An Rhein und Ruhr. Die Zahl der Corona-Fälle ist stark rückläufig. Doch wie nachhaltig ist dieser Trend? Die Experten Mirko Trilling und Thomas Voshaar klären auf.
Es ist ein Trend, der hoffen lässt: Bereits den dritten Tag in Folge vermeldete das Robert Koch-Institut (RKI) am Freitag stark rückläufige Inzidenzzahlen. Der Sieben-Tage-Wert liegt in NRW aktuell bei 166,8. Zum Vergleich: Noch zu Wochenbeginn bewegte sich die Inzidenz bei etwa 193. Zur Wahrheit gehört aber auch: In 49 von 53 Städten und Kreisen in NRW liegt die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner weiterhin über 100 – dem Grenzwert der Corona-Notbremse. In jeder vierten Kommune ist die Inzidenz höher als 200.
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„Bezüglich der Inzidenz hoffen wir natürlich, dass es der Beginn einer Entwicklung ist und nicht eine kurzfristige Fluktuation“, so Mirko Trilling, Virologe Am Uniklinikum Essen. „Belastbare Aussagen kann man aber leider noch nicht treffen.“ Die steigende Zahl der Impfungen habe einen „extrem wichtigen und positiven Einfluss“ auf die Eindämmung des Virus. In NRW haben bislang 27 Prozent der Bürger ihre Erstimpfung erhalten. „Bis die Mehrheit der Deutschen durch Impfungen geschützt ist, brauchen wir aber dringend weiter die Maßnahmen“, sagt Trilling.
Corona: Virus unterliegt „saisonalen Schwankungen“
Der Moerser Lungenexperte Thomas Voshaar äußert sich auf Anfrage dieser Redaktion zuversichtlicher: „Es spricht vieles dafür, dass die Infektionszahlen auch weiterhin langsam zurückgehen.“ Es gebe keinen Grund, von einer „Momentaufnahme“ zu sprechen. „Zumal das Virus auch saisonalen Schwankungen unterliegt“, gibt Voshaar zu bedenken. „Das gilt natürlich nur unter der Voraussetzung, dass nicht plötzlich eine Mutation auftaucht, die sich vollkommen anders verhält und die Impferfolge unterwandert.“ Umso wichtiger sei es deshalb laut Trilling, die Zahl der Neuinfektionen möglichst gering zu halten, damit das Virus möglichst keine Chance erhalte, sich anzupassen.
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Einen Zusammenhang zwischen dem Start der Corona-Notbremse und der sinkenden Inzidenz sieht Voshaar nicht. „Viel mehr bestätigt sich das, was wir immer gesagt haben: Es gibt schon rückläufige Zahlen, bevor die verschärften Maßnahmen greifen können.“ In der Biologie werde dieser Vorgang „Selbstregulierung“ genannt. Sobald die Infektionen und damit auch die Ansteckungsgefahr steigen, würden Bürger stärker die Regeln befolgen. „Die Notbremse hat womöglich indirekt zu dieser erhöhten Vorsicht beigetragen“, so Voshaar. Epidemiologisch betrachtet könne der positive Trend aber kein direkter Effekt der verschärften Maßnahmen sein. „Dafür ist es viel zu früh.“
Intensivbetten-Belegung: Voshaar warnt vor „Alarmismus“
Auch auf den Intensivstationen könne eine rückläufige Entwicklung beobachtet werden. „Der Alarmismus, dass die Intensivmedizin an ihre Belastungsgrenze stoßen könnte, ist aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt“, so Voshaar. „Durch nachvollziehbare Erklärungen und nicht durch Verbreitung von Angst lassen sich die Menschen am besten motivieren und kommen dann auch ihrer Eigenverantwortung nach.“ In den NRW-Kliniken waren laut DIVI-Intensivregister bis Donnerstag 5721 der 6478 Intensivbetten belegt. 11,7 Prozent der Betten sind noch frei.