 2022 die Welt wieder in Ordnung ist, werden wir feiern.“ Und viele Gäste mit ihnen? „Aber ja“, glaubt Kirchholtes, „die Menschen sind in dieser Beziehung doch völlig ausgehungert.“