An Rhein und Ruhr. Für Kinos, Theater und Amateursportler hat der Lockdown teils drastische Folgen. Schulen und Friseure bleiben geöffnet. Stimmen vom Niederrhein.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Mittwoch neue, harte Corona-Regeln verkündet. Die Maßnahmen sollen ab dem 2. November gelten und betreffen neben Hotels, Restaurants und Bars auch viele andere Bereiche - darunter Kinos, Kosmetikstudios, Theater und Amateurvereine. Ein „Lockdown light“, der für viele Betriebe am Niederrhein große, wirtschaftliche Folgen hat. Schulen, Kitas, Friseure und Gebetshäuser bleiben hingegen geöffnet. Eine Entscheidung, die bei den Betroffenen in der Region auf unterschiedliche Reaktionen stößt. Wir haben uns umgehört.
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Klaus-Peter Neske, Friseur in Xanten und Obermeister der Friseur-Innung Wesel:
„Ich habe im Vorfeld der Beratungen keine großen Befürchtungen gehabt, dass wir geschlossen werden. Weil wir zur Grundversorgung gehören. Außerdem haben alle Hygienemaßnahmen gegriffen und sind von den Innungsmitgliedern konsequent umgesetzt wurden. Jetzt bin ich trotzdem froh, dass wir weiterhin offen sind, auch für meine Mitarbeiter. Bei einigen Kunden gibt es aber noch Fragen: Heute morgen hatte ich bereits drei Anrufe von Kunden, ob wir weiter geöffnet haben.“
Tobias Wehr, stellv. Vorsitzender im Gesundheitszentrum Tvg. Holsterhausen:
„Ich habe schon seit ein paar Wochen damit gerechnet, dass ein zweiter Lockdown kommen wird. Ich bin auch mal gespannt, ob es nur beim November bleiben wird. Unsere Mitarbeiter im Fitnessstudio müssen wir nun wieder in Kurzarbeit schicken. Welche Auswirkungen der Lockdown haben wird, ist noch nicht wirklich absehbar, das kommt auch auf unsere Mitglieder an, wie viele kündigen werden. Die Kündigungsfrist ist jetzt Mitte November. Da kommt der Lockdown für uns natürlich in einer ungünstigen Phase. Die Auswirkungen werden uns dann wahrscheinlich bis tief ins nächste Jahr begleiten.“
Meinolf Thies, Kinobetreiber in Kamp-Lintfort und Mülheim:
„Ein Lockdown war in den vergangenen Wochen zu erwarten, gestern habe ich dann auch befürchtet, dass es uns trifft. Grundsätzlich vertrete ich die Auffassung, dass die Maßnahmen zu pauschal sind. Weltweit hat es keinen nachgewiesenen Fall einer Infektion in einem Kino gegeben. In der Summe ist der Lockdown für uns natürlich ein Desaster. Wir wollten gerade eigentlich die Kurzarbeit bei uns komplett beenden, jetzt müssen wir die Mitarbeiter wieder in Kurzarbeit schicken. Viele Studenten, die bei uns als Nebenjob arbeiten, bekommen aber keinen Cent Kurzarbeitergeld. Sollte der Lockdown im Dezember wieder aufgehoben werden, wollen wir direkt wieder öffnen. Das sonst so gute Weihnachtsgeschäft wird in diesem Jahr aber trotzdem schlechter laufen, weil viele Filme bereits auf 2021 verschoben wurden.“
Heike Böken-Heinemann, Leiterin der Konrad-Duden-Realschule in Wesel:
„Wir sind wirklich dankbar, dass die Schulen geöffnet bleiben und wir unsere Arbeit mit den Kindern fortsetzen können. Wir sind hier gut ausgerüstet, lüften die Klassenzimmer regelmäßig durch und lassen auch die Türen durchgängig geöffnet. Auch die Maskenpflicht, die seit Montag wieder während der Unterrichtszeit gilt, war an unserer Schule nie ein großes Thema. Die einzige neue Einschränkung ist, dass wir vorerst keinen Schwimmunterricht mehr anbieten können. Trotzdem sind wir alle froh, dass es weitergeht. Für Eltern, die berufstätig sind, ist es ein riesen Kraftakt, die Kinder zuhause zu betreuen. Und den Schülern hat während der Schließung der tägliche Kontakt zu ihren Freunden und Lehrern gefehlt. Der direkte Austausch ist unglaublich wichtig.“
Thomas Heck, 2. Vorsitzender des Duisburger Amateurfußball-Klubs Meiderich 06/95:
„Die Befürchtung, dass der Amateurfußball erneut pausieren muss, war die ganze Zeit da. Vor allem als immer strengere Auflagen kamen. Erst mussten Kontaktlisten geführt werden, dann kam die Atemmaske hinzu, dann wurde die Zuschauerzahl von 300 auf 150 begrenzt. Aber für uns als Verein ist eine Pause immer noch besser als Geisterspiele ohne Einnahmen, weil wir hoffen, dass die Saison zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt werden kann. Für unsere Jugendteams ist die Unterbrechung allerdings ein großer Schlag. Gerade für die ganz Kleinen ist das Training wichtig – allein schon aufgrund der sozialen Komponente.“
Jens-Peter Iven, Sprecher der Evangelischen Kirche im Rheinland:
„Die Gottesdienste sind nach unserer Kenntnis von den neuen Maßnahmen nicht betroffen, sondern dürfen unter den bislang geltenden Sicherheitsauflagen stattfinden. Das ist eine Situation, die wir alle noch nicht erlebt haben, insofern haben wir Verständnis dafür und warten ab, was morgen in der neuen Schutzverordnung für das Land NRW steht. Was kirchlichen Angebote neben dem Gottesdienst angeht, so haben wir im Frühjahr schon wichtige Erfahrungen gesammelt. Wir werden seelsorgerische Hilfe und unsere Beratungsangebote weitgehend per Telefon und Video fortführen und wollen so unsere seelsorgerischen und sozialen Angebote soweit wie möglich erhalten.“
Rabea Loffeld, Stadttheater Emmerich am Rhein:
Auch die Theater müssen nach der aktuellen Verordnung erstmal wieder schließen. „Wir mussten bei der aktuellen Situation mit Einschränkungen rechnen. Die Entwicklung konnte keiner so voraussehen“, sagt Rabea Loffeld vom Stadttheater Emmerich am Rhein. „Wir hoffen, dass sich die Situation schnell wieder verbessert und wir dann wieder mit unserem Programm starten können.“ Das Theater wird erstmal für den November alle Veranstaltungen absagen. Die Termine, die bisher stattfanden, waren so gut besucht, dass man die Veranstaltungen teilen und doppelt spielen konnte. „Da hatten wir sehr viel Glück“, sagt Rabea Loffeld. Jetzt hofft man beim Stadttheater, dass sich die Corona-Situation möglichst schnell wieder entspannt. „Ich denke, dass können wir alle gut gebrauchen.“
Roswitha van Alphen, Betreiberin eines Moerser Kosmetikstudios:
Für Roswitha van Alphen kam die erneute Schließung ihres Geschäfts nicht wirklich überraschend. „Aber dass es einen zweiten Lockdown gibt, hätte ich nicht gedacht“, so die Inhaberin. Für sie mache es wenig Sinn, dass Friseure weiterhin geöffnet haben, Kosmetikstudios aber ab Montag geschlossen werden. „Die Friseure arbeiten ja auch ganz nah am Körper“, sagt van Alphen. In ihrem Kosmetikstudio darf sie nun nur noch medizinische Fußpflege anbieten. „Und wir haben schon seit Längerem einen Online-Shop“, so van Alphen. Das ändere aber wenig an den Einnahmeeinbußen, die sie dann im November habe.
Felix Genn, Bischof von Münster:
„Ich bin den politisch Verantwortlichen sehr dankbar. Es ist leicht, diese oder jene Maßnahme zu kritisieren; ich erlebe es aber so, dass unsere politisch Verantwortlichen sich bei den Maßnahmen davon leiten lassen, Leben – gerade Leben von älteren und vorerkrankten Menschen – möglichst zu schützen und zu retten. Einzelne Wirtschafts- und Kulturbereiche sowie Geschäftsfelder sind von den Maßnahmen sicher sehr hart betroffen. Aber auch hier hat die Politik eine außerordentliche Hilfe zugesagt. Ich bin den politisch Verantwortlichen insbesondere dankbar dafür, dass die sogenannten ‚vulnerablen Gruppen‘, also die Menschen in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Senioren- und Behindertenheimen, besonders in den Blick genommen werden. Die Aussage im Beschluss, dass es ‚nicht zu einer vollständigen sozialen Isolation der Betroffenen‘ kommen darf, ist für viele dieser Menschen überlebenswichtig. Und dankbar bin ich auch, dass Gottesdienste unter Einhaltung der geltenden Hygieneauflagen weiter stattfinden können.“ (red)