Aus den Niederlanden. In den Niederlanden kommen zwar Lockerungen für Clubs, Gastro und Events – aber auch umstrittene Nachweisbestimmungen. 3G erhitzt die Gemüter.

Die neuen Lockerungen sind angekündigt, doch wirklich zufrieden damit scheinen viele Gruppen in den Niederlanden nicht zu sein. Zwar entfällt Ende September die Abstandspflicht, es werden wieder mehr Events möglich und Clubs können mit begrenzter Kapazität wieder bis Mitternacht öffnen. Doch möglich wird das nur, weil die Regierung die Nachweispflicht über negative Tests, Impfungen oder Genesene ausweitet.

Das scheint einigen im Nachbarland zu viel verlangt. Während die Formel „3G“ in Deutschland nicht unumstritten, aber schon deutlich länger Standard beim Ausgehen ist, erhitzt das Thema in den Niederlanden die Gemüter. Viele Menschen fühlen sich durch die 3-G-Regelung von der Regierung zum Impfen gedrängt, wie bei Umfragen immer wieder deutlich wird.

Niederlande: Gastronomie nicht begeistern von 3-G-Regelung

Speziell Gastro-Gäste sowie Unternehmerinnen und Unternehmer der Branche haben nach Ankündigung der Lockerungen am Dienstagabend in den sozialen Medien verärgert reagiert. Der Branchenverband Koninklijke Horeca reagierte umgehend mit einem Statement. Die Kontrolle der Nachweispflicht sei für Gastronomen nicht zu leisten, die Maßnahmen seien angesichts der steigenden Impfquote unverhältnismäßig, hieß es in der Mitteilung. Als Reaktion hat das niederländische Kabinett bereits beschlossen, dass für die Außengastronomie doch keine Nachweispflicht gelten wird.

„Das Thema ist gerade groß in der Diskussion“, sagt auch Hent Scholten, Inhaber des Hotel Oortjeshekken im grenznahen Ooij, dessen Restaurant und Café auch bei Gästen aus Kleve oder Kranenburg beliebt ist. „Es ist natürlich sehr lästig, die Gäste nach ihrem Impfstatus abzufragen.“ Ob die neue Regel bei der derzeitigen Corona-Lage nötig sei, wisse er nicht. Doch es fühle sich zumindest sicherer an. Immerhin seien im Juni bei den verfrühten Lockerungen Fehler gemacht worden.

Neue Lockerungen: Kritik an der Umsetzung

„Wir wollen nicht wieder in einem Lockdown landen“, sagt Scholten. „Wir müssen alles tun, damit die Krankenhäuser nicht wieder zu voll werden.“ Zu den Gastronomen, die derzeit gegen die neuen Beschränkungen wettern, zählt sich Scholten nicht. Er sei auch definitiv nicht gegen die Corona-Schutzimpfung, betont er. Sowieso kämen weniger junge Leute ins Oortjeshekken. „Unsere Zielgruppe fängt bei 25 Jahren an. Wir haben sowieso viele Gäste im Restaurant und Café, die bereits geimpft sind.“

Auch die 25 sogenannten Sicherheitsregionen der Niederlande sprechen sich unter ihrem Vorsitzenden Hubert Bruls – auch Bürgermeister der Grenzstadt Nimwegen – in den niederländische Medien gegen die neuen Maßnahmen im Gastrobereich aus. Bruls sagte im niederländischen Fernsehen, dass er die Öffnung der Clubs bis um Mitternacht für nicht sinnvoll hält. Den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sei nicht verständlich, warum Getestete, Geimpfte und Genesene nach 24 Uhr nachts ansteckender sein würden.

Erleichterung: Amsterdam Dance Event findet statt

Kritik kommt auch von Mark van Bergen. Der Journalist und Hochschuldozent an der Fontys Academy for Creative Industries in Tilburg unterstützt die Initiative „Unmute Us“, die in den vergangenen Wochen für eine vollständige Öffnung des Nachtlebens demonstriert hatte.

Einen großen Erfolg sieht van Bergen nicht. „Die Regierung präsentiert die jüngsten Maßnahmen als Erweiterung, aber für das Nachtleben gilt das nur sehr begrenzt.“ Auch die Begrenzung der betreffenden Lokale und Events auf 75 Prozent Auslastung sieht van Bergen kritisch. „Vor allem für Konzerte wird das schwierig. Festivals dürfen wieder stattfinden, aber die Außensaison ist vorbei. Also kann nicht wirklich davon profitiert werden.“

Van Bergen erwarte, dass viele Clubs bei Veranstaltungen auf die Tages- statt Nachtzeit ausweichen wollen. Dafür gebe es bereits erste Anzeichen. Eine große Frage sei noch gewesen, ob das Amsterdam Dance Event Mitte Oktober stattfinden könne. „Das ist ein internationales Flaggschiff der niederländischen Tanz-Industrie, zu dem hunderttausende Menschen kommen“, so van Bergen. Ein Supergau für die Branche, der noch abgefangen werden konnte. Die Organisatoren reagierten auf die neuen Regeln und einigten sich darauf, das Festival eben nur bis um Mitternacht laufen zu lassen.