Christchurch. Im Februar 2011 erschütterte ein schweres Erdbeben die neuseeländische Stadt Christchurch. 185 Menschen kamen ums Leben, große Teile der Stadt wurden zerstört. Langsam wagen sich die Touristen zurück.

Touristen in knalligen Warnwesten radeln vorbei an abgesperrten Straßen und beschädigten Gebäuden. Auf leeren Bauflächen standen vor nicht allzu langer Zeit noch Häuser und Geschäfte. Bauzäune halten vom Betreten einsturzgefährdeter Häuser ab. Ruinen werden von aufeinandergestapelten Containern gestützt.

Vor Februar 2011 war Christchurch auf Neuseelands Südinsel ein Juwel. Die zweitgrößte Stadt des Landes zog jedes Jahr Tausende Touristen an. Nach einer Serie von Erdbeben änderte sich alles. Bei einem Beben der Stärke 6,3 am 22. Februar starben 185 Menschen. Christchurch ist heute eine Stadt im Übergang, zwischen Katastrophe und Neuanfang.

Erdbeben riss große Lücken

Die Stadt sei zum Teil in einem schlechten Zustand, gibt der Tourismuschef von Christchurch, Tim Hunter, zu. "Es gibt große Lücken. Es sieht aus wie bei einem Menschen, dem die Vorderzähne ausfallen." Vor allem im Stadtzentrum, das bis Ende Juni abgeriegelt war und nicht betreten werden durfte. Es galt als zu gefährlich.

Touristen können nun mit dem Fahrrad, Bus oder einer wiederhergestellten Straßenbahnlinie das Ausmaß der Zerstörung besichtigen. Sie sehen die von einem japanischen Architekten entworfene neue Kathedrale aus Pappe, eine Gedenkstätte für die Opfer und das Gelände des örtlichen Fernsehsenders Canterbury Television. Beim Einsturz des Gebäudes kamen 115 Menschen ums Leben.

Diese Art von Tourismus ist umstritten: "Ich finde, es ist schon etwas respektlos, jedem Dahergelaufenen zu zeigen, wo mehr als 100 Menschen gestorben sind", schrieb ein Bewohner auf der Internetseite der Gemeinde. Auch für ihn als Besucher sei es komisch gewesen, sagte der Australier Benji Gersh nach seiner Fahrradtour: "An einigen Orten wollte ich nicht fotografieren, denn das schien ziemlich bizarr."

Wiederaufbau-Tour

Vor allem Neuseeländer seien an der Wiederaufbau-Tour interessiert, sagt die Veranstalterin der Fahrradtouren, Stephanie Fitts. "Als wir damit begannen, hatten wir zwei Besucherinnen aus Deutschland, die keine Ahnung hatten, in welchem Zustand die Stadt war. Sie hatten das Gefühl, in einem Kriegsgebiet gelandet zu sein", erzählt sie.

Der Reiseführer "Lonely Planet" nahm Christchurch 2013 in seine Top-Ten-Liste sehenswerter Städte auf - vor allem wegen des unerschütterlichen Wiederaufbauwillens der Bewohner, ihrer Kreativität und des Erfindergeistes, mit dem sie ihre Lage meistern. Fremdenführerin Jackie Sheehan etwa zeigt auch Humorvolles und Kurioses, wie eine verlassen dastehende Toilette - neben der eine Homer-Simpson Figur steht.

Man müsse Touristen ehrlich sagen, was sie in Christchurch erwarte, sagt Tourismuschef Hunter. "Es ist eine Stadt im Übergang, das müssen wir klar kommunizieren." Die Stadt wolle aber weitermachen: So gebe es zum Beispiel jetzt viele Kurzzeit-Bars, eine Freiluft-Tanzbar und ein Projekt, das durch das Beben entstandene Baulücken mit Minigolfanlagen oder Saunas füllt.

Das Leben muss weitergehen

Dass Touristen dem Aufbau im Weg stünden, sei nicht wahr, behauptet Hunter. Und Voyeure seien sie auch nicht. "Wir sprechen gerne über die jüngste Vergangenheit, auch wenn alles schwierig war." Respekt für die Opfer sei die eine Sache. Natürlich werde es auch Gedenkstätten geben, die der Schwere der Tragödie gerecht werden, sagt Hunter. Aber: "Christchurch ist eine große Stadt mit 360.000 Einwohnern, und das Leben muss weitergehen." (dpa)