Venlo. Nachdem die Stadt zuletzt überfüllt war, stellte Venlo strengere Corona-Regeln für deutsche Einkaufsbummler auf. Nur manche schreckte das ab.
Man ist ja hin- und hergerissen in Venlo gleich hinter der niederländischen Grenze: „Schön, dass Sie wieder da sind!“, ruft ein pinkfarbener Handzettel den Besuchern aus Deutschland entgegen. Aber zuviel der Einkaufstouristen ist auch nicht gut. Nachdem zuletzt kein Platz mehr war, um Abstand zu halten, organisierte das Städtchen vor dem langen Wochenende seine Fußgängerzone um, pappte die Corona-Regeln an jede Wand und mahnte auf allen Kanälen, sich daran zu halten. Zu „Hemelvaart“ blieben dennoch eher die Niederländer zuhause.
Das erste Schild ist schon ein deutsches, es steht schlüssigerweise am Krefeldseweg, „1,50 Meter Abstand“. Das ist den Nachbarn das Wichtigste bei ihren Maßnahmen gegen Corona; es gibt dafür keine Maskenpflicht im Land. Und vielleicht ist gerade das „das Problem“, wie der Sicherheitsmann eines Burger-Bräters sagt: „Die Deutschen denken, weil sie keinen Mundschutz tragen müssen, dass sie frei sind.“ Möglich, dass sie deshalb in Massen in die Einkaufszentren der grenznahen Städte strömen, shoppen oben ohne! So ähnlich bestätigt das Gabi aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis: „Ich muss auf der Arbeit den ganzen Tag eine tragen, da ist man mal ganz froh.“ Aber tatsächlich ist es wohl eher der Preis für den Kaffee, der Gabi nach Venlo zieht.
Stadt im grenznahen Limburg von der Rückkehr der Deutschen überrascht
Man kann danach ja den Kalender stellen: Sobald in Deutschland Feiertag ist und in den Niederlanden trotzdem jedes Geschäft offen, wird es in Venlo voll. „Zu voll“, sagt der Blumenhändler Willem; „jetzt ist doch nicht die Zeit, um zu bummeln“, reagierte die Stadt etwas hilflos auf den Ansturm am ersten Wochenende nach dem Fall der sowieso nie konsequenten Grenzposten. „Wir hatten gehofft“, sagt der Wirtschaftsdezernent der Stadt, Erwin Boom, „dass die Deutschen nach dem Lockdown zurückkommen, aber wir dachten nicht, dass es so viele so schnell tun.“
Einkaufsbummler halten sich nicht an das 10. „Gebot“
Eilig wurden vor Himmelfahrt nun also Flatterbänder gespannt, Pfeile aufs Pflaster geklebt, Handzettel gedruckt, Ordner eingewiesen. Der Bürgermeister erinnerte wenig subtil an ein landesweites Bußgeld: 390 Euro könne es kosten, wenn Abstandsregeln nicht eingehalten würden. 90 Sicherheitsleute regeln am Donnerstag den Verkehr, schließen erst halbvolle Parkhäuser, Polizisten radeln demonstrativ durch die Einkaufsmeile, auf der Rechtsverkehr für Fußgänger gilt. Junge Leute in Pink verteilen freundliche Willkommensgrüße, auf der Rückseite stehen indes eine Art zehn Gebote. Regel Nummer 2: „Kommen Sie möglichst allein.“
„Eistee, Süßigkeiten, was man so braucht“
Aber so macht Einkaufen natürlich keinen Spaß, weshalb schon am Morgen ganze Großfamilien bei den „2 Brüdern“ einfallen. Mit Kindern und Kaffee im Wagen kommen sie wieder heraus aus dem riesigen Supermarkt, laden ihre Autos voll, nur weiße Kennzeichen auf dem großen Parkplatz: HA, DO, MH, OB, DU, E, KLE, RE… „Eistee, Süßigkeiten, was man so braucht“ wuchten Steve und Nico aus Bochum in den Kofferraum, Michael aus Düsseldorf hat kiloweise Kaffee fürs Büro: „Rein und wieder verschwinden.“ Die Händler entlang der schmalen „Lomstraat“ allerdings klagen: „Die Leute gucken nur und kaufen nix, die sind abgeschreckt.“
Letzte Woche noch, empört sich der Blumenhändler Willem, habe es gar keine Regeln gegeben, „alles überfüllt“, aber jetzt: „Tote Hose.“ Das ist nun auch wieder nicht wahr, es wird zum Mittag deutlich enger, aber tatsächlich, die Bilder von drängelnden Massen wiederholen sich nicht. Und dann, kein Niederländer nirgends. „Die kommen jetzt lieber unter der Woche“, sagt die Verkäuferin einer Boutique, „aber ich glaube, das ist besser für uns.“ Am Sonntag ist Venlo in deutscher Hand, hier heißen ja sogar „Frietjes“ von vornherein „Pommes“.
Roter Teppich vor Sportschuhladen und Pommesbude
Die müssen unterwegs gegessen werden, Einkehren ist hier noch verboten, selbst die Fischbude hat getrennten „In- und Uitgang“, andere haben ganz geschlossen „im Zusammenhang mit Covid-19“. Und alle offenen Geschäfte eine maximale Kundenzahl an der Tür: einer beim Optiker, 30 bei „Miss Etam“, 17 bei „Only“, sieben im Sportschuhladen. Davor liegt zwar hier und da ein roter Teppich, darauf steht: „Bitte auf den roten Punkt warten!“ (Nur kommt so ein Punkt gefühlt ja nie.)
Bei Willem warten jedenfalls zu wenige, so wird er seine Pfingstrosen nicht los, und der 66-Jährige weiß nicht, was er schlimmer finden soll: Dass diesmal doch ein paar Deutsche mehr zuhause geblieben sind – oder, „guck doch, die halten wieder überhaupt keinen Abstand“!