Marl/Essen. Eine schlafende Frau wird im Bett erstochen. Der Täter soll ein Nachbar gewesen sein. Ab Montag beschäftigt der Fall das Landgericht Essen.

Dieses Verbrechen, das sich im vergangenen Herbst in Marl ereignete, ist so rätselhaft wie verstörend. In der Nacht dringt ein Mann in die Wohnung einer jungen Mutter ein, tötet die Frau und verletzt auch ihren vierjährigen Sohn lebensgefährlich. Die Staatsanwaltschaft Essen hat deswegen einen inzwischen 21-Jährigen angeklagt. Die Vorwürfe lauten auf Mord aus Heimtücke, versuchten Mord zur Verdeckung einer Straftat und gefährliche Körperverletzung. Der Mann muss sich von Montag in Essen vor Gericht verantworten.

Laut Anklage spielte sich die Bluttat am 9. November 2020 so ab: Der damals noch 20-Jährige, ein Nachbar der Opfer, war gegen 23 Uhr durch ein geöffnetes Fenster in die Erdgeschosswohnung der Frau im Stadtteil Brassert gelangt. Da hatte er schon ein „Leatherman“-Messer dabei. In der Küche soll er sich dann zwei Küchenmesser gegriffen haben und auf die schlafende Frau eingestochen haben. 41 Schnitt- und Stichverletzungen an Kopf, Hals und Oberkörper zählten die Rechtsmediziner später. Die 27-Jährige verblutete schließlich.

Vierjähriger wurde im eigenen Kinderzimmer attackiert

Durch die Attacke soll der ebenfalls schlafende Vierjährige wach geworden sein, was der Täter bemerkt haben soll. Er soll dann auch dem Kind in dessen Zimmer mehrere lebensgefährliche Stich- und Schnittverletzungen zugefügt haben. Der Junge wurde bewusstlos. Sein Leben musste später im Krankenhaus durch eine Not-Operation gerettet werden. Sein Gesundheitszustand stabilisierte sich schnell.

Der Täter verließ laut Anklage gegen 0.15 Uhr in der Nacht die Wohnung. Stunden später konnte die Polizei den Mann auf der Straße festnehmen. Ein nicht näher genannter Zeuge hatte um 1.49 Uhr den Notruf gewählt. Ihm soll der Mann Fotos vom Tatort und von dem Sohn geschickt haben.

Ein Haftrichter schickte den damals 20-Jährigen einen Tag nach den Taten zunächst noch wegen des Vorwurfs des vollendeten und versuchten Totschlags in Untersuchungshaft. Inzwischen sitzt der Mann, der vor den Attacken polizeilich noch nicht in Erscheinung getreten war, vorläufig in der geschlossenen Psychiatrie. Die Hintergründe der Tat sind unklar.

Taten im „Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit“ begangen

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er die Taten im „Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit“ begangen hat. Hintergrund ist demnach eine „komplexe psychische Störung“. Offen bleibt die Frage nach dem Motiv. „Das wird in seiner Welt virtueller Rollenspiele zu finden sein“, sagte sein Anwalt Hans Reinhardt gegenüber der „Bild“-Zeitung (Bezahl-Artikel), „er hörte Stimmen und musste gehorchen.

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Die Richter müssen deshalb auch prüfen, ob er in einer geschlossenen Klinik untergebracht werden muss.