Kreis Viersen.. In Tönisvorst am Niederrhein haben die Händler ihre Schaufenster verhüllt. Sie leiden unter der Konkurrenz aus dem Internet und wollen zeigen, wie öde eine City ohne Geschäfte wäre - und wie wichtig die fachliche Beratung vor Ort ist.

Das Lachen im Gesicht von Andrea Hermes spricht Bände. Die Floristenmeisterin ist zufrieden – sehr zufrieden. Dabei hat sie mit dafür gesorgt, dass es im Städtchen Tönisvorst mit seinen gut 30.000 Einwohnern bis Sonntag ziemlich trostlos sein wird. Mit ihren Einzelhandelskollegen hüllt sie an diesem Nachmittag die Fußgängerzone in schwarz. Die Schaufenster werden komplett mit Silofolie zugeklebt. Damit wollen die Kaufleute ihre Mitbürger dafür sensibilisieren, wie eine Innenstadt ohne Fachgeschäfte aussehen würde, denn die leiden zunehmend unter der Konkurrenz aus dem Internet.

33 Milliarden Euro Umsatz hat der Internethandel bundesweit im vergangenen Jahr gemacht und damit rund 8% des gesamten Einzelhandelsumsatzes für sich verbucht. Tendenz steigend. „Der Prozess ist schleichend. Immer weniger Menschen bummeln durch die Stadt“, sagt Hermes. Und dabei ist gerade sie darauf angewiesen. Ihr Blumenladen lebt davon, dass die Laufkundschaft einen Abstecher ins Geschäft macht.

36 Prozent der Kunden im Einzelhandel waren vorher im Netz

Rolf Roßmüller hat ein weiteres Problem ausgemacht. „Die Kunden gehen in ein Fachgeschäft, lassen sich beraten, um dann die Ware doch im Internet zu bestellen. Dabei ist das gar nicht immer günstiger“, sagt der Betreiber eines Schreibwarenladens. Zu verlockend ist dann doch die moderne Technik.

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Mit dem Smartphone schnell den Barcode abgescannt und im Netz nach dem besten Preis gesucht. Doch der stationäre Handel zieht durchaus seinen Nutzen aus dem Netz. „36% der Kunden, die im Laden kaufen, haben sich vorher im Internet informiert. Umgekehrt sind es dagegen nur 11%“, weiß Michael Rüscher, Einzelhandelsexperte bei der Industrie- und Handelskammer Duisburg. Für gute Beratung sei der Kunde noch immer gerne bereit, im Zweifelsfall etwas tiefer in die Tasche zu greifen.

„In Tönisvorst“, versichert Andrea Hermes „sind wir ja auch nicht gegen den Internethandel. Nur dürfen die Innenstädte nicht aussterben.“ Die junge Frau ist schon wieder in Eile, unterwegs zum Juwelier ein paar Ladenlokale weiter. Hunderte Schilder hat sie gedruckt und verteilt sie an die 50 Kollegen, die alle Hände voll damit zu tun haben, ihre farbenfrohen Schaufenster in tristes Schwarz zu hüllen. „Hier bekommen Sie noch persönliche Beratung“ steht darauf, oder „So sieht eine Innenstadt ohne Fachgeschäfte aus“ und natürlich klebt auf der Folie am Spielwarenladen der Spruch „Hier sehen Sie noch Kinderaugen leuchten“.

„Das Internet ist auch nicht immer billiger“

Und lauscht man in der Einkaufsstraße den Passanten, dann kennen die nur ein Thema. „Ich finde die Aktion super. Es ist doch viel schöner, in der Stadt zu bummeln und sich noch ein Eis zu gönnen, als alles nur im Internet zu bestellen. Und günstiger ist es auch nicht immer. Im Laden kann man doch auch handeln“, sagt Sandra Anstötz. Das findet auch Christoph Seegers: „Man will die Ware doch anfassen und vor allem von Fachpersonal beraten werden“.

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Andrea Hermes hört das gern. Aber auch sie weiß, dass sie mit der Zeit gehen muss. Einen Internetauftritt hat ihr kleiner Blumenladen längst, sogar ein Online-Bestellformular. „Und wer das möchte, dem können wir seine Blumen sogar liefern. Fast wie ein Internethändler“, sagt sie noch schnell und lacht. Sie muss weiter, ihr eigenes Schaufenster ist für das Wochenende noch viel zu bunt.