Frankfurt/Main. Mitten in der Urlaubszeit wird Ryanair vom bislang größten Pilotenstreik getroffen. Das große Chaos an den Flughäfen blieb aus.
Wegen eines Pilotenstreiks in fünf europäischen Ländern sind rund 400 Flüge der Ryanair ausgefallen. Der irische Billigflieger hatte die Verbindungen vorsorglich gestrichen und die rund 55 000 betroffenen Passagiere informiert.
Deswegen blieb ein Chaos an den Flughäfen trotz Urlaubszeit aus. Mit 250 Flugausfällen war Deutschland Schwerpunkt des bislang größten Pilotenstreiks in der Geschichte des Unternehmens. Ryanair hat hier an elf Flughäfen Jets stationiert. An Standorten wie Frankfurt und Berlin blieben sämtliche Flugzeuge am Boden, und an den Schaltern herrschte gähnende Leere. Im Laufe des Tages landeten die ersten Ryanair-Maschinen aus nicht bestreikten Ländern und hoben auch wieder mit neuen Passagieren zu weiteren Zielen ab.
Rund 2000 Flüge sollen stattfinden
Auch in Schweden, Irland, Belgien und den Niederlanden legten die Piloten ihre Arbeit nieder, um bessere Arbeitsbedingungen zu erstreiten. Das Unternehmen teilte mit, dass trotz der Streiks am Freitag europaweit rund 2000 Flüge stattfinden sollten, rund 85 Prozent des ursprünglichen Flugplans. Die österreichische Ryanair-Beteiligung Laudamotion strich 20 Flüge, weil die von Ryanair ausgeliehenen Flugzeuge und Besatzungen fehlten.
In den Niederlanden war Ryanair am Vorabend mit dem Versuch gescheitert, den Streik per Gerichtsbeschluss stoppen zu lassen. Flugausfälle habe es dort aber nicht gegeben, teilte das Unternehmen mit. Nach Informationen der Pilotengewerkschaften wurden in den niederländischen Jets sogenannte Managementpiloten und nicht streikberechtigte Leih-Piloten aus Belgien eingesetzt.
Die deutsche Gewerkschaft "Vereinigung Cockpit" zeigte sich am Freitag zufrieden mit dem Verlauf des Arbeitskampfes. Eine Verlängerung über Samstagmorgen um 02.59 Uhr sei nicht geplant, sagte Sprecher Janis Schmitt. "Wir werden uns den heutigen Tag anschauen und bewerten. Wir hoffen, dass Ryanair unser Signal verstanden hat und dann zu ernsthaften Verhandlungen bereit ist." Weitere Streiks will die Gewerkschaft nicht ausschließen. "Wenn da nichts kommt, können wir uns auch weitere Aktionen vorstellen", sagte Schmitt.
Keine Info über bestätigte Flüge
Aus Sicht der Gewerkschaft hat Ryanair mit seiner umfassenden Absage der deutschen Flüge vernünftig gehandelt, da man so sämtliche betroffenen Passagiere rechtzeitig informieren konnte. Es sei durchaus auch im Sinne der Piloten, wenn Chaos an den Schaltern vermieden werde. Auch stünden die Flugzeuge nach einem Tag Pause am Samstagmorgen wieder dort, wo sie benötigt würden. In Berlin bemängelte hingegen eine Reihe von Passagieren, dass Ryanair nur diejenigen informiert habe, deren Flüge gestrichen wurden. Sie hätten sich auch eine Bestätigung für jene gewünscht, die fliegen können.
Die abgestimmte Aktion ist der bislang größte Pilotenstreik in der Geschichte der größten Billig-Airline Europas, die erst seit Ende 2017 Gewerkschaften anerkennt. Vor zwei Wochen hatten zudem Flugbegleiter in Portugal, Spanien und Belgien über zwei Tage zusammen rund 600 Flüge mit knapp 100 000 betroffenen Passagieren ausfallen lassen. Unter den europäischen Piloten haben bisher einzig die Iren an vier einzelnen Tagen die Arbeit niedergelegt. Ryanair hatte daraufhin den Abzug von sechs Jets samt 300 Arbeitsplätzen nach Polen angekündigt.
Gegenseitige Beschuldigungen
Gewerkschaften und Ryanair beschuldigen sich gegenseitig, die seit rund sechs Monaten laufenden Verhandlungen zu blockieren. Die VC will bei der irischen Gesellschaft erstmals ein System aus Vergütungs- und Manteltarifvertrag etablieren und zieht dafür andere Fluggesellschaften als Muster heran. In den Vorschlägen sind zahlreiche Details etwa zu Dienstzeiten, Versetzungen oder Fixanteilen des Gehalts enthalten. Ryanair verweist auf vergleichsweise hohe Endgehälter ihrer Kapitäne und Copiloten. Das Unternehmen will keine Vereinbarungen treffen, die sein Niedrigkostenkonzept in Frage stellen würden.
Allein am belgischen Hauptstadtflughafen in Brüssel sollten 26 von 46 Ryanair-Flügen ausfallen. Einem Sprecher zufolge sind davon sowohl ankommende als auch abgehende Maschinen betroffen. Am südlich von Brüssel gelegenen Airport Charleroi strich die Billig-Fluglinie 82 Flüge. Dort kamen rund 30 Ryanair-Piloten zu einem Sitzstreik zusammen. In Schweden strich Ryanair 22 Starts und Landungen vom Flughafen Skvasta, etwa 100 Kilometer südlich von Stockholm. Größere Probleme habe es nicht gegeben, sagte Flughafen-Geschäftsführer Peter Steinmetz. In Irland mussten 20 Flüge gestrichen werde - es ist bereits der fünfte Streiktag der Ryanair-Piloten im Mutterland der Airline. (dpa)