Essen. Der Bund der Steuerzahler zeigt kuriose Fälle von verschwendeten Steuergeldern. In NRW wurden so hunderte Millionen Euro in den Sand gesetzt.
Steuern zahlen muss in Deutschland fast jeder. Gut 740 Milliarden Euro hat der Staat dadurch laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2020 eingenommen. Damit bezahlt der Bund viele Dinge für das Gemeinwohl, wie öffentliche Verkehrsmittel, Bildung, Justiz oder Polizei. In manchen Fällen verschätzt sich die Politik allerdings auch mal gewaltig.
Solche Fälle, in denen öffentliche Gelder verschwendet wurden, listet der Bund der Steuerzahler (kurz: BdSt) in seinem neuen Schwarzbuch auf. Wir zeigen hier die skurrilsten Beispiele von Steuergeldverschwendungen aus Nordrhein-Westfalen.
Steuerverschwendung in NRW: "Geschenkte" Skulptur in Selm
- Kosten: 28.000 Euro
- Hintergrund: Die Stadt Selm im Kreis Unna profitiert seit mittlerweile zehn Jahren von einem Stärkungspakt des Landes NRW. So wurde auch das Stadtentwicklungskonzept für insgesamt 21,5 Millionen Euro gefördert. Das beinhaltet auch den 2020 eröffneten Auenpark und den Rodelberg. Auf Letzterem befindet sich eine ansehnliche Skulptur aus bunten Glaselementen, die nachts angestrahlt werden. Ein Geschenk eines namentlich nicht benannten Künstlers, hieß es bei der Vorstellung des Entwurfs. Für die Stadt sollten keine Kosten entstehen. Doch genau das war der Fall. Die Stadt erklärte auf BdSt-Anfrage, dass sie einen Eigenanteil von 28.000 Euro für die Skulptur trage: „Die Rahmenbedingungen, auf die aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht näher eingegangen werden kann, haben sich seit 2018 dahingehend geändert, dass eine vorgesehene externe Schenkung nicht mehr machbar war.“
Teures Drittligastadion für einen Viertligisten in Krefeld
- Kosten: Mehr als 16 Millionen Euro
- Hintergrund: Im März 2021 beschloss der Rat der Stadt Krefeld eine Modernisierung des in die Jahre gekommenen Grotenburg-Stadions. Dadurch sollte der örtliche Verein KFC Uerdingen – damals noch in der 3. Liga – eine der Spielklasse entsprechende Heimspielstätte bekommen. Nachdem es immer wieder Querelen rund um die finanzielle Situation des Klubs und den Ausstieg der Investoren gegeben hatte, folgte im Sommer der Zwangsabstieg in die Regionalliga. Auch dort läuft es alles andere als gut: Wegen eines laufenden Insolvenzverfahrens könnte der ohnehin nach 15 Spielen letztplatzierte KFC zusätzlich mit einem Punktabzug von 9 Zählern belangt werden. Der Gang in Liga 5 droht – dann aber wenigstens im drittligatauglichen Stadion. "Ein teures Eigentor", resümiert der BdSt.
Stadt Lüdenscheid bezahlt politischen Wahlkampf
- Kosten: 25.000 Euro plus Personalaufwand
- Hintergrund: Überzeugender Wahlkampf kann Wahlen entscheiden. Dazu gehört auch im Jahr 2021 noch das klassische Wahlplakat am Laternenmast. Welche Partei an welchem Platz für Wählerstimmen wirbt, überlassen die meisten Städte in NRW den Parteien selbst. Die Kommunalpolitik in Lüdenscheid hatte da jedoch eine andere Idee für die Bundestagswahl. Denn nach einem Beschluss im Rat musste die Stadtverwaltung zunächst 600 Laternenmasten auswählen und markieren. Anschließend wurden diese den Parteien zugelost. Das sollte nach einer ersten Schätzung rund 25.000 Euro kosten – die Personalkosten für das Losverfahren und die Kontrolle der festgelegten Plakatplätze noch nicht einmal mit inbegriffen.
Video: Wahlplakate: Diese Regeln gelten für Parteien
Geisterbrücke in Castrop-Rauxel führt ins Nichts
- Kosten: 950.000 DM
- Hintergrund: In Castrop-Rauxel wurde im Jahr 1980 eine neue Brücke fertiggestellt. Die sollte eine Ortsumgehung über die Dortmunder Straße führen. Jene Ortsumgehungsstraße L654n gibt es jedoch bis heute nicht. Nicht einmal der Landesbetrieb für Straßenbau, Straßen.NRW kann gut vierzig Jahre später noch genau sagen, woran das liegt. Im Landesstraßenbedarfsplan steht die Straße aber weiter – und solange das so ist, wird auch die von Steuergeldern bezahlte Geisterbrücke bleiben dürfen.
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Steuergeldverschwendung in NRW: Die So-da-Brücke in Euskirchen
- Kosten: 460.000 DM
- Hintergrund: Sogar noch länger nutzlos ist die sogenannte So-da-Brücke in Euskirchen. So wird sie genannt, weil sie einfach "so da" steht. Vor 44 Jahren sollte sie Teil der Autobahn 56 werden. Wegen Anwohnerprotesten kam es nicht dazu, obwohl die Brücke schon stand. Für fast eine halbe Million D-Mark. Auch, wenn sie noch nie befahren wurde wird die Brücke weiter in jedem Jahr gewartet und auf ihre Verkehrstauglichkeit überprüft. Auch das kostet Steuerzahlerinnen und Steuerzahler Geld.
Teurer als geplant: Die Sanierung der Beethovenhalle in Bonn
- Kosten: 162,3 Millionen Euro (voraussichtlich)
- Hintergrund: 43 Millionen Euro. So viel sollte es laut einem ersten Gutachten im Jahr 2012 kosten, die Beethovenhalle in Bonn zu sanieren. Bis 2019 sollte der Konzertsaals umgebaut werden. Fertig ist er bis heute nicht. Und immer teurer wird die Sanierung noch dazu. Nach Honorar-Streitigkeiten und vielen Vorwürfen zwischen Stadt und den beiden wichtigsten Planungsbüros hieß es im März 2019, dass die Beethovenhalle im Jahr 2022 fertig sein soll. Doch auch das ist heute laut BdSt in weiter Ferne. Die aktuelle Kostenprognose liegt bei 162,3 Millionen Euro. Damit wird die Sanierung wohl rund viermal teurer als ursprünglich gedacht.
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Steuergeldverschwendung in NRW: Zwei Brücken für einen Bach in Eslohe
- Kosten: 95.000 Euro
- Hintergrund: Der Esselbach im Hochsauerlandkreis wird von einer 1,75 Meter breiten Straßenbrücke überbrückt. Das war für die Kommunalpolitiker in Eslohe nicht breit genug, um Barrierefreiheit herzustellen. Statt Bordsteine abzusenken wurde nur wenige Meter weiter eine zweite Brücke gebaut – die mit zwei Metern auch nicht wesentlich breiter ist. Auch die Zeitersparnis liegt nur bei wenigen Minuten. Janine Bergendahl vom BdSt meint: "Eine Brücke neben einer Brücke – das ist Steuergeldverschwendung par excellence!"
Die Sanierung der Kölner Bühnen verzögert sich immer weiter
- Kosten: 971 Millionen Euro (Worst Case)
- Hintergrund: Nicht nur Bonn hat ein Problem-Konzerthaus. Denn auch bei der Sanierung der Kölner Bühnen ist es bereits zu großen Verzögerungen und Steuergeldverschwendungen gekommen. Eigentlich sollten die Oper und das Schauspielhaus bis 2015 für ein ursprüngliches Budget von 230 Millionen Euro fertiggestellt werden. Doch daraus wurde nichts. Das aktuelle Zieldatum ist März 2024. Die Kosten liegen bis dahin im Worst Case bei fast 1 Milliarde Euro. Kölns Oberbürgermeisterin Reker kommentierte das so: „In Zukunft halten wir uns daran: Erst planen, dann bauen“
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Teure Hubschrauberstation in Köln stürzt ein
- Kosten: Mindestens 27 Millionen Euro
- Hintergrund: Zwei Rettungshubschrauber am Flughafen Köln/Bonn sollten eigentlich eine eigene Station am Kalkberg in Köln bekommen. Doch kaum war der Hangar fertiggestellt und eine Kuppe aufgeschüttet, sackte der Kalkberg unter dem zusätzlichen Gewicht ab. Dadurch wurde auch der Hangar selbst beschädigt. Die Pläne für die Rettungshubschrauberstation konnten damit begraben werden. Wo die Hubschrauber in Zukunft bleiben können und welche zusätzlichen Kosten dadurch auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zukommen, ist offen.
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Köln: "Museum im Quartier" kostet immer mehr Steuergeld
- Kosten: Mindestens 127 Millionen Euro
- Hintergrund: Für Freunde von Archäologie soll unterhalb des Kölner Rathausplatzes ein Museum entstehen. Eigentlich hätte das "MiQua", kurz für "Museum im Quartier", 2017 eröffnen sollen. Aktuelle Schätzungen gehen mittlerweile eher von 2025 aus, also acht Jahre später. Auch die Kosten des Baus sind immer weiter angestiegen. Aus 48 Millionen Euro wurden durch diverse Planungsänderungen (u.a. wegen Barrierefreiheit, Tiefbauarbeiten und Sicherheitseinschätzungen der Kripo) bis heute 127 Millionen Euro. Der BdSt kritisiert: "Kölns Verschuldung beträgt rund 5 Mrd. Euro, die Pro-Kopf-Verschuldung liegt weit über dem Durchschnitt Nordrhein-Westfalens. Bei dieser Finanzlage hätte sich die Stadt auf dieses Projekt mit solch unkalkulierbaren Risiken nicht einlassen dürfen."