Essen. Muslime dürften während des Ramadan selbst bei Ausgangssperren nach 21 Uhr in die Moschee. Von einer Ausnahmeregelung kann aber keine Rede sein.
Der Ramadan hat begonnen. Ebenso wie zuvor das christliche Osterfest findet auch der islamische Fastenmonat zum zweiten Mal in Folge unter Pandemiebedingungen statt. Weder sind große Familientreffen möglich, noch können sich Menschen in großer Zahl in den Moscheen versammeln. Aber selbst in Orten mit hoher Inzidenz, in denen es in den nächsten Tagen Ausgangssperren geben könnte, dürften Gläubige abends zum Beten das Haus verlassen. Von Ausnahmeregelung kann dabei aber keine Rede sein.
Große Aufregung im Sauerland
Die Aufregung war groß. Kurz vor Beginn des Fastenmonats hatte der Märkische Kreis am vergangenen Freitag eine Ausgangssperre von 21 Uhr bis 5 Uhrverhängt. Nein, hieß es da aus dem Kreishaus, man könne in dieser Zeit im Ramadan nicht zu Gebeten in die Moschee. Die Treffen aus religiösen Gründen seien zwar grundsätzlich zugelassen aber keine Ausnahme, die die nächtliche Ausgangsbeschränkung aufhebe. Folglich sei der nächtliche Weg in die Moschee verboten.
„Ein Irrtum“, hieß es dann am Montag. Natürlich könnten Menschen muslimischen Glauben sich – gedeckt durch § 1 Abs. 3 der Corona-Schutzverordnung - auch nach 21 Uhr auf den Weg zur Moschee machen. Nur kurz darauf fegte ein Sturm der Empörung durch das Internet. „Unfassbar“ und „nicht nachvollziehbar“, waren noch die freundlichsten Kommentare.
Erste Ausgangssperre von Gericht gekippt
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Weder das ein noch das andere ist richtig. Denn selbstverständlich gilt die Regelung nicht nur für Muslime, sondern auch für alle anderen Religionsgemeinschaften. Auch Gottesdienste in christlichen Kirchen wären möglich, ja sie wären auch zu Ostern möglich gewesen, selbst wenn es denn da Ausgangssperren gegeben hätte. Nur verzichteten viele Gemeinden von sich aus auf Präsenz-Veranstaltungen. Mittlerweile hat das Verwaltungsgericht Arnsberg die Ausgangssperre für unverhältnismäßig erklärt, der Kreis hat am Dienstagabend dagegen Beschwerde eingelegt und will vor das Oberverwaltungsgericht (OVG) ziehen. Die Ausgangssperre gelte erst einmal weiter, heißt es.
Auch wenn die Sperre den Moscheebesuch gestattet, wird der Ramadan 2021 ungewöhnlich für die Muslime. „Vieles wird nicht so sein wie sonst“, ist Erol Pürli, Sprecher des Kommunikationsrates der Muslime, überzeugt. Immerhin, anders als im vergangenen Ramadan sind viele Moscheen in Deutschland zumindest geöffnet.
Eigener Gebetsteppich ist Pflicht
Der Zutritt ist aber nur mir Maske erlaubt, auf Abstand wird geachtet, ein eigener Gebetsteppich ist mitzubringen und an Abenden, an denen es voll werden könnte, geht ohne Anmeldung meistens nichts. „Nach über einem Jahr haben wir Erfahrungen mit Hygiene-Konzepten“, versichert Pürlü.
Gemeinsames Fastenbrechen in den Moscheen wird es deshalb ebenfalls nicht geben. „Wir müssen die Einhaltung der Regeln vorleben“, sagt der Sprecher und hofft, dass auch in den eigenen vier Wänden der Gläubigen nach Sonnenuntergang nur mit der Kernfamilie zusammen gesessen und gegessen wird. „Wir bitten die Gläubigen, sich mit Sorgfalt an die Hygieneregeln und Verordnungen der Länder und Kommunen zu halten“, bekräftigt Pürlü.
Städte appellieren an muslimische Gemeinden
Damit das einfacher wird, sollen viele Predigten online übertragen werden. Im übrigen, so der Sprecher weiter, sei es an den Abenden in der Woche in den meisten Moscheen ohnehin nicht besonders voll. „Trotz Corona gibt es ja immer noch viele Leute, die am nächsten Morgen früh arbeiten müssen.“
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Viele Städte in NRW appellieren ebenfalls an die muslimischen Gemeinden, sich auch wirklich an die Corona-Schutzverordnung zu halten. Essen etwa spricht Vereine und Verbände an, in Dortmund hat Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) eine Videobotschaft veröffentlicht. „Wir bitten darum, auch in der vor uns liegenden Zeit wie in den letzten Wochen und Monaten verantwortungsvoll und vorsichtig zu sein und die Gesundheit aller zu schützen. Dann ist es wirklich möglich, dass es der letzte Ramadan mit Corona ist.“ Pürlü glaubt, dass die Appelle nicht ungehört verhallen. „Die meisten haben gemerkt, wie gefährlich dieses Virus ist.“
Impfen auch während des Fastens?
Ob sie sich deshalb im Ramadan aber auch impfen lassen sollen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben, ist in der muslimischen Welt in den vergangenen Wochen heftig diskutiert worden. Mittlerweile scheint die Frage allerdings entschieden.
Corona-Impfungen aus religiöser Sicht seien auch während des muslimischen Fastenmonats möglich, sagt der Münsteraner Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide und verweist auf aktuelle Fatwas. Nach diesen religiösen Rechtsprechungen handelt es sich bei muskulären Impfen nicht um die Zufuhr von Nahrung und deshalb auch nicht um fastenbrechen.
Religionsbehörden in der Türkei, Indonesien, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Tunesien vertreten dieselbe Ansicht. Selbst wenn ein Gläubiger nach einer Impfung wegen schwerer Nebenwirkungen einen Tag mit dem Fasten aussetzen müsse, heißt es weiter, sei das keine Sünde. Und der Verband muslimischer Ärzte in Großbritannien stellt Impfzweiflern nur eine Frage „Wie viele Fasten-Tage wirst du wohl verpassen, wenn du dir Covid einfängst?“