Ruhrgebiet. Die Kliniken in NRW versorgen immer mehr Covid-Patienten, nicht mal ein Fünftel der Intensivbetten ist noch frei. Kommen Behelfskrankenhäuser?

Fast 1000 Corona-Patienten liegen derzeit auf den Intensivstationen in NRW – so viele wie nirgends sonst in Deutschland. Zwei Drittel davon müssen beatmet werden. Insgesamt werden mehr als 4000 Covid-19-Erkrankte im Krankenhaus behandelt, doppelt so viele wie auf dem Höhepunkt der ersten Welle im April. Das trieb in vielen Städten die Kapazitäts-Ampel der Krankenhäuser schon auf Rot. Trotzdem: Die Zahlen stiegen zuletzt nicht mehr exponentiell, noch sind gut 1200 Betten im Land frei.

157 Corona-Patienten im Krankenhaus, 39 auf der Intensivstation, 25 an der Beatmungsmaschine. Das sind die Zahlen aus Dortmund vom Dienstag. Zum Vergleich: Einen Monat zuvor zählte die Stadt 56 Corona-Patienten, zehn auf der Intensivstation und fünf mit Beatmung. Die Zahlen aus Essen vom Wochenbeginn sind ähnlich: 136 Covid-19-Patienten waren allein in der Uniklinik in Behandlung, 41 davon intensiv. Auch Duisburg meldet 144 Coronafälle in seinen Krankenhäusern, 44 auf den Intensivstationen. Beide Städte verzeichnen starke Anstiege in den ersten Novemberwochen.

Patientenzahlen stabilisieren sich auf hohem Niveau

Bald Impfzentrum oder auch Standort für ein Behelfskrankenhaus? Die Dortmunder Westfalenhallen.
Bald Impfzentrum oder auch Standort für ein Behelfskrankenhaus? Die Dortmunder Westfalenhallen. © www.blossey.eu | Hans Blossey




Inzwischen aber sieht Dr. Frank Renken, Leiter des Gesundheitsamtes in Dortmund, eine gewisse Stabilisierung der Zahlen, wenn auch auf hohem Niveau: „Sie steigen nicht mehr deutlich nach oben.“ Allerdings: Bei den jüngeren Patienten tun sie es doch, „wir haben sehr viele junge Menschen“. Und auch die Sterblichkeit steige,

zuletzt meldete Dortmund täglich Todesfälle
, meist unter Vorerkrankten in hohem Lebensalter. „Was uns sehr bedrückt.“


Dortmund hat längst die Pläne aus dem Frühjahr für ein Behelfskrankenhaus wieder aus der Schublade geholt. Man sei trotzdem noch ganz am Anfang, heißt es bei der Stadt: „Die Installation einer solchen medizinischen Einrichtung“, so eine Sprecherin, „ist ein sehr aufwändiges Vorhaben, das sich nicht von heute auf morgen umsetzen lässt.“ Gedacht ist an die Versorgung von rund 500 Patienten,

die bereits auf dem Wege der Genesung sind
– um die Krankenhäuser zu entlasten.

980 Corona-Patienten auf den Intensivstationen in NRW


Ein möglicher Ort wären neben einer Reha-Klinik am Rombergpark die Westfalenhallen, die derzeit auch für die Einrichtung eines Impfzentrums im Gespräch sind. Angaben zu Details, Kosten oder Terminen macht die Stadt noch nicht. Auch Personal zu finden, könnte ein Problem sein. Man treibe die Planungen aber voran, sagte

Sozialdezernentin Birgit Zoerner in der vergangenen Woche
.

Ob diese tatsächlich verwirklicht werden, hängt von der Entwicklung des Infektionsgeschehens ab. Am Dienstag meldete die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin DIVI für Nordrhein-Westfalen 980 Corona-Patienten auf Intensivstationen. 1218 Betten seien aktuell noch frei, das sind etwa 18 Prozent, also weniger als ein Fünftel des Bestandes. Nur Berlin, Bremen und Hessen haben noch weniger Kapazitäten. Deutschlandweit melden mehr als die Hälfte der Kliniken bei an die 28.000 Intensivbetten bereits erste Engpässe oder sogar Auslastung.

„Aufgrund lokaler Ausbrüche nicht mehr aufnahmebereit“


Im Ruhrgebiet ist die Lage teils noch angespannter. Laut DIVI-Monitor gelten in Dortmund sechs Kliniken als ausgelastet bzw. melden „erste Engpässe“, in Essen sind es fünf, in Duisburg ebenfalls, in manchen Kliniken sind die „Intensivbetten mit künstlicher Lunge“ voll. „Komplett ausgelastet“ und im Register deshalb rot vermerkt sind etwa das Ev. Krankenhaus Castrop-Rauxel, das Knappschaftskrankenhaus Recklinghausen,

das Ev. Krankenhaus Duisburg-Nord und das dortige Malteser Klinikum
oder das St. Sixtus-Hospital Haltern. Viele Einrichtungen mussten sich laut Gesundheitsministerium in Düsseldorf „aufgrund lokaler Ausbrüche vorübergehend als nicht mehr aufnahmebereit abmelden“, die Rede ist von einer „deutlichen Verengung“ der freien Kapazitäten.

Das Ministerium schickte die aktuellen Zahlen am Dienstag an den Landtag: Der muss entscheiden, ob die „Pandemische Lage“, also der medizinische Ausnahmezustand über das Monatsende hinaus verlängert wird. Dortmund Gesundheitsamtschef jedenfalls nennt es „sehr sicher, dass wir wieder steigende Zahlen haben werden“. Das sei „unvermeidbar“, sagt Renken: „Der Winter liegt noch vor uns.“

>>INFO: AUSLÄNDISCHE PATIENTEN IN NRW





Die Krankenhäuser in NRW



stellen nach wie vor einzelne Klinikbetten



für Patienten aus dem Ausland



zur Verfügung
. Allerdings hat sich das Angebot seit Oktober fast halbiert: Von ursprünglich 85 Kliniken haben sich zu Beginn dieser Woche nur noch

43 Kliniken bereit
erklärt, ausländische COVID-19-Erkrankte aufzunehmen. Derzeit sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Düsseldorf

72 angebotene Betten
verzeichnet.



24 Patienten
aus Ländern, deren Gesundheitssystem wegen der hohen Corona-Infektionszahlen bereits an seine Grenzen gekommen ist, werden zurzeit in nordrhein-westfälischen Krankenhäusern behandelt. Einer kommt aus den Niederlanden,

19 wurden aus Belgien und vier aus Frankreich nach Deutschland transportiert.
Dazu kommen möglicherweise weitere Aufnahmen aufgrund direkter Kontakte der Krankenhäuser.



Die ersten niederländischen Patienten kamen Ende Oktober
per Helikopter aus Almere in die koordinierende Uniklinik nach Münster. Anfang November folgten die ersten Erkrankten aus Belgien.



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