Essen. Seit fast einer Woche lebt unser Autor Felix Laurenz jetzt vegan. So langsam gewöhnt er sich an das Leben ohne Fleisch und tierische Produkte. Geht es nach Ernährungswissenschaftler Uwe Knop, sind seine Mühen allerdings umsonst. Seine These: Im Prinzip ist es egal, was wir essen.

Die erste Woche meines veganen Experiments neigt sich dem Ende entgegen. Und so langsam scheint mein Körper zu akzeptieren, dass er erst einmal auf Fleisch und andere tierische Produkte verzichten muss. Anstatt über mein Essen zu reden, spreche ich deshalb mit Uwe Knop (42). Er ist gelernter Ernährungswissenschaftler und glaubt nicht, dass Menschen durch speziell abgestimmte Ernährung gesünder leben. Der Titel seines letzten Buches lautete: Esst doch, was ihr wollt!

Herr Knop, die Kernthese Ihres Buches lautet: Esst doch, was Ihr wollt. Machen Sie sich da als Ernährungswissenschaftler nicht überflüssig?

Uwe Knop: Ich bin zwar Diplom-Ernährungswissenschaftler, arbeite aber nicht in dem Beruf, sondern in der Medizin-PR. Insofern muss ich mir keine Sorgen machen. Das verschafft mir aber auch eine gewisse Unabhängigkeit, die andere nicht haben. 

Aber ist es wirklich so leicht, sich richtig zu ernähren?

Knop: Sie müssen einfach auf Ihr Körpergefühl vertrauen. So etwas wie gesunde oder ungesunde Lebensmittel gibt es nicht. Wenn Sie Hunger haben, sollten Sie essen, wenn Sie keinen Hunger haben, dann nicht. Und wenn Sie sich dabei wohl fühlen, etwas zu essen, dann ist das absolut in Ordnung. 

Auch, wenn ich mich mit Currywurst-Pommes wohl fühle?

Ernährungswissenschaftler Uwe Knop.
Ernährungswissenschaftler Uwe Knop. © Knop | Unbekannt

Knop: Ja. Ihr Körper hat ein Gefühl dafür, was er braucht. Wenn Sie also ständig Currywurst-Pommes essen, was sehr unwahrscheinlich ist, dann wird Ihr Körper Ihnen sicher irgendwann vermitteln, dass etwas Obst oder Gemüse auch nicht schaden könnten. Ihr Bauch weiß vieles besser als ihr Verstand. 

Welche Probleme hat mein Verstand?

Knop: Er glaubt zu wissen, dass etwa ein Stück Obst gut für die Gesundheit ist. Dann wird es gegessen, obwohl sie vielleicht gar keine Lust darauf haben. Das ist ein Fehler. Und ihr Körper weiß es eigentlich besser. Er merkt, wann sie Hunger haben – und worauf. 

Wie kann mein Verstand den richtigen Hunger erkennen?

Knop: Hunger ist eines der grundlegendsten Bedürfnisse, das wir als Menschen haben. Essen Sie mal eine zeitlang nichts. Dann spüren Sie den Hunger. Das ist etwas anderes als Appetit.

Aber wenn ich immer esse wann und was ich möchte, dann habe ich doch irgendwann mit Übergewicht zu kämpfen.

Knop: Das passiert nur, wenn Sie auch essen, obwohl Ihr Körper kein physiologisches Verlangen danach hat. Ein Beispiel: wer morgens nach dem Aufstehen keinen Hunger hat, sollte auch nicht frühstücken - sondern warten bis der Hunger einsetzt. Außerdem gibt es „Emotional eating“, also Essen aus emotionalen Gründen wie Frust oder Langeweile. Das führt zu ungesunder Ernährung. Schlafmangel, Medikamente oder Krankheiten können ebenfalls zu Übergewicht beitragen.

Gibt es also doch ungesunde Ernährung?

Knop: Wenn Sie gegen die Bedürfnisse Ihres Körper essen, dann ja. Denn es gilt der Leitsatz von Paracelsus: Die Menge macht das Gift. Natürlich ist es ungesund, nur Wurst zu essen. Aber es ist eben auch ungesund, nur Äpfel zu essen. Nochmal: Was Ihnen schmeckt und gut bekommt, können Sie bedenkenlos essen, wenn Sie Hunger haben.

Warum gibt es dann so viele verschieden Diäten, um abzunehmen?

Knop: Weil sie sich verkaufen lassen. Diäten sind Quatsch. Ob Atkins, Steinzeit-Kost oder Low-Carb. Alle Diäten funktionieren nach dem einzigen Prinzip, dass nachgewiesenermaßen kurzfristig funktioniert: der Körper bekommt weniger Nahrung bzw. Energie als er benötigt. Deshalb baut er seine Reserven ab – Fett, aber auch Muskeln. Auch die vegane oder vegetarische Ernährung ist nicht gesünder als andere Ernährungsformen.

Andere Ernährungswissenschaftler sehen das anders.

Knop: Das mag sein, je nach Interessenlage. Wissenschaftliche Beweise dafür kenne ich nicht. Ich habe in den letzten Jahren viele Studien zu diesem  Thema analysiert – mit teils sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Dass vegane Ernährung gesünder ist, konnte nicht nachgewiesen werden. Es gibt in der Ernährungsforschung generell keine Beweise, ich kenne nur Hypothesen und wilde Spekulationen.

Ich lebe jetzt seit etwa einer Woche vegan. Können Sie mir vielleicht trotzdem wenigstens einen Vorteil der veganen Ernährung liefern?

Knop: In Sachen Gesundheit oder gesunder Ernährung nicht. Davon losgelöst ist die ethische Ebene. Wenn jemand sagt: Ich esse kein Fleisch, weil ich nicht möchte dass ein Tier für mich stirbt, ist das natürlich ein Argument.

Sie haben Anmerkungen oder Fragen? Schreiben Sie mir eine E-Mail an vegan@derwesten.de oder melden Sie sich über Twitter bei @laurenzvegan.