Hamburg. Millionen von Reisende sammeln Bonusmeilen bei den Fluggesellschaften. Die meisten von ihnen sparen auf einen Schnäppchenflug. Einem kleinen Kreis von Vielfliegern dagegen ist nur ihre goldene oder silberne Vielflieger-Karte wichtig, mit der sie viele zusätzliche Privilegien ergattern.
Wolfgang Kiécks größtes Schnäppchen war die USA-Reise. In der Business Class mit Liegesitzen von Hamburg nach Miami und weiter nach Kanada. "Der Flug hätte 7000 Euro gekostet, wir haben 500 bezahlt", sagt er. Zwei Jahre haben die Kiécks dafür in ihrem Stamm-Supermarkt eingekauft, um Treuepunkte zu sammeln, die sie in Meilen umwandeln können. Sie haben mit der Kreditkarte bezahlt und dafür Meilen erhalten. Sie haben den Handyvertrag gewechselt, "das gibt jedes Mal 15.000 Meilen", und das Zeitungsabo (22.000 Meilen). "Da muss man ein bisschen hinterher sein", sagt er.
Wolfgang Kiéck ist eines von mehr als 25 Millionen Mitgliedern bei Lufthansas Miles and More, dem größten Treueprogramm einer Airline in Europa. Bei United Airlines sammeln sogar mehr als 90 Millionen Menschen Flugmeilen, erklärt Ravindra Bhagwanani. Der Chef des Beratungsunternehmens Global Flight hat sich auf Vielflieger-Programme spezialisiert. Die Flugmeilen seien eines der wichtigsten Marketinginstrumente von Fluggesellschaften geworden, erklärt Bhagwanani. So binden sie die Meilensammler an sich, und damit die kleine Gruppe von wirklich profitablen Kunden: die Vielflieger.
Mehr als 200 Vielflieger-Programme gibt es weltweit. Das Grundprinzip ist immer gleich: Man erhält für seine Flüge Bonusmeilen, die man für Rabatte, Prämien oder Privilegien eintauscht. Die Details unterschieden sich aber erheblich, sagt Bhagwanani.
Bei Miles and More etwa erhalten die Kunden auf jedem Flug Status- und Prämienmeilen. Prämienmeilen kann man sich auch verdienen, indem man bei den 350 Partner-Unternehmen zum Beispiel Hotels oder Mietwagen bucht. Statusmeilen kann man sich nur erfliegen. Sie sind die wahre Währung der Vielflieger.
Bei 35.000 Statusmeilen im Jahr steigt der gewöhnliche Reisende zum Frequent Traveller auf, ab 100.000 Meilen darf er sich die Senator-Karte ins Portemonnaie stecken. Und wer innerhalb von zwei Jahren 600.000 Meilen sammelt, wird HON Circle Member.
Eintritt in eine Welt der Privilegien
Selbst den Status des Frequent Travellers erreicht nur ein Bruchteil der 25 Millionen Meilensammler. Schließlich muss man dafür mindestens zweimal pro Jahr in der Business Class von Deutschland nach New York und zurück fliegen. Das silberne Kärtchen ist der Eintritt in eine Welt der Privilegien. Mit ihr checkt man am Business-Class-Schalter ein, auch wenn man nur für 99 Euro in der Holzklasse nach Rom fliegt. Man nimmt die Fast Lane an der Sicherheitskontrolle, und man wird bevorzugt behandelt, wenn man den Flug umbuchen muss. Am wichtigsten sind den meisten Statuskunden aber zwei Dinge: Upgrades in die Business- oder First-Class und der Zutritt zu den Business Lounges.
Einigen Geschäftsreisenden ist ihr Status so wichtig, dass sie mit günstigen Tickets irgendwohin fliegen, Hauptsache weit weg, gerne mit Umwegen. Alles nur, um Meilen zu sammeln. Mileage Run nennen Experten das Phänomen. Um solche absurden Auswüchse zu erübrigen, bieten einige Fluggesellschaften Statusmeilen nun zum Kauf an.
Programme nur für regelmäßig Reisende interessant
"Wirklich interessant sind die Programme tatsächlich nur für regelmäßig Reisende mit mindestens zehn Kurzstreckenflügen pro Jahr, zwei Langstreckenflügen in der Economy Class oder einem in der Business Class", sagt Ravindra Bhagwanani. Denn nur so sammle man genug Meilen, um mal eine Prämie zu ergattern.
Economy-Class-Flüge lohnten sich als Prämie allerdings kaum noch, sagt Kiéck. "Nach San Francisco zahlt man zum Beispiel immer noch 550 Euro für die Gebühren. Und sonst kostet der Flug 800 Euro." Sinnvoller sei es, seine Meilen einzusetzen, um kurzfristig einen Flug zu ergattern.
Wolfgang Kiéck wird das nicht passieren. Er wird sich schon bald für seinen nächsten Business-Class-Flug anmelden. 83.000 Meilen fehlen ihm noch, eineinhalb Jahre, schätzt er. Dann geht's nach Australien. (dpa)