Castrop-Rauxel. Der Castrop-Rauxeler Micky Beisenherz ist Co-Autor beim Dschungelcamp - und damit zuständig für die Ätz-Sprüche der Moderatoren Dirk Bach und Sonja Zietlow.
Die Dschungelschlachten sind geschlagen und amüsiert haben sich die Fans mal wieder köstlich. Besonders beliebt: die Ätz-Sprüche der Moderatoren Sonja Zietlow und Dirk Bach. Hinter den Verbal-Knallern stecken zwei Autoren: Zietlows Ehemann Jens Oliver Haas (43) und Micky Beisenherz (33), der in Castrop-Rauxel aufgewachsen ist und 1997 am hiesigen ASG sein Abitur baute. Mit ihm sprach Gerhard Römhild.
Na, wie fühlt man sich denn so als böse Zunge?
Beisenherz: Ausgesprochen gut. Zumal ich in ähnlicher Form ja schon seit Jahren für diverse Bühnenkünstler tätig sein darf, beziehungsweise auch für Formate wie die „ZDF heute show“. Allerdings haben wir es dort mit Protagonisten zu tun, um deren Rollentreue es noch schlechter bestellt ist. Und die noch weniger Leute kennen - fürchte ich.
Haas ist seit der ersten Staffel Chefschreiber. Wie stießen Sie dazu?
Beisenherz: Olli Haas und ich kennen uns seit Jahren, sind 2004 als Autoren für den „großen Comedy Preis“ aufeinander getroffen und haben seit Jahren immer wieder an diversen gemeinsamen Projekten gearbeitet. Da merkt man im Laufe der Zeit, dass man sehr gut miteinander kann. Als vor der vierten Staffel die etatmäßige Co-Autorin nicht mehr dabei sein konnte, rief er bei mir an, und wenige Wochen später wurde ich bereits mit Motten in Adlergröße konfrontiert.
Die Show wird auf dem Gelände einer ehemaligen Farm bei Murwillumbah produziert?
Beisenherz: Das muss dann aber eine verdammt große Farm gewesen sein. Aber immerhin ist man offensichtlich schon so weit, den Drehort nicht mehr in irgendeinem Gewächshaus nahe Hürth, also bei Köln zu vermuten. Tatsächlich waren wir ca. 40 km weiter in einer Hotelanlage nahe Kingscliff untergebracht. Ein Familien-Resort, in dem es nach 20 Uhr so tot war wie in einer brandenburgischen Gucci-Filiale.
Zu Ihrem Tagesablauf in Australien: Wie sah der aus? Wann entstanden die giftigen Verbalattacken?
Jeden Tag witzig sein, ist das nicht äußerst schwer?
Beisenherz: Nicht, wenn die Vorlagen so massiv über uns herein brechen, wie gerade zuletzt. Gegenfrage: Hätte man eine Sarah Dingens oder einen Marathonschauspieler wie Mathieu Carriere ernsthaft kommentieren können? Aber es stimmt schon, nach 16 Nachtschichten am Stück hilft einem häufig das klassische Handwerk, falls die inspirierten Momente mal ausbleiben. Die schönsten und fiesesten Gags nutzen allerdings nichts, wenn der zuständige Redakteur sie zielsicher wieder aus dem Buch heraus streicht. Da hatten wir mit dem Programmverantwortlichen, Markus Küttner, allerdings großes Glück und ein Maximum an Freiheit, so dass selbst Witze über senderinterne heilige Kühe wie Dieter Bohlen drin waren. In der Heimat, bzw. Regel fliegt so was als erstes raus. Und so was wie Gorch Fock natürlich auch, da man dem Zuschauer noch zu häufig attestiert, dass er darunter maximal einen Pornotitel vermutet. Was mittlerweile sogar stimmen dürfte.
Wo liegt die Schmerzgrenze bei den bitter-bösen Kommentaren?
Beisenherz: Zum Beispiel, wenn es nur darum geht, körperliche Gebrechen oder eklatante private Probleme zum Hauptgegenstand des Spotts zu machen. Genauso wenig werden wir drauf schlagen, wenn eine Camperin offenbart, dass sie es bedauert, mit 46 Jahren vermutlich keine Familie mehr gründen zu können. Wenn einer in einem vermeintlich emotionalen Moment allerdings theatralisch auf die Knie fällt und irgendwo zwischen jungem Törless und altem Tünnes oszilliert, kann er sich sicher sein, dass wir ihm das nicht kommentarlos durch gehen lassen. Abgesehen davon sind da ja auch noch die Moderatoren, die sich mit Sicherheit nicht nur darauf beschränken, unsere lustigen Witzchen abzulesen.
Werden Sie im Nachgang von den Camp-Teilnehmern auf die fies-frechen Sticheleien angesprochen?
Beisenherz: In der Regel - und das ist verdammt gut so - wissen die ja nicht, wer wir sind. Beim letzten Mal traf ich bei der Aftershowparty auf Peter Bond. Der war kurz davor, mich zu fragen, was ich denn bei der Produktion gemacht habe. Dann aber hat er sich wieder auf ein anderes, für ihn wichtigeres Thema konzentriert: sich - und das Gespräch war beendet. Dieses Mal wusste nur Gitta Saxx, wer ich bin - und hat sich am Kofferband ganz herzlich bedankt, dass wir so nett zu ihr waren. Was tatsächlich der Fall war. Die Frau hat ja auch keinem was getan - außer älter geworden zu sein. Aber das trauen sich ja immer mehr Menschen heutzutage.
Gab’s eigentlich einen, der nicht verzeihen konnte?
Beisenherz: Na ja, als mir Katy Karrenbauer auf der Abschlussfeier plötzlich gegenüber stand und mich dann fragte, ob ich einer von den „Guten oder den Bösen“ sei, hab’ ich lieber mal schnell geantwortet „von den Guten“. Hey, die ist immerhin der Typ, der „Machete“ gespielt hat.
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Beisenherz: Weil das Format tatsächlich eine Entwicklung genommen hat. Natürlich gibt es immerhin noch die markanten Elemente, die dem Format den „Trash“ Stempel beschert haben. Allerdings wird das Augenmerk immer stärker auf die gruppendynamischen Prozesse gelegt. Wer gluckt mit wem zusammen? Wer entzieht wem die Gunst? Wer spielt eine Rolle? Und, ja, wer entwickelt sich von der Hassfigur zum Publikumsliebling- und möglicherweise wieder zurück. Für eine derartige Figur- und Plotentwicklung muss man sonst ein halbes Jahr GZSZ gucken. Wobei letzteres tatsächlich nach einem Drehbuch geschieht. Bei uns nicht. Lediglich die Protagonisten sind manchmal sogar dieselben.
Jeder Dritte mit Abitur, jeder Vierte mit Uni-Abschluss sah zu. Was ist da los?
Beisenherz: Das liegt zum einen sicherlich daran, dass auch Akademiker (die fernsehfreien Bildungsbürger ohnehin) empfänglich für den „Jahrmarkt“ - Faktor sind. Allerdings haben wir es in unserem Format mit Menschen zu tun, die allesamt medienerfahren sind und über die volle Chromosomenzahl verfügen. Bei anderen Formaten wäre ich da nicht so sicher. Zum anderen bedienen wir eine breite Schicht an Zuschauern. Die einen schlagen sich bei den Dschungelprüfungen auf die Schenkel, andere mögen verbale Breitseiten gegen die unten im Camp Ansässigen wie den „Dreigroschen-Opa“ Langhans. Und wieder andere amüsieren sich über die manchmal fast flüchtig vorgetragenen Seitenhiebe gegen zu Guttenberg, den eigenen Sender oder die Furtwängler-Imitatorin Veronica Ferres.
Das Camp ist vorbei, was liegt nun an?
Beisenherz: Jetzt werde ich mich erst einmal darum kümmern, dass mein Buch „Bedienungsanleitung Mann“ einen Nachfolger kriegt, und dann turne ich an der Seite von Sonja Zietlow in den „der große....IQ-Test“-Shows bei RTL II herum. Autor der Sendungen ist übrigens Olli Haas.