Essen. Vor Gewitter, Sturmböen und Hagel warnt der Wetterdienst. Es bleibt weiterhin schwül. Schon in der Nacht richteten Unwetter Schäden an. Auf der Autobahn A 93 in Bayern ist ein Motorradfahrer ums Leben gekommen, nachdem die Fahrbahn sich durch die Hitze plötzlich vor ihm angehoben hatte.
Wer sich nach dem Gewächshauswetter der vergangenen Tage auf Abkühlung freut, bekommt sie am Donnerstag höchstens in Form von Schauern und Gewittern. Nur langsam lässt die schwüle Hitze in Deutschland nach, die Tiefs "Manni" und "Norbert" bringen vielen Regionen des Landes starke Unwetter. Jürgen Weiß vom Wetterdienst Meteomedia in Bochum rät zur Achtsamkeit: "Die Fenster sollten besser geschlossen bleiben."
Nachdem die Hitzewelle am Mittwoch mancherorts Rekorde knackte, folgten am Abend und in der Nacht teils heftige Unwetter im Nordwesten Deutschlands. Damit ist es noch nicht vorbei. Besonders am Donnerstagnachmittag und -abend können in NRW noch Gewitter und Schauer aufziehen, sagt Meteorologe Weiß. Vor allem im östlichen Teil von NRW könnten sich bei Wärmegewittern zudem drei bis vier Zentimeter große Hagelkörner bilden. Ansonsten bleibt es schwül, an Rhein und Ruhr klettert das Thermometer auf bis zu 26 Grad.
Wetterdienst warnt vor Orkanböen mit 120 Stundenkilometern
Vor stärkeren Unwettern warnt der Deutsche Wetterdienst (DWD) zudem im Saarland sowie in Hessen und Rheinland-Pfalz. Der DWD in Offenbach warnt sogar vor "Tornadogefahr". Für die Nacht zum Freitag erwarten die Wetter-Experten schwere Unwetter mit über 120 Stundenkilometern schnellen Orkanböen. Das entspreche Windstärke 12.
In Ostdeutschland wird es hingegen noch einmal richtig heiß. Dort erwartet Meteorologe Dominik Jung von wetter.net erst den Höhepunkt der Hitzewelle. Nachmittags geht es in Berlin und Brandenburg auf bis zu 36 Grad rauf. Schon gestern wurden teilweise bis zu 37 Grad im Land erreicht.
Hunderte Feuerwehreinsätze nach Unwetter
Bereits am Mittwochabend hatten die Feuerwehren im Norden und Nordwesten Deutschlands mit Unwetterschäden zu kämpfen. Regen, Hagel und Gewitter hielten die Einsatzkräfte auf Trab. In NRW war vor allem der Kreis Gütersloh betroffen. Dort musste die Feuerwehr etwa 120 Keller und Tiefgaragen leer pumpen. Der starke Regen flutete örtliche Bahnunterführungen, Bäume stürzten um. Verletzt wurde niemand.
Bewohner im Kreis Lippe meldeten mehrere Blitzeinschläge. Glück im Unglück hatte dort ein junger Autofahrer, der auf einer mit Schlamm verschmutzten Straße ins Schleudern kam. Der 19-Jährige und sein Beifahrer wurden leicht verletzt, als ihr Auto gegen einen Baum rutschte. Die anderen Landesteile Nordrhein-Westfalens blieben hingegen größtenteils vom Unwetter verschont.
Starke Gewitter in Schleswig-Holstein und Niedersachsen
In Norddeutschland sorgten Gewitter und Starkregen für erhebliche Schäden und hunderte Feuerwehreinsätze. Besonders betroffen war der Südwesten Schleswig-Holsteins, dort hielt in Brunsbüttel das Dach eines Supermarkts den Regenmassen nicht stand und brach ein. Die Mitarbeiter konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen.
Allein in der Kleinstadt im Kreis Dithmarschen mussten die Retter zu 150 Einsätzen ausrücken. Dort war die Lage derart angespannt, dass die Katastrophenschutzeinheit in die Stadt kommen musste. In Bremen schlugen nach Polizeiangaben zwei Blitze ein, dabei fing der Dachstuhl eines Einfamilienhauses Feuer. Im niedersächsischen Langen setzte ebenfalls ein Blitz ein Wohnhaus in Brand. Verletzt wurde beide Male niemand.
Im Bahnverkehr sorgte das Unwetter für mehrere kleinere Schäden, sagte eine Sprecherin am Donnerstagmorgen. Zwischen Niebüll und Klanxbüll in Schleswig-Holstein seien nach Blitzeinschlägen noch Bahnübergänge und Signalanlagen gestört. Die meisten Schäden habe man bereits behoben.
Zur Sonnenwende kommt die Abkühlung
Erst am Freitag – pünktlich zur Sommersonnenwende – beruhigt sich die Wetterlage wieder spürbar, dann wird die schwüle Luft fast überall vertrieben. Temperaturen von 20 bis maximal 25 Grad kündigt Jürgen Weiß in NRW an. Sonne und Wolken wechseln sich ab, es kann Schauer geben.
Aufgesprengte Autobahnen am bislang heißesten Tag des Jahres
Am Mittwoch, dem bislang heißesten Tag des Jahres in Deutschland, brachte die Sahara-Hitze die Menschen ordentlich ins Schwitzen. Der heißeste Ort am Mittwoch war nach Angaben des DWD Kitzingen im Norden Bayerns – mit 37,1 Grad. In einigen Regionen purzelten am Mittwoch die Wärmerekorde für einen 19. Juni, etwa in München, aber auch in Sachsen-Anhalt, Thüringen oder Sachsen.
In einigen Teilen Deutschlands sprengte die Gluthitze den Belag auf mehreren Autobahnen. Beschädigt wurde etwa ein Abschnitt der A9 nahe Droyßig in
Sachsen-Anhalt sowie die A8 bei Remchingen nahe Karlsruhe oder die A7 in Baden-Württemberg. Auch auf Autobahnen in Bayern wölbte sich die Fahrbahn vor Hitze. Auf der A93 bei Abensberg wurde eine aufgesprengte Fahrbahn zum tödlichen Verhängnis für einen 59 Jahre alten Motorradfahrer. Er fuhr über eine halbmeterhohe Aufwölbung, prallte gegen die Leitplanke und starb noch am Unfallort an seinen Brustverletzungen.
ADAC kritisiert "Blow-Ups" auf Betonstrecken
Der ADAC hat nach den jüngsten Hitzeschäden die mangelnde Sanierung der Straßen kritisiert. Der Erhalt "langt einfach bei weitem nicht", sagte Fachreferent Jürgen Berlitz am Donnerstag in München. Am schlimmsten sei es um kleinere Fahrbahnen in den Kommunen bestellt, aber auch auf den Autobahnen gebe es Schlaglöcher und viel Sanierungsbedarf.
Experten sprechen von "Blow-Ups". Betroffen seien vor allem Abschnitte mit Betonplatten, sagte der Sprecher der Autobahndirektion Südbayern, Josef Seebacher. "Dass das so schnell an so vielen Stellen auftritt, ist außergewöhnlich. Alle Verkehrsteilnehmer werden dringend aufgefordert, auf allen Betonstrecken äußerst vorsichtig zu fahren." (mit dpa und afp)