Essen. . Fahrplanwechsel? Nicht wenige Reisende dürften der Meinung sein, dass die Bahn kommt, wann sie kommt - wenn sie kommt. Doch es gibt einen Fahrplan und der wechselt alljährlich. Seit diesem Sonntag hat sich einiges bei der Bahn geändert. Im Blick ist dabei die Preisgestaltung. Die ist mitunter bizarr.

Im Film "Zugvögel" spielt Joachim Król einen Bahn-Nerd der es im fernen Norden Finnlands bei einem Wettbewerb der Kursbuch-Kenner bis in die Endrunde schafft und von Peter Lohmeyer verfolgt wird, in der Rolle eines Polizisten. Wer versucht das Preissystem der Deutschen Bahn auswendig zu lernen, könnte tatsächlich ein Fall für die Polizei werden: Denn die Preisgestaltung kann einen in den Wahnsinn treiben. Auch mit dem Fahrplanwechsel an diesem Sonntag ändert sich das nicht.

Manche Tickets sind mit dem Fahrplanwechsel ab diesem Sonntag teurer - das aber hängt von den Strecken ab. Erst seit dem frühen Morgen sind die aktuellen Preise auf bahn.de abrufbar. Im Vorfeld verbreitete Berechnungen der Bahn AG listeten Veränderungen zwischen 2,2 und 3,6 Prozent auf. Unverändert bleiben die Preise "auf den am stärksten vom jüngsten Elbe-Hochwasser betroffenen Verbindungen von Köln beziehungsweise Düsseldorf nach Berlin". Vorerst.

Elf verschiedene Preise auf einer Bahn-Verbindung

Wer's beim Ticketkauf möglichst einfach haben will, bucht zum "Normalpreis". Das ist aber meist der teuerste Weg in den Zug. Wer aber Geld sparen will, für den hat die Bahn den "Sparpreis" erfunden. Die Bahn versichert, "das Sparpreiskontingent ist mit dem Fahrplanwechsel nicht gesenkt worden". Doch Zugauswahl und Schnäppchenjagd sind ein zeitfüllendes Abenteuer.

Da kann dann die Fahrt einer vierköpfigen Familie in ein und demselben Zug sieben Preise aufweisen. Je nachdem ob, welche und wenn wie viele Rabattmöglichkeiten (Bahncard 25, Bahncard 50) man mit "Normalpreis" oder "Sparpreis" kombiniert. Aber die Bahn wäre nicht die Bahn, würde dieser Preis nicht auch noch davon abhängen, zu welcher Tages- und Wochenzeit den Zug fährt, den man nehmen will.

Ein Beispiel:

Nachfrage bestimmt den Preis - je nach "Relation" 

Die bloße Preissuche für eine Verbindung von Essen nach Hamburg am 23. Dezember offenbart elf verschiedene Preise für die gleiche Strecke, gesucht für drei unterschiedliche Zugverbindungen zwischen 12 und 15 Uhr Abfahrtszeit. Bizarr: Die schnellste Verbindung muss nicht die teuerste sein und die langsamste nicht die günstigste.

"Die Bahn hat Relationspreise", sagt Lothar Ebbers, Sprecher der Vereinigung Pro Bahn in NRW. Das bedeutet: Fahrkarten-Preise hängen vor allem von der Nachfrage auf der Strecke ab, vom Zug-Angebot - und von der Frage "wie schnell wäre das Auto"? Sparpreise variieren zudem, je nachdem wie weit im Voraus man bucht. Zwischen drei Monate und drei Tage vor Reisebeginn sind Sparpreise zu haben - ab 29 Euro im Fernverkehr; aber auch diese Preise variieren. Zudem kann die Bahn jederzeit aufgebrauchte Kontingente günstiger Tickets ausweiten, sagt Ebbers - oder verknappen: "Wie die Bahn ihre Preise berechnet ist ihr Geschäftsgeheimnis". Bei der Bahn heißt es dazu knapp: "In weniger vollen Zügen gibt es mehr Sparpreise, in vollen weniger".

Bahn empfielt "umfassende Preisauskunft im Reisezentrum"

"Durch die zunehmende Nutzung von Sparpreisen und sonstigen Kurzfrist-Angeboten empfehlen wir Reisenden eine qualitativ umfassende Preisauskunft, die bspw. nur im Reisezentrum, unter bahn.de oder am Automaten möglich ist", teilt die Deutschen Bahn ihren Kunden mit. Und sie gab mit Blick auf den anstehenden Fahrplanwechsel an diesem Sonntag noch den Hinweis, dass ganz Findige noch bis Samstagnach beim Ticketkauf die alten und zum Teil etwas günstigeren Preise zahlen konnten. Wobei die Bahn warnte: "Die Online-Buchung wird vom 14.12. von 23 Uhr bis 15.12., 05.00 Uhr nicht zur Verfügung stehen."

Die Konkurrenz von Wettbewerbern hat laut Bahn "keinen Einfluss" auf die aktuelle Preisgestaltung, sagte eine Bahn-Sprecherin auf Anfrage. Der Schienen-Konkurrent HKX etwa verlangt für die Verbindung Essen-Hamburg am 23. Dezember zwischen 106 und 146 Euro für eine vierköpfige Familie (Suchzeitpunkt: Freitag-Nachmittag). Mit 3:40 Stunden ist der "Hamburg-Köln-Express" laut Fahrplan etwa zehn Minuten später am Ziel als die langsamste der direkten Bahnverbindungen im ICE.

Bahn sieht sich gegenüber Fernbus "konkurrenzfähig"

Genau im Blick hat man bei der Bahn AG das seit diesem Jahre wachsende Fernbus-Netz in Deutschland. Deren Verbindungen orientieren sich stark an dem der Bahn-Hauptachsen, sagt Pro-Bahn-Mann Lothar Ebbers. Wer von Essen nach Hamburg reisen will, kann dazu mittlerweile auch den Fernbus nehmen. Eine vierköpfige Familie würde beim Anbieter Flixbus am 23. Dezember noch Platz finden. Das Ticket kostet insgesamt 70 Euro. Zuschläge für zusätzliches Gepäck nicht eingerechnet. Fahrtzeit laut Fahrplan etwa 3:40 Uhr Stunden.

Ob Fernbusse künftig Auswirkungen auf die Preisgestaltung der Bahn haben? Die Bahn teilt mit, "wir werten gerade aus", wie sich die Fernbus-Konkurrenz auf die Zahl der Bahnkunden auswirkt. "Fernbus-Kunden sind sehr preissensibel", sagt eine Bahnsprecherin. Die Bahn sehe sich da aber mit Blick auf ihre Sparpreise "konkurrenzfähig", zumal "wir auf vielen Strecken schneller unterwegs sind als der Fernbus".

Infos zum Fahrplanwechsel