Nimwegen. Hubert Bruls verteidigt im Gespräch mit der NRZ die Öffnung der Restaurants und Cafés in seiner Stadt: Man müsse den Bürgern Perspektiven bieten.
Als ob es kein Corona mehr gibt: In den Restaurants und Cafés der Stadt Nimwegen tummelten sich am Freitagmittag hunderte Menschen, um sich bei einem wolkenverhangenen Nachmittag eine Tasse Kaffee oder ein Mittagessen zu gönnen. Alle Sitzplätze waren belegt, die Außengastronomie in Kleves Nachbarstadt boomt. Man sieht keine Maskenträger in der Innenstadt und auch die Einkaufsstraßen sind gut gefüllt.
Das alles geschieht vor dem Hintergrund einer hohen Inzidenz: In Nimwegen lag sie am Freitag bei 310. In den Nachbargemeinden Beuningen bei 417 und in Berg en Dal bei 331,5.
Die NRZ hakte beim Nimweger Bürgermeister nach: Wie passt das alles zusammen, Herr Bruls?
Also am Mittwoch war es hier schön. Das Wetter war gut und die Stimmung auch. Das war kein großes Problem.
Aber finden Sie die Öffnung denn wirklich sinnvoll?
Wirtschaftlich ist das nicht unbedingt sinnvoll. Denn die Gastronomen müssen Auflagen erfüllen: Von 12 bis 18 Uhr darf man maximal 50 Kunden gleichzeitig bedienen. Da muss man schon sehr gutes Wetter haben, um die Terrassen zu füllen. Das kostet ja auch einiges: Es müssen Dinge eingekauft werden und Personal muss eingestellt werden. Nicht zuletzt: Die Unternehmer verzichten dann auf jede Unterstützung des Staates. Die Öffnung geschieht also nicht ganz ohne Risiko.
Den tieferen Sinn dieser Lockerung sehen wir im Aufzeigen von Perspektiven für die Gesellschaft. Und da sind wir uns auf nationaler Ebene auch einig: Wir müssen Schritt für Schritt eine Öffnung herbeiführen und der Gesellschaft positive Zeichen geben.
Haben Sie denn Verständnis dafür, dass wir in Deutschland gerade den Kopf über die Holländer schütteln?
Ja, aber das tut ihr schon seit Jahren. Das ist nichts Neues.
Nein, es gibt auch in den Niederlanden enorme Diskussionen. Es ist natürlich bemerkenswert, dass wir die Cafés öffnen, obwohl die Notglocke läutet. Aber andererseits schauen wir uns genau die Krankenhauszahlen an. Die Radboud-Universitätsklinik sowie der Gesundheitsdienst GGD sagen mir, dass wir die Spitzen auf den Intensivstationen hinter uns gelassen haben. Wir werden kein schwarzes Szenario mehr erleben. Mit anderen Worten: Wir könnten sicherlich darauf warten, bis der letzte Patient genesen ist, aber dann dauert es noch bis Juli. Wir wählen jetzt ein vertretbares Risiko und dahinter stehe ich auch.
Wir dürfen nicht vergessen, dass die Folgen der sozialen und wirtschaftlichen Krise auch enorm sind. Vielleicht sind sie sogar größer als die Corona-Folgen selbst. Wie viele Menschen suchen jetzt den Arzt auf, weil sie depressiv und einsam sind? Unsere Hausärzte haben jetzt mehr als jemals zuvor zu tun. Und das liegt nicht an den Corona-Patienten.
Jüngere Menschen, die keine Perspektiven mehr haben. Betriebe, die insolvent sind – auch das sind auch Probleme, die wir nicht ganz außer Acht lassen dürfen.