Essen. Alle Astrazeneca-Geimpfte können ab sofort einen mRNA-Impstoff als zweite Dosis erhalten. Das müssen Betroffene in NRW jetzt wissen.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat am Donnerstag überraschend mitgeteilt, dass Menschen, die eine erste Dosis des Corona-Impfstoffs von Astrazeneca erhalten haben, künftig unabhängig vom Alter als zweite Spritze einen mRNA-Impfstoff wie den von Biontech oder Moderna erhalten sollen. Bund und Länder wollen diese Empfehlung ab sofort umsetzen. Das hat Auswirkungen auf die Impfkampagne in NRW. Wir klären die wichtigsten Fragen:

Welche Reaktionen gibt es auf die Stiko-Empfehlung?

Für die Kassenärztlichen Vereinigungen in NRW kam die Empfehlung der Stiko scheinbar unerwartet: „Die Empfehlung der Stiko kommt für die Impfzentren wie für die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sehr überraschend“, sagte ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe am Freitag. Derweil betonte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dass die Kombination von Impfstoffen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen „besonders wirksam“ sei. Sie biete einen „sehr, sehr hohen Impfschutz“. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“, die Wirkung der Kreuzimpfung sei „vergleichbar hoch“ wie die einer reinen Impfung mit Biontech oder Moderna. „Damit wird der Astrazeneca-Impfstoff aufgewertet und kann für die Erstimpfungen der Älteren als wichtiges Instrument der Pandemiebekämpfung eingesetzt werden.“

Welche Auswirkungen hat das auf die Impfkampagne in NRW?

Laut KV Westfalen-Lippe könne es in der nächsten Woche zu Engpässen bei der Umstellung der Zweitimpfungen auf mRNA-Impfstoffe kommen. Laut einem Sprecher hätten die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte bereits ihre Bestellung für die nächste Woche abgegeben. Er rät denjenigen, die bereits einen Zweittermin für die Impfung mit Astrazeneca in einer Arztpraxis haben, sich mit dieser in Verbindung setzen. Die Arztpraxis könne dann sagen, ob in der kommenden Woche bereits genügend mRNA-Impfstoff zur Verfügung stehe oder ob der Termin verschoben werden müsse.

Welchen Einfluss hat das auf die Impftermine in NRW?

Kommt es nun nach der Stiko-Empfehlung zu Impfengpässen in NRW? Das ist derzeit noch unklar: „Welche Auswirkungen dies in der Planung der Impfzentren und der Praxen hat, können wir zurzeit noch nicht abschätzen“, so ein Sprecher der KV Westfalen-Lippe. Laut NRW-Gesundheitsministerium werde die Impfkampagne nicht verlangsamt: "Im Juli werden rund 2,4 Millionen Termine für Erstimpfungen in den Impfzentren des Landes Nordrhein-Westfalen möglich sein", berichtet das Ministerium.

Ändert sich der Impf-Abstand für Betroffene?

Bei der Kreuzimpfung kann nach Auffassung der Stiko der zeitliche Abstand zwischen den beiden Dosen auf vier Wochen verkürzt werden. Man solle also nicht mehr bis zu zwölf Wochen warten, wie es bisher bei Astrazeneca empfohlen war, so Gesundheitsminister Spahn. Bei zweimaliger Astrazeneca-Verabreichung bleibt es weiterhin bei neun bis zwölf Wochen.

Müssen Astrazeneca-Erstgeimpfte aktiv werden, wenn sie bereits einen Zweittermin vereinbart haben?

Betroffene dürften sich fragen, ob sie nun aktiv werden müssen, wenn sie für ihre Zweitimpfung einen mRNA-Impfstoff bekommen wollen. Das NRW-Gesundheitsministerium teilte dazu mit: "Jeder Person, die im Impfzentrum eine Erstimpfung mit dem Impfstoff von AstraZeneca erhalten hat, wird im Impfzentrum eine Zweitimpfung mit einem mRNA-Impfstoff (derzeit Biontech) angeboten." Wer bereits einen Termin zur Zweitimpfung in einem Impfzentrum hat, müsse nichts unternehmen: "Die gebuchten Termine, insbesondere in den kommenden Tagen, sollen wie geplant wahrgenommen werden."

Wer die Erstimpfung mit AstraZeneca bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten erhalten hat, soll dort grundsätzlich auch die Zweitimpfung erhalten, teilt das Ministerium mit. Man gehe davon aus, "dass niedergelassene Ärztinnen und Ärzte ebenfalls entsprechend der Stiko-Empfehlung die Zweitimpfungen auf einen mRNA-Impstoff umstellen werden." Wer sich in einer Arztpraxis impfen lässt, dem rät die KV Westfalen-Lippe zur Rücksprache mit der betreffenden Praxis.

Bund und Länder wollen ab sofort die Empfehlung der Ständigen Impfkommission umsetzen, nach einer Erstimpfung mit Astrazeneca als zweite Dosis ein anderes Präparat zu verabreichen.
Bund und Länder wollen ab sofort die Empfehlung der Ständigen Impfkommission umsetzen, nach einer Erstimpfung mit Astrazeneca als zweite Dosis ein anderes Präparat zu verabreichen. © dpa | Unbekannt

Welchen Einfluss hat das auf die Impfstoff-Kapazität in NRW?

Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigungen verimpfen die Impfzentren in NRW bereits jetzt schon fast ausschließlich mNRA-Impfstoffe. „Bei den niedergelassenen Ärzten wird sich zeigen, ob alle für die 28. Kalenderwoche am nächsten Dienstag aufzugebenden Bestellungen auch beliefert werden können“, so ein Sprecher.

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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat derweil ausreichend Impfstoff für die Umsetzung der überraschend geänderten Astrazeneca-Empfehlung der Ständigen Impfkommission zugesichert. „Es wird sehr zügig gehen können, die Empfehlung umzusetzen, weil ausreichend mRNA-Impfstoff da ist“, sagte der CDU-Politiker nach Beratungen mit seinen Länder-Kolleginnen und -Kollegen am Freitag in Berlin. Er sehe gerade wegen des verkürzten Intervalls in der Kreuzimpfung eine gute Möglichkeit, die Impfkampagne zu beschleunigen.

Kann man sich trotzdem zum zweiten Mal mit Astrazeneca impfen lassen?

Ja, das ist möglich. Laut Kassenärztlicher Vereinigung Westfalen Lippe gibt es noch ausreichend Astrazeneca-Impfstoff für alle, die sich weiterhin mit dem Vektorimpfstoff impfen lassen wollen. Allein in den kommenden Tagen würden 2,4 Millionen Dosen geliefert, so auch Spahn. Der Gesundheitsminister verwies aber auch noch mal darauf, dass Menschen unter 60 Astrazeneca nur nach ärztlicher Konsultation bekommen sollten. Nach einigen Thrombose-Fällen vor allem bei jüngeren Frauen im Zuge einer Impfung mit Astrazeneca war Deutschland dazu übergegangen, Menschen unter 60 Jahren als zweite Dosis in der Regel einen anderen Impfstoff zu verabreichen.

Können sich Impflinge den Impfstoff in Impfzentren frei aussuchen?

Ja, die Wahl des Impfstoffes in den Impfzentren ist frei. Einen entsprechenden Erlass hat das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium an die Städte und Kreise gerichtet, wie die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) am Freitag mitteilt. Das Land habe entsprechende Mengen zugesichert. „Wo entsprechend der Stiko-Empfehlung eine Verkürzung des Impfintervalls erforderlich wird, kontaktieren die Impfzentren die betreffenden Personen zum Zweck einer Änderung des Zweitimpftermins automatisch“, heißt es in einer Mitteilung. (mit AFP)

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