Den Haag. Vorerst wird es in den Niederlanden kein 2G geben. Politik und Gesellschaft stützen die Maßnahme nicht. Wird also der Abendlockdown verlängert?
Die niederländische Regierung hat sich von 2G verabschiedet – zumindest vorerst. Wie unterschiedliche Medien im Nachbarland berichteten, soll die seit November geführte Debatte im Parlament um die umstrittene Coronaregel aufs neue Jahr vertagt werden. Der Grund: Bislang gebe es für 2G keine Mehrheit, wie Gesundheitsminister Hugo de Jonge am Montag bekanntmachte. Ob sich das ändern wird, ist noch nicht abzusehen.
Das Zögern könnte Folgen haben: Ohne 2G drohen eine Lockdownverlängerung und die Verschärfung von Maßnahmen, wie die niederländische Tageszeitung „Algemeen Dagblad“ schreibt. Dass ein längerer Abendlockdown im Raum stehe, wollte De Jonge laut Algemeen Dagblad aber nicht offiziell bestätigen. Die Zeitung beruft sich in ihrem Bericht allerdings auf Regierungskreise, die genau diese Befürchtung bestätigt haben sollen.
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Auch das regierungsberatende Fachgremium Outbreak Management Team (OMT) hat sich am Dienstag dafür ausgesprochen, die Weihnachtsferien um eine Woche zu verlängern, um das Infektionsgeschehen so auszubremsen. Viele Schulen unterstützten diesen Vorschlag, da es aktuell viele Fälle in den Bildungseinrichtungen gebe, meldete der Sender NOS. Im Januar will sich die Regierung zum weiteren Vorgehen in der Pandemie äußern, neue Maßnahmen könnten in diesem Zusammenhang erwogen und angekündigt werden.
Gesundheitsminister Hugo de Jonge will 2G in Niederlanden einführen
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Unterdessen wirbt De Jonge weiter für 2G. Die Maßnahme sei „wirklich notwendig“, zitierte das Algemeen Dagblad den Gesundheitsminister. „Andernfalls bleiben Sektoren wie die Nachtgastronomie weiter geschlossen.“ Die Regierung wolle aber „so offen wie möglich“ durch den Winter. „Wollen wir wieder alles öffnen für alle, die sicher sind? Oder wollen wir alles dichtmachen für alle?“, fragte De Jonge. „Ich denke, dass Letzteres nicht vertretbar ist.“
Doch De Jonges Appelle laufen vorerst weiter ins Leere. Die Niederlande streiten schon seit Wochen um die 2G-Einführung. Die Debatte im niederländischen Parlament verlief bislang zäh, immer wieder wurde eine Entscheidung herausgeschoben – nun bis ins neue Jahr. Bei der Ankündigung des Teillockdowns Mitte November hatte Premier Mark Rutte noch gesagt, seine Regierung strebe in den kommenden Wochen eine Einführung der 2G-Regel im Freizeit- und Arbeitsbereich an.
Damit wollte Rutte die Coronalage im Nachbarland wieder unter Kontrolle bekommen. In der vergangenen Woche bereits gab es erste Anzeichen, dass die von der Regierung verschärften Maßnahmen eine Wirkung auf die hohe Zahl an Neuinfektionen und Intensivaufnahmen haben. Die Sieben-Tage-Inzidenz ist zuletzt leicht gesunken und liegt nun bei 822. Auch der R-Wert sank knapp unter die kritische Marke von 1. Laut Angaben des niederländischen Gesundheitsinstituts RIVM seien die Zahlen aber immer noch „auf hohem Niveau“.
Niederlande: Große Kritik an 2G-Regeln aus Politik und Bevölkerung
Im November galt es Medienberichten zufolge noch als wahrscheinlich, dass sich im Parlament eine Mehrheit für 2G finden würde – auch wenn die Maßnahme selbst in der Regierung unbeliebt ist. „Es ist eine Maßnahme, die wir lieber nicht einführen würden“, sagte Gesundheitsminister Hugo de Jong vor rund drei Wochen im TV. „Auf der anderen Seite müsste man sonst aber die Freiheit aller einschränken, um sicher durch den Winter zu kommen.“
De Jonges Sicht stützen aber nicht alle Parteien. Vor allem die rechtspopulistische PVV sowie das Forum voor Democratie sehen in der 2G-Regel einen „Impfzwang“. Auch in Reihen der christlichen Parteien CDA und ChristenUnie gibt es laut NOS Zweifel und die Befürchtung, dass eine 2G-Pflicht die Gesellschaft während der bereits angespannten Pandemie weiter spalten könne.