Düsseldorf. Das Land NRW will Verstöße gegen die Corona-Regeln ab Oktober härter bestrafen. Den Städten fehlt aber das Personal, um die Regeln durchzusetzen.

  • NRW will Verstöße gegen die Corona-Regeln härter bestrafen: Ab dem 1. Oktober gilt eine Meldepflicht für private Veranstaltungen mit mehr als 50 Gästen in öffentlichen Räumen. Diese müssen mindestens drei Tage im Vorfeld angemeldet werden.
  • Wer in Kontaktlisten in Gaststätten einen falschen Namen einträgt und sich damit nicht an die Corona-Regeln in NRW hält, soll künftig 250 Euro Bußgeld zahlen.
  • Weihnachtsmärkte sind trotz der Corona-Pandemie in NRW unter Auflagen möglich. Verkaufsoffene Sonntage im Advent sollen das Gedränge in den Innenstädten entzerren.
  • Corona-Regeln in NRW: Fußballspiele werden spätestens einen Tag vorher abgesagt.

In Hamm, Gladbeck, Remscheid und vielen anderen Städten in NRW sind die Infektionszahlen weiter Besorgnis erregend hoch. Das Land zieht nun die Notbremse und fordert die Kommunen auf, das Einhalten der Corona-Regeln strenger zu kontrollieren. „Wir haben ein klares Vollzugsdefizit“, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann am Mittwoch während der Pressekonferenz. Die ab 1. Oktober geltende Corona-Schutzverordnung für NRW ist deshalb nicht durch neue Verbote gekennzeichnet, so Laumann. Vielmehr sei es an der Zeit, die bestehenden Regeln entsprechend durchzusetzen und Verstöße zu ahnden.

Corona-Regeln in NRW: Falsche Namen in Kontaktlisten kein "Kavaliersdelikt"

Für falsche Angaben zur Person auf den Kontaktlisten in Restaurants oder Gaststätten verhängt das Land NRW deshalb künftig ein Bußgeld von 250 Euro. Zu zahlen ist die Strafe von denjenigen, die die falschen Kontakte auf den Listen zur Corona-Nachverfolgung angeben.

Hier gibt es weitere Informationen zu der Corona-Pandemie in NRW:

„Wenn falsche Namen in die Listen eingetragen werden, ist das kein Kavaliersdelikt”, so Laumann. "Ich will nicht, dass sich die Wirte Personalausweise vorlegen lassen. Es ist schon eine andere Nummer als Maske vergessen, ein falscher Name ist eine Täuschung. Es wird Kontrollen geben." Die Ordnungsämter sollen die Listen stichprobenartig kontrollieren.

Generelle Alkoholverbote kann sich Laumann - wenn überhaupt - nur bei einem „diffusen“ Infektionsgeschehen vorstellen, bei dem man den Hergang nicht nachvollziehen könne. Dann könnte man theoretisch darüber nachdenken, an einzelnen Plätzen oder Straßen an bestimmten Tagen oder Uhrzeiten ein Alkoholverbot zu verhängen. „Wenn sich vier Doppelkopf-Freunde in der Kneipe treffen, warum sollen sie dann kein Bier dazu trinken, wenn der Wirt danach die Gläser bei 60 Grad spült?“, so Laumann. Die Bundesregierung hatte Anfang der Woche den Vorschlag ins Spiel gebracht, Alkoholausschank in besonders betroffenen Regionen unter bestimmten Bedingungen befristet begrenzen lassen.

Corona-Regeln in NRW: Private Feiern in Gaststätten ab 50 Gästen anmeldepflichtig

Privatveranstaltungen im öffentlichen Raum zum Beispiel in angemieteten Räumen müssen ab 50 Teilnehmern mit einer Gästeliste und einem Ansprechpartner drei Werktage vorher beim Ordnungsamt angemeldet werden. Wichtig ist zu wissen, dass die Ordnungsämter kein Genehmigungsverfahren durchführten. Es gehe vielmehr darum, dass die Ämter Kenntnis hätten, welche Feiern in der jeweiligen Kommune stattfinden und gegebenenfalls kontrollieren könnten, ob die Corona-Auflagen eingehalten würden.

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Während der Feier muss zudem eine aktuelle Gästeliste geführt und vier Wochen aufbewahrt werden. Bei Verstößen droht ein Bußgeld von 500 Euro. Es kann nicht sein, dass wir hinter den Listen herlaufen müssen“, hatte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann bereits im Vorfeld der Kabinettssitzung in einem Interview gesagt. Unverändert gilt die Höchstgrenze von 150 Gästen für private Feiern im öffentlichen Raum.

Corona-Regeln in NRW: Weihnachtsmärkte in NRW unter Auflagen erlaubt

Weihnachtsmärkte werden durch die neue Coronaschutz-Verordnung unter Auflagen erlaubt. Voraussetzungen seien unter anderem eine Zugangssteuerung, ein Hygienekonzept und Namenslisten für Stehtische an Glühweinständen. Auf den Märkten wird es laut der neuen Coronaschutz-Verordnung keine durchgehende Maskenpflicht geben. An Ständen - egal welcher Art - müssen aber sowohl Verkäufer als auch Kunden eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Die Händler können stattdessen auch ein Visier tragen oder eine Plexiglasscheibe anbringen. In den Gängen zwischen den Marktständen ist eine Maske dagegen „nicht zwingend“, wie es im aktuellen Anhang zur Coronaschutz-Verordnung heißt. Die lokalen Behörden könnten dies aber gegebenenfalls anordnen.

Um das Gedrängel in den Innenstädten während der Adventszeit zu entschärfen, ermöglicht das Land auch die Sonntagsöffnung von Geschäften an den vier Adventsonntagen sowie am 3. Januar. Es handele sich um eine einmalige Maßnahme in der Corona-Pandemie. Das Land wolle damit nicht den Sonntagsschutz aushöhlen, sagte Laumann in Richtung Verdi. Die Gewerkschaft klagt aktuell in vielen Städten gegen die verkaufsoffenen Sonntage.

Städten fehlt Personal, um die Corona-Regeln durchzusetzen

Während das Land mehr Kontrollen fordert, ächzen die Städte unter den immer neuen Anforderungen an sie in der Coronakrise. „Durch die immer neuen Verbots- und Gebotsnormen arbeiten die Mitarbeiter der Ordnungsämter seit Monaten am Limit", sagte Bernd-Jürgen Schneider, Chef des Städte- und Gemeindebundes NRW. Wenn die Landesregierung immer neue Aufgaben definiert oder gar eine Vollzugsoffensive fordere, müsse sie die Behörden auch in die Lage versetzen, den neuen Aufgaben gerecht zu werden, wetterte Schneider. Die Ordnungsämter müssten personell ähnlich gut ausgestattet werden wie die Gesundheitsämter.

Im Grundsatz aber sind sich das Land NRW und die Kommunen darin einig, das mehr Kontrolldruck auf Regelbrecher ausgeübt werden müsse. „Wer Corona-Regeln bricht und andere dadurch wissentlich gefährdet, der muss mit Sanktionen rechnen“, so Schneider.

Eine Maskenpflicht am Arbeitsplatz in Büros und Behörden, wie Berlin sie nun einführt, soll es in NRW nicht geben. Laumann sieht aktuell keinen Anlass dafür, dass es in NRW allgemeine Regelungen über alle Behörden und Büros hinweg geben müsste. Corona-Infektionen am Arbeitsplatz machten nur rund sechs Prozent aller Infektionen aus. Ein größeres Risiko stellten derzeit vielmehr Feiern dar.

Corona-Regeln: Fußballspiele werden spätestens einen Tag vorher abgesagt

Die Entscheidung über die Genehmigung von Zuschauern bei Fußballspielen soll künftig spätestens am Tag vorher entsprechend des Infektionsgeschehens fallen. Entscheidend sei zum Beispiel bei einem für Samstags angesetzten Spiel die Kennzahl vom Freitag. Ab dem Wert von 35 Neuinfizierten pro 100.000 Einwohnern in sieben Tagen wären Zuschauer damit verboten. Zuletzt waren beim Spiel zwischen dem FC Schalke 04 und Werder Bremen wenige Stunden vor Anpfiff Fans ausgeschlossen worden.

NRW setzt im Herbst auch auf Corona-Schnelltests

Das Land will seine Corona-Teststrategie um Schnelltests erweitern. Laumann setzt sehr stark auf die Tests, die innerhalb von 15 oder 30 Minuten ein Ergebnis bringen. Der NRW-Gesundheitsminister rechnet auch damit, dass die Gesetzlichen Krankenkassen Tests bezahlen werden. Details dazu will Laumann ab 1. November nennen.

Auf diese Corona-Regeln haben sich Bund und Länder geeinigt

Bereits am Mittwochabend hatte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet die Ergebnisse der Bund-Länder-Besprechung vorgestellt. Bei der Videokonferenz waren sich alle Länder einig, dass Feiern in öffentlichen oder angemieteten Räumen auf maximal 50 Teilnehmer beschränkt werden sollen, wenn in einer kreisfreien Stadt oder einem Landkreis mehr als 35 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner gezählt werden sollten. Steigt die Inzidenzzahl auf 50, gilt künftig eine Grenze von 25 Teilnehmern. Menschen, die in der eigenen Wohnung feiern, wird „dringend empfohlen“, die Zahl der Gäste auf 25 oder auf zehn zu begrenzen. Die Maßnahmen würden aber stets lokal begrenzt bleiben, so Laschet. Er versicherte, dass die Polizei in NRW keine privaten Wohnräume kontrollieren werde. „Der private Raum ist ein besonderer Schutzraum. Da ist jeder eigenverantwortlich“, sagte er am Dienstag.

  Ihn trieben „Feste in angemieteten Sälen um, bei denen gar kein Wirt im Spiel ist. Wir haben Fälle, in denen wurde extra für ein bestimmtes Fest ein Raum als Veranstaltungsraum ausgewiesen. Da sitzen die Gäste dann nicht wie vorgesehen am Tisch und werden bedient, da haben Sie dann schnell auch mal einen Thekenbetrieb, der nicht vorgesehen ist“, kritisierte Laumann.

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In der Pressekonferenz nannte Bundeskanzlerin Merkel zwei „Prioritäten“ in der Pandemiezeit: Die Wirtschaft und Arbeitnehmer müssten geschützt werden, und Kinder müssten weiter in Schulen und Kitas gehen können. Aus Laschets Sicht ist das ein allgemeiner Konsens: „Wir dürfen nicht einen zweiten Lockdown riskieren, der die Schwächsten treffen würde.“.

Familienfeiern in Hamm und Bielefeld entwickeln sich zu Superspreading-Events

Auslöser der nun angekündigten Maßnahmen sind die sprunghaft steigenden Corona-Fallzahlen in ganz Deutschland und Europa, unter anderem aufgrund von größeren Familienfeiern, bei denen die Corona-Regeln nicht ausreichend beachtet wurden. .

In NRW hatten sich zuletzt mehrere Familienfeiern zu Superspreading-Events entwickelt: So haben sich in Folge einer mehrtägigen Großhochzeit in Hamm mindestens 180 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Und auch in Bielefeld führte eine Familienfeier zu steigenden Infektionszahlen: 950 Schüler und Lehrer sind dort aktuell in Quarantäne.

Stand Mittwoch (30. September) gibt es in NRW insgesamt 5607 infizierte Menschen, so Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. Von diesen Erkrankten werden aktuell 368 Menschen in NRW im Krankenhaus, davon 98 auf einer Intensivstation und 61 werden beatmet. Die Sieben-Tage-Indizenz im Land liegt aktuell bei 19,3. "Wir haben heute zwar steigende Infektionszahlen, aber keine großen Veränderungen im ernstzunehmenden Krankenhausbereich", sagt NRW-Gesundheitsminister Laumann mit Blick auf die nur gering ausgelastete Bettenkapazität in den Krankenhäusern.