Essen/Kleve. Vor der Einreise nach Deutschland müssen sich Grenzpendler auf Corona testen lassen. Das führt zu Problemen, kritisiert die Euregio Rhein-Waal.

Weil Deutschland die Niederlande als Hochinzidenzgebiet eingestuft hat, müssen sich Einreisende nach NRW vorab auf das Coronavirus testen lassen. Seitdem steht das Beratungstelefon der Euregio Rhein-Waal nicht mehr still, wie Geschäftsführer Sjaak Kamps berichtet. Denn die neue Regelung betrifft auch Menschen, die regelmäßig zum Arbeiten, zur Ausbildung oder für Familienbesuche über die Grenze müssen.

Herr Kamps, welche Fragen treiben die Betroffenen um?

Meistens rufen Pendlerinnen und Pendler an oder Eltern, deren Kinder über die Grenze zur Schule müssen. Aber auch niederländische Bürgerinnen und Bürger, die wissen wollen: Kann ich zum Tanken und Einkaufen noch nach Deutschland fahren? Dann gibt es noch Spezialfälle, etwa wenn getrennte Paare ihre Kinder jenseits der Grenze besuchen wollen.

Wie sieht es denn nun mit Grenzübergängen zum Einkaufen oder Tanken aus?

Eigentlich hat sich mit den neuen Regelungen an der Situation nichts geändert. Es wird seit Beginn der Pandemie von nicht notwendigen Fahrten über die Grenze abgeraten. Nun ist noch eine Testpflicht bei der Einreise nach Deutschland dazugekommen.

Das Problem dabei: Menschen aus den Niederlanden, die zum Arbeiten nach Deutschland einreisen, bleiben bislang auf den Testkosten sitzen.

In den Niederlanden gibt es keine kostenlosen Tests wie in Deutschland. Dort werden Kosten für einen Test nur von der Krankenkasse übernommen, wenn ein Verdacht auf eine Infektion besteht. Das eigentliche Problem ist aber: Bei diesen kostenlosen Tests des niederländischen Gesundheitsdienstes wird kein Zertifikat über das Ergebnis ausgestellt, das in Deutschland bei einer Einreise verlangt wird. Es gibt auch in den Niederlanden Testzentren, die diese Zertifikate anbieten. Das ist aber viel teurer als in Deutschland.

Die Grenzgängerinnen und Pendler können sich aber in Deutschland testen lassen?

Ja, sie können auch ohne Zertifikat einreisen, wenn sie ihre Grenzpendlerbescheinigung bei einer Kontrolle vorzeigen und auf dem Weg zu einem Test in Deutschland sind. Aber die Gratistests in Deutschland gibt es eigentlich nur für Einwohner. Wer in den Niederlanden lebt, muss auch bei einem Test in NRW zahlen. Manche Zentren zeigen zwar Kulanz. Aber es gibt keine einheitliche Regelung für die Kostenübernahme, das macht es so schwierig.

Wer sollte denn aus Sicht Ihrer Euregio die Kosten für diese Gruppe von Einreisenden aus den Niederlanden übernehmen – die Arbeitgeber?

Das müsste das Land NRW regeln. Wir haben angeregt, dass die Vorlage einer Grenzpendlerbescheinigung für Einreisende aus den Niederlanden reichen sollte, um in NRW einen Test auf Kosten des Landes zu bekommen. Die Menschen kommen ja hierher zum Arbeiten. Wenn Grenzpendler aus den Niederlanden das Recht auf kostenlose Tests in NRW hätten, würde das kleineren Arbeitgebern helfen, die das selbst nicht stemmen können. Es gibt aber sicher auch Arbeitgeber, die kostenlose Tests von sich aus anbieten können und wollen.

Die ganze Landesregelung war also nicht richtig durchdacht?

Das kommt wohl daher, dass das Gesamtregelwerk aus Berlin stammt und der Grenzverkehr offenbar nicht mitgedacht wurde. Die Umsetzung erfolgt aber auf Landesebene. Es wurde einfach nicht durchdacht, was das für Schülerinnen oder Pendler bedeutet. Wenn Sie als Eltern etwa ihre Kinder in die Niederlande zur Schule gefahren haben und auf dem Rückweg kontrolliert werden, was sagen Sie dann ohne Grenzpendlerbescheinigung der Grenzpolizei?

Melden sich viele Betroffene mit Bußgeldern bei Ihnen?

Wie der Bundespolizei damit umgeht, ist unterschiedlich. Dazu gibt es verschiedene Medienberichte. Ich habe aber keine Signale bekommen, dass bislang viele Bußgelder verteilt wurden.

Corona in den Niederlanden

Sie wollen keine Entwicklung zur Corona-Lage in den Niederlanden und der Grenzregion verpassen? Unser kostenloser Niederlande-Newsletter hält Sie jeden Dienstag auf dem Laufenden - hier direkt abonnieren.

Wie steht es derzeit um den kleinen Grenzverkehr, den Arbeits- und Bildungsbereich mal ausgenommen?

Es gibt wie Anfang letzten Jahres inzwischen kaum mehr grenzüberschreitenden Verkehr. Daran erkennt man, wie eng verflochten die Grenzregion eigentlich ist. Und man sieht, welche Auswirkungen unterschiedliche Corona-Regelungen auf beiden Seiten der Grenze haben. In den Niederlanden gibt es bereits eine Testpflicht für Reisende, die mit dem Zug, Bus oder Flugzeug ins Land kommen. Sie soll bald auch auf Einreisende mit dem Auto ausgeweitet werden.

Ist das im Sinne der Euregio Rhein-Waal?

Wir wünschen uns, dass beide Seiten der Grenze gleiche Möglichkeiten haben. Noch muss das Gesetz durchs Parlament. Ich befürchte nur, wenn diese Testpflicht auch in den Niederlanden kommt, wird der Grenzverkehr wieder nicht mitgedacht. Die einzige Lösung ist derzeit: Tempo machen beim Impfen, sodass alle Gruppen, die sich impfen lassen wollen, das auch tun können.