Aus den Niederlanden. Die Niederlande wollen mehr Menschen zum Impfen bewegen. Die Bereitschaft unterscheidet sich je nach Region stark. So sind die Quoten vor Ort.
Deutschland macht sich Sorgen um den Winter: Noch ist die Impfquote nicht hoch genug, um eine Herdenimmunität zu erreichen. Wie sieht das im Nachbarland von NRW aus? Wie aus aktuellen Zahlen des niederländischen Gesundheitsinstituts RIVM hervorgeht, sind 77 Prozent der Erwachsenen in den Niederlanden vollständig geimpft, 85 Prozent teils.
Zum Vergleich: In Deutschland sind laut Robert-Koch-Institut rund 73 Prozent der Volljährigen vollständig geimpft, 77 Prozent mindestens einmal. In Nordrhein-Westfalen haben gut 76 Prozent der Erwachsenen einen vollständigen Impfschutz, 82 Prozent einen Teilschutz.
Niederlande und NRW: Impfquoten in der Grenzregion
Da das niederländische RIVM die Impfquoten der Volljährigen gebündelt veröffentlicht hat und nicht über alle Daten zu Minderjährigen auf Gemeindeebene verfügt, erfolgt hier der Vergleich mit Deutschland auf Basis der geimpften Erwachsenen. Impfquoten, die auch Minderjährige einrechnen, liegen für beide Länder niedriger.
Wie die Zahlen zeigen, ist der Unterschied in der deutsch-niederländischen Grenzregion eher gering. Die Quote der vollständig Geimpften in den an den Kreis Kleve grenzenden Provinzen Gelderland und Limburg liegt im niederländischen Landesdurchschnitt zwischen 70 und 80 Prozent. Alleine in Venlo (68 Prozent), Roermond (69 Prozent) und Arnheim (68 Prozent) liegt die Quote darunter.
Impfbereitschaft: Große Unterschiede zwischen niederländischen Gemeinden
Die Unterschiede im Rest der Niederlande sind teils sehr groß. Während auf den Watteninseln – darunter Texel, Ameland oder Terschelling, wo auch vergleichsweise viele Jugendliche geimpft sind – die Quote der vollständig geimpften Erwachsenen zwischen 80 und 90 Prozent liegt, kommen die Gemeinden des sogenannten Bibelgürtels teils auf unter 30 Prozent.
Der sogenannte „Bibelgürtel“ bezeichnet Gemeinden, die von der südwestlichen Provinz Zeeland, über die Landesmitte in den Norden nach Overijssel verlaufen. Hier leben viele strenggläubige, reformierte Christinnen und Christen, denen eine höhere Impfskepsis als anderen Teilen der Bevölkerung nachgesagt wird.
Texel: Impfquote auf den Watteninseln sehr hoch
Wie unterschiedlich die Impfquote in den Niederlanden im Extremfall ausfällt, zeigen die beiden Ausreißer der RIVM-Statistik: So sind auf der bevölkerungsarmen Watteninsel Schiermonnikoog 93 Prozent der volljährigen Bevölkerung bereits vollständig geimpft, in der Gemeinde Urk – eine der bekanntesten des Bibelgürtels – unterdessen nur 23 Prozent.
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Der Gesundheitsdienst der Region Flevoland (GGD Flevoland), in der die Gemeinde Urk liegt, glaubt aber nicht, dass religiöse Motive beim der geringen Impfquote eine tragende Rolle gespielt haben. „Das wäre wirklich zu einfach“, sagte ein Sprecher dem niederländischen Fernsehsender NOS. Eine umfassende Erklärung für die niedrige Quote hatte der regionale Gesundheitsdienst aber noch nicht.
Ein GGD-Sprecher der Region Friesland berichtete, dass auf den Watteninseln viel mit Hausärztinnen und Ärzten zusammengearbeitet worden sei. Da die Impfstoffe auf den Inseln nicht lange gelagert werden konnten, habe es bei der Bevölkerung ein Gefühl von „jetzt oder nie“ gegeben. Auch wegen der vielen Touristen auf den Watteninseln sei die Impfbereitschaft der Bevölkerung groß gewesen – um sich selbst und die Einkünfte aus der Branche zu schützen.
Impfmüdigkeit hat auch in den Niederlanden Folgen
Doch obwohl die Niederlande bei der Impfquote noch vor Deutschland liegen, hat das Land zunehmend mit Impfmüdigkeit zu kämpfen. Rund 1,8 Millionen Menschen in den Niederlanden sind noch nicht geimpft, wie Gesundheitsminister Hugo de Jonge vergangene Woche bekanntmachte. Das seien noch zu viele, den Intensivstationen der Krankenhäuser drohe erneute Überlastung.
So überlegen auch die Niederlande, wie in Deutschland und anderen Ländern eine Nachweispflicht in Freizeiteinrichtungen wie Gastronomien oder Kinos einzuführen. Bislang muss nur bei bestimmten Großveranstaltungen ein Nachweis über einen negativen Test, eine vollständige Impfung oder Genesung erbracht werden. Die Nachweispflicht könnte schon kommende Woche beschlossen werden. Eine generelle Impfpflicht lehnt die niederländische Regierung aber weiterhin ab.