Paris. . Die Ferienkolonien sollten einst Kindern in Frankreich ihren Urlaub sichern. Jeder sollte sich diese Kolonien leisten können, egal aus welcher Schicht die Eltern stammten. Inzwischen kommen immer weniger Kinder in die Ferienkolonien, vor allem Kinder aus einkommensschwachen Familien können sich die Urlaube oftmals nicht mehr leisten.

Urlaub mit Gleichaltrigen und vor allem ohne die ewig nervenden Eltern: Für Millionen junger Franzosen wurde dieser Wunsch in den Ferienlagern "Colonies de Vacances" zur Wirklichkeit. In Frankreich sind die "Colos" eine feste Institution, doch immer weniger Eltern schicken ihre Kinder im Sommer in eine solche Ferienkolonie. Ein Parlamentsaussschuss beklagte kürzlich in einem Bericht einen wahren "Einbruch" bei den Teilnehmerzahlen. Doch darüber, wie die Ferienkolonien vor dem Niedergang gerettet werden können, herrscht in Frankreich keine Einigkeit.

Ob beim Wandern in den Bergen, beim Segeln an der Atlantikküste oder beim Zelten an einem See - in Frankreichs Sommerferien sind die jungen Urlauber der "Colonies de Vacances" überall anzutreffen. Zahlreiche Filme greifen die Abenteuer in den Ferienkolonien auf, der bekannte Chansonnier Pierre Perret setzte ihnen mit dem Publikumserfolg "Les Jolies Colonies de Vacances" ("Die schönen Ferienkolonien") in den 60er Jahren ein ironisches Denkmal.

Gemeinnützige Verbände organisieren die Reisen

Damals erlebten die Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen Ferienkolonien ihre Blütezeit. Der französische Staat wollte, dass möglichst viele Kinder verreisen können, und förderte die Lager massiv. Im Laufe der Jahrzehnte wurde das Angebot immer bunter und etwa um Skiurlaube erweitert. Veranstaltet werden die Reisen bis heute fast ausschließlich von gemeinnützigen Verbänden und Vereinen sowie von den Gemeinden, Départements und Regionen.

Ausgerechnet wenige Tage nach Beginn der Schulferien schlug jetzt aber der Parlamentsausschuss für Kultur und Erziehung Alarm: Demnach hat sich der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die in Ferienkolonien fahren, seit 1995 nahezu halbiert, von damals 14 Prozent auf heute 7,5 Prozent. Ein Grund: Die einst so günstige Ferienalternative ist richtig teuer geworden. Zwischen 400 und 600 Euro müssen Eltern für ein Kind zahlen, das sie eine Woche in ein Ferienlager schicken wollen.

Der Preisanstieg liegt unter anderem darin begründet, dass die früher doch recht einfachen "Colonies de Vacances" inzwischen mit den Urlaubsreisen privater Anbieter konkurrieren. "Früher war es bei den Colos so: Man lebt in einer Gruppe, wandert durch den Wald und geht vielleicht schwimmen, und alle sind zufrieden. Heute ist das nicht mehr so", sagt Olivier Ducelier vom Ferienlagerveranstalter VIVA Vacances dem Radiosender RMC. "Wir sind gezwungen etwas anzubieten, das alle umhaut, sonst kommen die Kinder nicht."

Kinder aus ärmeren Familien könne sich Urlaube oft nicht leisten

In der Nationalversammlung macht sich nun die Sorge breit, dass vor allem Kinder aus Familien mit unterdurchschnittlichen und mittleren Einkommen nicht mehr in den Urlaub fahren können. Denn ihnen bleiben staatliche Hilfen und die Angebote sozialer Einrichtungen verwehrt, auf die Kinder aus ärmeren Familien ein Anrecht haben.

Einen ganzen Maßnahmenkatalog hat der Parlamentsausschuss daher vorgeschlagen, um die Ferienkolonien vor dem Aussterben zu bewahren und wieder für breitere Schichten erschwinglich zu machen. An einen "Rettungsfonds" dachten die Abgeordneten, finanziert durch eine Sonderabgabe auf Übernachtungen in Luxushotels, die zwischen zwei und sechs Prozent betragen und 100 bis 200 Millionen Euro einbringen könnte. Frankreichs Hotelsektor lief - wenig überraschend - Sturm gegen die Pläne.

Jugendministerin Valérie Fourneyron beeilte sich zu versichern, dass die Regierung keine neue Abgabe erheben wolle. "Die oberste Priorität ist es, die Kosten zu senken, ohne die Qualität und den Anspruch an das erzieherische Projekt zu senken." So sollen mit der Staatsbahn SNCF preiswertere Zugtickets ausgehandelt, in den Ferien geschlossene Schulen sollen als Unterkünfte genutzt werden. Denn eine Zahl erscheint im Tourismus-Land Frankreich nicht akzeptabel: Von den Kindern und Jugendlichen fährt derzeit jeder Vierte gar nicht in den Urlaub.