Der Lebensraum der Berggorillas wird durch den Menschen immer weiter eingeschränkt. In Uganda leben nur noch rund 400 Exemplare. Zahlungskräftige Touristen können sich im Bwindi Impenetrable Nationalpark auf Spurensuche begeben und die Tiere in freier Wildbahn beobachten.
Knapp zwei Stunden sind wir schon unterwegs: acht Gorillafans, ein Ranger, zwei „Gepäckträger“ und ein martialisch bewaffneter Polizist. Die vier Deutschen sind gut ausgerüstet mit rutschfesten Bergstiefeln und in farblich auf den Regenwald abgestimmter Kleidung. Die vier jungen Amerikaner trotten Bruce, dem ugandischen Führer, in abgelaufenen Turnschuhen und einer lässig in der Hosentasche verstauten Wasserflasche auf dem schmalen Bergpfad hinterher. Zu diesem Zeitpunkt können wir uns alle noch nicht so recht vorstellen, warum der Bwindi Impenetrable Nationalpark, in dem noch rund 400 Berggorillas leben, auf diesen geheimnisvollen Namen hört: Impenetrable – undurchdringlich.
Doch dann wird es allen klar. Der Ordnungshüter sammelt die hilfreichen Wanderstöcke ein, weil die Gorillafamilie, die wir besuchen wollen, sich von ihnen bedroht fühlen könnte. Die Ranger haben sie im undurchdringlichen (!) Unterholz des Regenwaldes entdeckt, wo sie – es ist Mittagszeit – emsig auf Nahrungssuche sind. Wie eine grüne Wand baut sich sperriges Gehölz auf. Bruce zückt seine Machete und schlägt notdürftig den Weg frei. Kletternd und rutschend, sich an Lianen aufwärts hangelnd, über morsche Baumstämme balancierend erobern wir uns den steilen Urwaldhang. Zu hören ist nur noch angestrengtes Keuchen und mal eine Vogelstimme.
Und dann vor uns: die Familie Mishaya. Völlig entspannt sieht sie dem Besuch ihrer engen Verwandten entgegen. Mutter und Kind entziehen sich den neugierigen Kamerablicken in einer grünen Laubhöhle. Die Halbstarken tollen in niedriger Höhe über die saftig grünen Blattdächer. Erwachsene Mitglieder der Familie beäugen die Gäste neugierig, aber ohne jede Scheu oder Angst. Ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Magisch erscheinen vielen Eindringlingen diese Augenblicke der friedlichen Konfrontation mit den Primaten, deren Genmaterial zu 98,4 Prozent dem menschlichen gleicht.
Lebensraum wird immer weiter eingeschränkt
Eine Stunde dürfen Besucher am Leben der Berggorillas im Bwindi-Nationalpark teilhaben. Neun der insgesamt 36 Gruppen sind seit den 90er Jahren an den Kontakt mit Menschen gewöhnt worden. Habituiert, wie es im Fachjargon heißt. Sie alle tragen Familiennamen und sind unterschiedlich stark, von zehn bis zu 25 Gorillas.
Die berühmten Silberrücken sind die Leittiere und Schutzpatrone der Familien. Aber auch sie, von beeindruckender Mächtigkeit, sind völlig frei von jeglicher Aggressivität und gehen ganz gelassen ihrem eigenen Lebensrhythmus nach.
Das teure Gorilla-Trekking ist nicht unumstritten. Aber wenn das Ziel nicht aus den Augen verloren werden soll, die durch Kriegswirren und Wilderei dezimierte enge Verwandtschaft der Menschen vor der Ausrottung zu bewahren, dann sollten auch ungewöhnliche Methoden zulässig sein. Denn selbst der nur auf eindrucksvolle Fotos erpichte Tourist, kann bei der holprigen Anfahrt beobachten, wie der Mensch den Lebensraum der Berggorillas immer weiter einzuschränken droht.
Kaum hat der Jeep das Örtchen Rubuguri passiert, lassen sich die terrassenartigen Ackerflächen erkennen, die die Bergbevölkerung dem Regenwald abgetrotzt hat. Und dort, wo die Gorillafamilien ihren Fressradius in die Nähe der menschlichen Siedlungen ausweiten und auch schon mal über die Bananenplantagen herfallen, wächst die Gefahr der Wilderei. Deshalb geht ein Fünftel der Einnahmen des Nationalparks an die umliegenden Dörfer. Und zusätzlich sind die Mitarbeiter
des Nationalparks, der seit 20 Jahren von der Unesco als Weltnaturerbe anerkannt ist, unermüdlich bemüht, ihren Landsleuten zu erklären, wie eng die touristische Attraktivität ihres Landes mit der Existenz der letzten Berggorillas zusammenhängt.
Schimpansen bauen Nester in Bäumen
Der alte Churchill hatte Uganda einst als „Perle Afrikas“ gepriesen. Das soll es bleiben, erst recht nach dem Ende der britischen Kolonialherrschaft.
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Wen es danach verlangt, seine nächsten Verwandten zu besuchen, hat in Uganda freilich auch die Chance, dies mit geringerem finanziellen und körperlichen Einsatz zu erreichen. Im Kibale-Nationalpark gleicht der Gang zu den Schimpansen mehr einem Spaziergang, wenngleich er höhere Anforderungen an die Nackenmuskulatur stellt. Denn die Schimpansen bewegen sich vorzugsweise hoch in den Bäumen des Waldes. Dort bauen sie ihre Nester, dort säugen sie in schwindelnder Höhe ihren Nachwuchs und von dort oben entleeren sie auch schon mal ihre Blase.
Das überrascht nicht selten die aufgeregt in die Höhe starrenden Besucher. Mit dieser Art Niederschläge haben sie nicht gerechnet. Die Ranger dagegen nehmen es locker. Als sie kleine Spritzer abbekommt, juchzt Rangerin Dorothy, der die Kalaschnikow lässig von der Schulter baumelt, dass es Glück bringe. Und auch den routinierten Studiosus-Reiseleiter erschüttert das freizügige Affenverhalten nicht.
Geschütztes Gebietfür die Schimpansen
Zum Beleg dafür, wie intensiv sich in Uganda um die verwandten Primaten gekümmert wird, werden auf der Insel Ngamba im Victoria-See verwaiste und verletzte Schimpansen gehegt und gepflegt. Ngamba war bis in die 90er Jahre eine Fischerinsel, bis sie vom Uganda Wildlife Education Trust erworben wurde, um Schimpansen ein geschütztes Gebiet zur Verfügung zu stellen. Fast 50 Schimpansen, oft traumatisiert, weil als Haustier gehalten oder den Essgewohnheiten im benachbarten Kongo entronnen, leben frei im Inselwald. Vor den Elektrozäunen wohnen und arbeiten die Betreuer. Aus Sicht der Schimpansen sind sie und die Besucher die Lebewesen, die im Käfig gehalten werden.
Noch suchen die Schimpansenhüter landesweit nach einem größeren Stück Wald, in das sie ihre Zöglinge auswildern können. Dass diese Suche bisher erfolglos geblieben ist, zeigt, wie schlecht es trotz aller Bemühungen um die Lebenschancen unserer engsten Verwandten bestellt ist. Hakuna matata, kein Problem – so würden Ugander auf Suaheli die Situation kommentieren und jedermann wüsste, dass es sehr wohl ein Problem ist.