Essen. Bei einer Infektion mit dem Chikungunya-Fieber drohen Gelenkschmerzen und hohes Fieber. Bisher kam die durch Stechmücken übertragene Virusinfektion nur in Afrika und Asien vor. Doch Experten befürchten, dass der Erreger bald auch in Deutschland ideale Überlebensbedingungen vorfinden könnte.

Die winzige Stechmücke Stegomyia albopicta ist nur fünf Millimeter groß, aber so aggressiv wie kaum eine andere. Für gewöhnlich sticht sie tagsüber. Und selbst dicke Kleidung hindert sie nicht daran, bei ihren Opfern Blut zu saugen. Das allein wäre noch nicht so schlimm, wenn das winzige Insekt nicht gleich zwei Krankheiten übertragen würde: das Dengue-Fieber und die derzeit sich weltweit ausbreitende Infektionskrankheit Chikungunya-Fieber.

Bislang kam die Virusinfektion ausschließlich in Afrika, Asien, auf dem indischen Subkontinent und auf einigen Inseln im Indischen Ozean und im Pazifik vor. Doch seit Ende vergangenen Jahres müssen Mediziner ihre Verbreitungskarten neu zeichnen. Im Dezember 2013 wurde auf verschiedenen Karibik-Inseln von Infektionen berichtet – die ersten bekannten Übertragungen in der Neuen Welt. Bald könnte der Erreger auch in Deutschland die Bedingungen vorfinden, die er benötigt, um sich auszubreiten.

Chikungunya wird von der Asiatischen Tigermücke übertragen. Erstmals wurde das Virus 1952 in Tansania nachgewiesen. Seinen Namen verdankt es dem Bantu-Volk der Makonde, in dessen Sprache Chikungunya so viel bedeutet wie „gebeugter Mann“. Nach einer Inkubationszeit von drei bis sieben Tagen löst das Virus beim Infizierten hohes Fieber und starke Gelenkschmerzen aus – so stark, dass sich der Patient oft kaum noch aufrecht halten kann. Andere häufige Symptome sind Muskel- und Gliederschmerzen, Lymphknotenschwellungen, Hautrötungen, Kopfschmerzen und Schleimhautblutungen in Nase oder Mund.

Tigermücke auf dem Sprung über die Alpen

Von Tansania breitete sich das Virus auf weite Teile Afrikas, Südostasiens und auf die Inseln im Indischen Ozean aus. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu Epidemien, 2005 zum Beispiel auf La Réunion, Mauritius, den Seychellen und Madagaskar. 2006 erkrankten im Süden Indiens sogar mehr als eine Million Menschen.

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Längst beschäftigt das Fieber auch Ärzte in Deutschland, etwa den Münchner Tropenmediziner Nikolaus Frühwein. In seiner Praxis in der Münchner Innenstadt hat er bereits mehrere Fälle behandelt, die von Reisenden eingeschleppt wurden. „Chikungunya ist nicht so gefährlich wie Dengue-Fieber, aber extrem unangenehm, weil es so schmerzhaft ist“, sagt Frühwein. „Einen Impfstoff gibt es nicht. Man kann die Krankheit nur symptomatisch durch die Gabe schmerzstillender und fiebersenkender Mittel behandeln.“ Zur Vorbeugung rät der Tropenmediziner dazu, Mückenstiche durch den Einsatz von Repellents (Mückenschutzlotionen), gegen Insekten imprägnierte Kleidung und Moskitonetze zu benutzen.

Glaubt man den Experten, könnten sich schon bald auch hierzulande Menschen mit Chikungunya infizieren. In einigen Regionen Italiens, Frankreichs, Spaniens, Kroatiens und Griechenlands hat die Asiatische Tigermücke bereits eine neue Heimat gefunden. Bereits im Herbst 2007 kam es in Italien in der Provinz Ravenna zu einem Ausbruch des Fiebers mit mehr als 200 registrierten Fällen.

Todesfälle sind nur sehr selten

Dass der Erreger den Weg über die Alpen schafft und sich auch hier ausbreitet, ist nur eine Frage der Zeit. 2007 wurden in Baden-Württemberg erstmals Eier einer Tigermücke entdeckt. 2011 und 2012 konnten in Baden-Württemberg und Bayern sogar lebende Exemplare gefangen werden, meist in der Nähe von Autobahnraststätten. Vermutlich wurden sie über den Warenverkehr als blinde Passagiere eingeführt. Schreitet die Klimaerwärmung weiter voran, könnten schon in wenigen Jahren Asiatische Tigermücken in Deutschland ideale Lebensbedingungen vorfinden, so Experten.

Zwar gibt es auch eine Form des Fiebers, bei der es beim Infizierten zu lebensbedrohlichen Blutungen kommt, „Todesfälle sind bei Chikungunya bislang jedoch sehr selten“, beruhigt Tropenmediziner Frühwein. Bei den meisten Patienten klinge die Krankheit nach ein bis zwei Wochen von selbst wieder ab, und es blieben keine Schäden zurück. Fünf bis zehn Prozent der Infizierten aber leiden nach Auskunft des Berliner Robert-Koch-Instituts als Folge der Erkrankung monatelang, in seltenen Fällen sogar jahrelang unter Gelenkbeschwerden.

Immerhin: Wer sich einmal damit infiziert und die Krankheit überstanden hat, der ist nach Ansicht vieler Mediziner ein Leben lang gegen sie immun und steckt sich kein zweites Mal an.