Berlin. Oft reichen ein paar Minuten Verspätung, dann ist der Anschlusszug weg. Die Bahn versucht zwar, daran zu arbeiten, doch bisher gelingt das nicht.
Mehr als jeder vierte Fernzug der Deutschen Bahn ist im Juli zu spät gekommen. Die Quote pünktlicher ICE und Intercity sackte auf 72,1 Prozent ab, den niedrigsten Monatswert in diesem Jahr.
Wie der Konzern mitteilte, führten die extremen Temperaturen zu mehr Störungen an Fahrzeugen und Infrastruktur. Es habe jedoch weniger hitzebedingte Ausfälle gegeben als in den Vorjahren .
Regionalzüge zum größten Teil pünktlich
Als pünktlich wertet die Bahn jeden Zug, der weniger als sechs Minuten nach der Fahrplanzeit in den Bahnhof einfährt. Auf etwa jeden achten Fernzug mussten die Fahrgäste im Juli sogar mindestens eine Viertelstunde warten, wie aus der Statistik hervorgeht. Bei Regionalzügen blieben die Werte dagegen stabil. 94,1 Prozent kamen pünktlich.
Externe Ursachen als Grund für Verspätungen
Eine Sprecherin sagte, es habe sich zwar ausgezahlt, Züge und Gleistechnik besser auf die Hitze vorzubereiten sowie mehr Mitarbeiter in Züge, Bahnhöfe, Leitstellen und Werke zu beordern.
Bundesweite Probleme für Fernreisende hätten jedoch viele externe Ursachen gebracht: ein Großbrand nach Trockenheit am 31. Juli bei Kassel, der zur Sperrung der Nord-Süd-Schnellfahrstrecke führte, ein Kabeldiebstahl bei Köln und ein Polizei-Großeinsatz am 26. Juli in Erfurt mit jeweils stundenlangen Streckensperrungen. "Allein der Fahndungseinsatz im neuen ICE-Drehkreuz Erfurt führte zu massiven Verspätungen von über 60 Zügen", sagte die Sprecherin.
Baustellen teilweise schon in Fahrpläne eingerechnet
Im Juli 2017 hatte die Bahn noch 78,5 Prozent aller Fernzüge als pünktlich zählen können, dieses Jahr liegt die Quote mehr als sechs Punkte niedriger. Vorstandschef Richard Lutz hat schon vor drei Wochen sein Ziel aufgegeben, im Jahresdurchschnitt 82 Prozent zu erreichen und eine Quote von unter 80 Prozent in Aussicht gestellt - nach einer Trendwende im zweiten Halbjahr.
Zu Verspätungen kommt es auch durch Baustellen, von denen es in diesem Jahr bis zu 800 gleichzeitig gibt. In das Schienennetz und die Modernisierung von Bahnhöfen fließt die Rekordsumme von 9,3 Milliarden Euro. Allerdings ist ein Teil der Baustellen in den Fahrplänen schon berücksichtigt.
So viele Bahnreisende wie noch nie zuvor
An vielen Knotenpunkten wird es eng, die wachsende Zahl der Züge kommt nicht mehr schnell genug durch, etwa um Köln, Hamburg und Frankfurt. Dort will die Bahn die Züge mit Spezialteams besser steuern. Zudem prüft sie, ob sie die neuen ICE4 schneller fahren lässt: 265 statt 250 Stundenkilometer. Wie schnell Züge fahren können, hängt aber auch von der Strecke ab.
Trotz der Verspätungen fahren so viele Menschen mit der Bahn wie nie zuvor. In den ICE- und Intercity-Zügen waren es im ersten Halbjahr 70,9 Millionen Reisende, 3,8 Prozent mehr im Vorjahreszeitraum.
City-Ticket ab August auch ohne Bahncard
Zusätzliche Kunden lockt die Bahn seit diesem Monat damit, dass es das sogenannte City-Ticket auch ohne Bahncard gibt. Es erlaubt Kunden, mit dem Fernverkehrsfahrschein ab 100 Kilometern am Start- und am Zielbahnhof auch in Busse, Straßenbahnen, U- und S-Bahnen zu steigen. In der Regel ist das zentrale Stadtgebiet von 126 Städten abgedeckt. Diese Einschränkung werde im Werbefilm der Bahn nicht deutlich, kritisierte der Bundesverband der Verbraucherzentralen . Der Verband mahnte die Bahn deshalb ab. (dpa)