Brüssel. Ein Vorschlag der EU-Kommission zur Neuregelung der Dienstzeiten für Piloten ist am Montag im Verkehrsausschuss des EU-Parlaments durchgefallen. Das Regelpaket würde zu zu langen Arbeitszeiten und damit zu “nicht hinnehmbaren Risiken“ führen. Es ist demnach fraglich, ob die neuen Regeln wie geplant 2015 in Kraft treten können.

Die Pilotenvereinigung Cockpit hat im Kampf um längere Ruhezeiten einen Etappensieg erzielt: Ein Vorschlag der Europäischen Flugsicherheitsagentur EASA, der nach Ansicht der Fluglenker-Gewerkschaft unvertretbare Risiken wegen Übermüdung bedeuten würde, scheiterte im Verkehrsausschuss des Europa-Parlaments. Damit ist fraglich, ob die neuen Arbeitszeitregeln wie geplant 2015 in Kraft treten können.

Schnarchgeräusche aus dem Cockpit sind nur im Kino lustig. In der Realität gilt: Bloß das nicht. Im Luftverkehr hat die Sicherheit absoluten Vorrang. Darüber sind sich alle Beteiligten einig. Doch nicht in der Frage, was das im konkreten Fall für die Arbeitzeiten heißt. Wie ausgeschlafen muss einer sein, der Hunderte Reisende durch den Luftraum steuert? Wie viel Ruhezeiten braucht er, und wie muss die verteilt sein? Darüber sind die Flugkapitäne mit ihren Arbeitgebern zutiefst zerstritten. 

Viele Piloten kennen Müdigkeitsanfälle im Cockpit

Der Europäische Cockpit-Verband (ECA) verweist auf die ständig gestiegene Arbeitsverdichtung und Belastung, für die der immer schärfere  Wettbewerb am Himmel gesorgt habe. Das Risiko werde durch Studien bestätigt.

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Etwa eine umfangreiche Erhebung, in der zwischen 2010 und 2012 mehr als 6000 Piloten aus Deutschland und sieben weiteren europäischen Ländern befragt wurden. Die Mehrzahl berichtete von Müdigkeitsanfällen während eines Fluges. Und immerhin ein Drittel gab zu Protokoll, schon einmal im Cockpit eingedöst zu sein oder unfreiwillig einen Sekundenschlaf erlebt zu haben. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) hält dagegen: Übermüdung komme als Faktor bei Flugzeugabstürzen nur in ganz wenigen Ausnahmefällen in Betracht.

EASA will einheitliche Standards schaffen

Vor diesem Hintergrund sollen die Vorschläge der EASA erstmals einen lückenlosen einheitlichen Standard schaffen, der für das Bordpersonal (also auch die anderen Crew-Mitglieder) europäischer Fluglinien gilt. Zwei Punkte vor allem sind umstritten: Die maximale ununterbrochene Arbeitszeit eines Piloten und die maximale Nachtflugzeit.

Tagsüber dürfte die Flugdienstzeit (das ist der gesamte Aufenthalt im Cockpit) nach dem EASA-Konzept höchstens 14 Stunden betragen, zusammen mit einer Schicht Bereitschaftsdienst auf dem Flughafen 16 Stunden. Wenn man dazu noch einmal sechs Stunden Bereitschaft zuhause rechnet, kommt man auf eine Gesamtdauer von 22 Stunden. So lange habe ein Pilot womöglich kein Auge zugetan, wenn er zur Landung ansetze, kritisiert Cockpit. Aus Sicht der Unternehmen ist das ein konstruierter, völlig realitätsferner Fall. Der Pilot könne schlafen, wenn er zuhause Bereitschaftsdienst habe.

Piloten verlangen Höchstgrenze von zehn Stunden bei Nachtflügen

Die Höchstgrenze bei Nachtflügen soll künftig elf Stunden betragen, eine Dreiviertelstunde weniger als die derzeitige Höchstgrenze. Die Pilotenvereinigung verlangt indes ein Limit von zehn Stunden. Das entspreche dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis. Die Airlines bestreiten das. Sicher sei hingegen, dass es bei einer Zehnstunden-Grenze auf langen Strecken teurer werde, weil man Ersatz-Crews einsetzen und zusätzliche Zwischenstopps einlegen müsse.  

Der BDL sieht in der Kampagne der Piloten eine unzulässige Vermischung zweier getrennter Aspekte. Cockpit argumentiere mit der Sicherheit, tatsächlich gehe es dem Interessenverband aber um ein schlichtes gewerkschaftliches Anliegen: Arbeitzeitverkürzung.

Nach der Ablehnung durch den Verkehrsausschuss geht die Vorlage nun im Oktober ins Straßburger Parlamentsplenum. Fällt sie auch dort durch, ist sie endgültig gescheitert.