Cottbus. Er war schon ein Tausendsassa, dieser Fürst Hermann von Pückler-Muskau - und heute kennt man ihn nur noch dank einer nach ihm benannten Eis-Kreation. Nicht so in der Niederlausitz, wo der Landschaftsgartenbauer sein Lebenswerk hinterlassen hat. Dort ist sein Name noch allseits präsent.

Wäre man kleinlich, man hätte an dieser sogenannten Gondel schon das ein oder andere auszusetzen: Auf verblüffende Weise ähnelt sie einem Spreekahn, und der groß gewachsene Gondoliere Wilfried Lösky (48) hat so gar nichts Venezianisches an sich. Noch nicht einmal das typische kleine Kofferradio steht an seiner Seite für das entsprechende Liedgut.

„Gondelfahrt“ heißt es aber hier im Park Branitz am Stadtrand von Cottbus und damit glatt 1000 Kilometer nördlich von Venedig. Wie es auch vor 150 Jahren hieß – und auch damals schon doch nur ein Spreekahn war, noch zu Lebzeiten des Fürsten Hermann von Pückler-Muskau (1785 – 1871). Der hat zwar nur als Pückler-Eis überlebt, war aber im wirklichen Leben einer der großen Landschaftsgartenbauer des 19. Jahrhunderts. Und dieses Branitz ist sein Werk. Lebens-, Alters-, Meisterwerk.

Einschließlich der künstlichen Wasserläufe, die dermaßen flach sind, dass sich Wilfried Lösky heute schenkt, die Sicherheitsvorkehrungen in aller Ausführlichkeit vorzutragen. Er verknappt sie für den unwahrscheinlichen Fall eines plötzlichen Wasser-Falls auf: „Aufstehen und weiteratmen.“ Dann muss man nur noch ab und zu den Kopf einziehen, das jedoch sehr, wenn es wieder unter einer dieser niedrigen Holzbrücken hergeht.

20.000 Setzlinge für die Wüstenei

Cottbus hat keinen Ruf als Touristenziel, dabei ist die ansehnliche Altstadt inzwischen durchsaniert und das Jugendstil-Theater eine steil bestuhlte Sensation. Und Branitz ist fast einzigartig in Deutschland: 600 Hektar Park im englischen Stil, mit großen Bäumen und weiten Flächen. Ein durchgeplantes Spiel mit Farben, Licht und Schatten, Gehölzkompositionen und immer neuen Sichtbeziehungen: Das Schloss des Fürsten Pückler etwa ist von keiner Stelle aus ganz zu sehen – zum Zwecke der Romantik. Und erst, wenn man ganz nah davorsteht, ist da kein Geheimnis mehr.

60.000 Besucher zieht das Schloss im Jahr an mit seiner Original-Ausstattung aus dem frühen 19. Jahrhundert und den wechselnden Ausstellungen (derzeit „Herrschaftszeiten! Adel in der Niederlausitz“ bis 31. Oktober). 200.000 aber tummeln sich, überwiegend an den Wochenenden, in dem Park. Man käme nie darauf, dass dies vor 1845 eine topf-ebene, fade Fläche war: Damals musste der Fürst in größter finanzieller Bedrängnis Schloss und Park im nahen Bad Muskau verkaufen und nach Branitz umziehen. Ein Jahr später bestellte er 20.000 Setzlinge für die, in den Augen des Gärtners, Wüstenei Branitz.

Ruhestätte in der Pyramide

Pückler war damals ein sehr bekannter Mann in Deutschland, vor allem als Autor: Seine Reisebeschreibungen aus England und aus dem Orient wurden Bestseller. Ach, eigentlich tat er sich auf sehr vielen Gebieten um, ein Universalgenie, möchte man fast sagen. Oder vielleicht doch nur ein Tausendsassa angesichts vieler leichtgewichtigerer Interessen: Frauen, Wein, Schreiben, Gärten, Pferde, Reisen, Ananaszucht.

Als Schöpfer von Parks freilich war er von ernsthafter Natur und brillant darin. Und das nicht nur, weil er die hohe Kunst des Großbaumumpflanzens vervollkommnete (und, nach manchem Baumtransport durch Cottbus Richtung Branitz, zerschlagene Fenster zu bezahlen hatte). Wie Branitz so ist auch der Pückler-Park in Bad Muskau eintrittsfrei zu besuchen. Er übergreift die Neiße und litt Jahrzehnte unter dem Eisernen Vorhang, zerzauste, verwilderte, ist inzwischen aber wiederhergestellt. Pückler selbst fand sein Grab in Branitz: Er und seine Frau Lucie von Hardenberg ruhen in einer aufgeschütteten und festgestampften Erdpyramide, die sich aus einem künstlichen See erhebt. Sie wird restauriert und demnächst wieder mit Wein bepflanzt, wie es auch im Original war. Man darf getrost unterstellen: Das gefällt ihm.

Reise-Infos

Anreise: Mit der Bahn (01806/99 66 33, www.bahn.de) ab dem Ruhrgebiet nach Cottbus.

Besonderheiten: Führungen, Gondelfahrten und mehr sind beim Pückler-Museum buchbar.

Veranstalter: Unterkünfte sind über die Tourismusregion Lausitz buchbar.

Kontakt: Tourismusregion Lausitz, www.lausitz.de, www.pueckler-museum.de