Domburg. Noch ist die niederländische Provinz Zeeland kein Corona-Risikogebiet. Dennoch sind weniger Urlauber vor Ort. Eine Reportage aus Domburg.
- In den Herbstferien verbringen viele Deutsche ihren Urlaub in Zeeland – doch aufgrund der Corona-Situation sind es in diesem Jahr weniger als sonst.
- Die Provinz Zeeland ist die letzte in den Niederlanden, die vom Robert-Koch-Institut noch nicht zum Risikogebiet erklärt wurde, doch die Neuinfektionen steigen auch dort.
- Unsere Reporterin hat sich in der beliebten Urlaubsstadt Domburg umgehört.
In Domburg ist am Strand nur wenig davon zu spüren, dass hier in der niederländischen Provinz Zeeland seit Kurzem nicht mehr die Corona-Risikostufe „wachsam“, sondern die Stufe „besorgniserregend“ gilt. Kinder in Matschhosen und Gummistiefeln graben Rinnen für das salzige Meerwasser, Familien lassen Drachen steigen oder werfen ihren Hunden kleine Gummibälle über den windzerzausten Sand. Die deutschen Familien sind da, wie jedes Jahr in den Herbstferien.
Immer mehr Corona-Neuinfektionen in Zeeland
Die Provinz Zeeland galt in den letzten Wochen als eine Insel der Glückseligen in den Niederlanden. Die Infektionszahlen waren niedrig, die 7-Tage-Inzidenz lag weit unter 50. Doch das hat sich geändert. Pro 100.000 Einwohner wurden in der Provinz seit dem 4. Oktober jeden Tag deutlich mehr als sieben Menschen positiv auf Covid-19 getestet. Am Donnerstag waren es 16,2, am Freitag 13,8, am Samstag 12 und am Sonntag sogar 18,5. Die 7-Tage-Inzidenz stieg durch die erhöhten Infektionszahlen am Sonntag bereits auf 89,4.
Die neue Risikostufe nun also: „besorgniserregend“. Aber: Das dünn besiedelte Zeeland hat nur rund 383.000 Einwohner, die absoluten Infektionszahlen sind gering. In der gesamten Gemeinde Veere, in der auch die Touristenorte Domburg und Oostkapelle liegen, wurde am Samstag keine einzige Ansteckung gemeldet, in der Gemeinde Tholen westlich vom Schelde-Rhein-Kanal waren es acht. Auf dem Corona-Dashboard des niederländischen Gesundheitsministeriums steht bei Tholen für Samstag die Zahl 31, denn gerechnet wird dort immer pro 100.000 Einwohner.
In Domburg haben sich alle schon lange auf das Coronavirus eingestellt. Die Ooststraat, die touristische Einkaufsstraße des Ortes, die in den Markt und die Weststraat übergeht, ist für Autos gesperrt, für die Fußgänger gibt es zwei Laufrichtungen. Radfahrer müssen absteigen und schieben. Überall im Ort wurden mit gelber Farbe Hinweise auf die Bürgersteige gesprüht, man möge bitte 1,50 Meter Abstand halten.
Am Fischgeschäft Brassem stehen die Menschen wie immer Schlange, auf den überdachten Terrassen der Cafés und Restaurants sitzen sie unter Heizstrahlern, aber auch drinnen sind die Tische zumindest zur Abendzeit gut besetzt. Vier Personen dürfen zusammensitzen, plus Kinder bis zwölf Jahre, das sind die aktuellen Regeln. Nicht nur in NRW sind Ferien, auch im Norden der Niederlande haben die Schulen ab Montag eine Woche geschlossen.
Im Supermarkt in Domburg gilt keine Maskenpflicht
Seit dem 2. Oktober gilt in ganz Holland auch die Empfehlung, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Im großen Domburger Supermarkt Albert Heijn, der 2018 vom Zentrum an den Roosjesweg umgezogen ist, sind es vor allem die Deutschen, die sich daran halten.
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Draußen parken Autos aus Köln, Viersen, Duisburg, Dortmund und anderen Ruhrgebietsstädten. Am Eingang desinfiziert ein Mitarbeiter jeden zurückgestellten Einkaufswagen, ohne kommt niemand hinein. Die Niederländer akzeptieren das, eine Maske tragen sie dagegen nicht alle. Scheinbar unbekümmert plaudert ein älterer Kunde ohne „mondkapje“ mit der Kassiererin und ruft ihr am Ende gut gelaunt ein „Tot ziens“ entgegen.
Ohne dass alle Touristen es mitbekommen, nehmen die Beschränkungen im Land angesichts der steigenden Infektionszahlen zu. Am Freitag wurden in Zeeland beispielsweise neue Regeln für die Kirchen veröffentlicht. Dort sollen maximal 30 Menschen gemeinsam Gottesdienst feiern, vom Singen wird abgeraten, ein Mund-Nasen-Schutz ist Pflicht.
Auch wenn sich viele deutsche Familien getraut haben, angesichts der unsicheren Infektionslage nach Zeeland zu fahren, sind die Buchungszahlen in diesen Herbstferien im Vergleich zum Jahr 2019 deutlich niedriger. Im Ferienpark Breezand bei Vrouwenpolder beispielsweise stehen viele Häuser leer, manche Mieter sind gar nicht erst angereist.
Denn über allem schwebt die bange Frage, wann das Robert-Koch-Institut die Provinz Zeeland zum Risikogebiet erklären wird. Seit Limburg am 7. Oktober als vorletzte Region in die Liste der niederländischen Risikogebiete aufgenommen wurde, bleibt nur noch
Zeeland ohne Reisewarnung. Am 16. September kamen Nord- und Süd-Holland auf die Liste, am 23. September Utrecht, am 2. Oktober alle anderen Regionen außer Limburg und Zeeland.
In der Touristinformation in Domburg erzählt eine Mitarbeiterin: „Wir haben viele Annulierungen von Deutschen in den Ferienparks, aber jetzt kommen die Niederländer und machen Urlaub im eigenen Land. Wir haben auch Annulierungen von Schweizern, die auf keinen Fall in Quarantäne wollen, wenn sie zurückkommen.“ In Domburg gehen viele davon aus, dass am Montag oder Dienstag neue Maßnahmen verkündet werden, denn die Zahlen in den Niederlanden wollen nicht sinken.
Familie Heyer aus Düsseldorf, die in Domburg den Urlaub verbringt, hat sich darauf eingestellt, dass Zeeland kurzfristig Risikogebiet werden könnte. Dann würden sich die vier ins Auto setzen und nach Hause fahren. 24 Stunden Zeit bliebe ihnen, um das Land zu verlassen, ohne in Quarantäne zu müssen oder zu einem Coronatest in Deutschland verpflichtet zu sein.
Hintergrund: Niederlande verschärfen Maßnahmen
Am 13. Oktober haben die Niederlande ihre Corona-Maßnahmen jedoch drastisch verschärft. Ministerpräsident Mark Rutte kündigte einen „Teil-Lockdown“ an. Kneipen, Cafés und Restaurants werden geschlossen, und der Verkauf von Alkohol wird ab 20 Uhr verboten. Außerdem dürfen die Bürger nur noch maximal drei Gäste pro Tag in ihren Wohnungen empfangen und sollen Bus und Bahn nur noch in dringenden Fällen nutzen. Premier Rutte kündigte auch eine allgemeine Maskenpflicht an für alle öffentlichen Räume wie Geschäfte, Museen oder Bibliotheken, bisher war dies nur eine dringende Empfehlung.
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