Abu Simbel. Mit neuem Komfort zu Nubiens (noch) unbekannten Schätzen: Nur die 280 Kilometer lange Fahrt mit dem Kabinenschiff von Assuan nach Abu Simbel lässt ahnen, wie sich die Pharaonen gefühlt haben, wenn sie auf ihren Barken an dem gigantischen Tempel vorfuhren.

Kapitän Mohamed Ebrahim (62) hat „Schleichfahrt” befohlen: „Die Gäste wollen diesen Augenblick möglichst lange auskosten.” Die „MS Jaz Omar Khayam”, neuestes Kabinenschiff auf dem Nassersee, fährt in Zeitlupentempo auf den Tempel von Abu Simbel zu. Es ist einer der Momente, für die Menschen viele 1000 Kilometer reisen.

Der Bug auf dem Sonnendeck wird zur Loge. Alle drängen sich an der Reling. Die Lautsprecher spielen Verdis „Aida”, die Geschichte der unsterblichen Liebe einer nubischen Prinzessin und eines Heerführers des feindlichen Pharao. Von großen Gefühlen erzählt auch Abu Simbel, wo Ramses II. neben seinem eigenen auch einen Tempel für seine Lieblingsfrau Nefertari bauen und sie so den Göttern gleichstellen ließ. Es ist 12 Uhr mittags, die Tempel stehen in gleißendem Sonnenlicht.

Nassersee-Flotte mit neuer Komfort-Dimension

Das Szenario mag kitschig sentimental sein, aber ein Reiseführer erkannte richtig: „Selbst hart gesottene Nicht-Romantiker werden diese ergreifenden Momente im Leben nicht vergessen.” Seit vielen Jahren ist Abu Simbel Ziel von Ausflügen per Bus oder Flugzeug. Aber nur die 280 Kilometer lange Fahrt mit dem Kabinenschiff von Assuan nach Abu Simbel lässt ahnen, wie sich die Pharaonen gefühlt haben, wenn sie auf ihren Barken an dem gigantischen Tempel vorfuhren.

Die Nassersee-Flotte hat mit der „Omar Khayam” eine neue Komfort-Dimension erreicht. Das 112 Meter lange Schiff hat auf fünf Decks nur 80 große Kabinen, alle mit Balkon, zwei luxuriöse Lounges, einen „Health Club” und eine Arzt-Station. Die meisten Gäste haben zuvor auf einem der 300 Nil-Kabinenschiffe die „touristische Rennstrecke” Luxor-Assuan befahren und die Tempel von Karnak, Luxor, Hatschepsut, Edfu, Kom Ombo und Philae gesehen. Reisen auf dem Nassersee haben jedoch eine ganz eigene Dramaturgie.

Ein gutes Fernglas gehört hier dazu

Die Vogelschwärme, die den Sonnenaufgang mit einem Rundflug begrüßen. Das Farbenspiel über der Wüste, das sich von Tag zu Tag ändert. Die Ruhe, die mangels Netz nicht einmal durch Handys unterbrochen wird. Die Weite des Sees, auf dem alle paar Stunden mal ein Fischerboot auftaucht. Ein gutes Fernglas gehört hier zum notwendigen Equipment. Als der Hochdamm in Assuan gebaut wurde, der den Nil zu dem See aufstaute, wurden alle nubischen Dörfer evakuiert. Deshalb sind die Ränder des Sees, der zehn Mal so groß ist wie der Bodensee, nahezu menschenleer. Langweilig wird es dennoch nicht. Kapitän Mohamed bittet auf die Brücke. Im Schneidersitz hockt er auf seinem Thron. Eine Schule hat er nie besucht, aber weil er 16 Jahre tadellos ein Kabinenschiff auf der Strecke Luxor - Assuan führte, wurde ihm das neue Luxusschiff auf dem Nassersee anvertraut.

Die Tempel am Nassersee sind nicht so opulent ausgestattet wie die Tempel an der Strecke Luxor - Assuan. Wer hat schon von Beit-el-Wali, Maharraka oder Dakka gehört? Kalabsha mit einer Art „Brehms Tierleben”, in Stein gehauen, mit Elefanten, Giraffen, Hirschen. Der Tempel wurde vor dem steigenden Nassersee gerettet, zersägt und an sicherer Stelle wieder aufgebaut. Der Amada-Tempel reiste sogar als Ganzes 2,6 Kilometer weit auf Schienen.

Abu Simbel - der dramatische Höhepunkt der Reise

Es gibt einen kleinen Rumpler. Ein Hahn kräht. Die „Omar Khayam” hat an einer kleinen Insel festgemacht. Bauer Mustafa reicht frische Eier aufs Schiff. Der Tempel von Wadi Seboua, wo Ramses sich zugleich als Mensch und Gott darstellen ließ. Ein Relief zeigt eine Ramses-Tochter, die der Pharao zu seiner Nebenfrau machte. Ein „Kamel-Shuttle” bringt die paar Touristen zum Dakka-Tempel. Wieder ein Rumpler, und der Anker fällt an der alten Festung Kasr Ibrim.

Abu Simbel ist der dramatische Höhepunkt der Reise. Um sie vor dem Untergang im Nassersee zu bewahren, wurde die Tempelanlage in 17000 Blöcke zersägt und unter dem Oberkommando der Essener Baufirma Hochtief 1968 an neuer Stelle zusammengebaut.

Nach Sonnenuntergang „Ton und Licht”-Show vor der Tempel-Kulisse. Da begreift man: Erbauer Ramses mag ein großer Pharao gewesen sein, aber ein Herzchen war er auch. Auf vielen Reliefs brüstete er sich blutrünstig damit, wie er seine Feinde zerstückelte. In dem in Stein gehauenen Geschichtsbuch ließ der Pharao sogar Niederlagen in Siege umdeuten. So schüchterte PR-Ass Ramses seine Gegner ein. Der ganze Tempel – eine bombastische Machtdemonstration des Pharao.

Info: Ägypten mit dem Schiff

  • Reisen auf dem Nassersee: Die Reise im Kabinenschiff nach Abu Simbel kann in zahlreichen Kombinationen gebucht werden - mit Badeaufenthalt in Hurghada, Marsa Alam oder Sharm-el-Sheik, mit Kreuzfahrt auf dem Nil von Luxor nach Assuan. Ideale Reisezeit: November bis April.
  • Ratgeber Nil-Kreuzfahrten: Über 200 Kreuzfahrtschiffe verkehren aktuell auf dem Nil. Fast alle werben mit 4- oder 5-Sterne-Standard. Allerdings sollte man nicht alleine auf die Angabe der Landeskategorie vertrauen. Die qualitativen Unterschiede in punkto Service, Ausstattung, Gastronomie und Hygiene sind oftmals gravierend. Verzichten sie im Zweifel auf eine Roulette-Buchung über einen billigen Direktveranstalter, sondern setzen Sie auf die Qualität deutscher Pauschalreiseveranstalter oder internationaler Hotelketten (Mövenpick, Iberotel), die eigene Schiffe auf dem Nil betreiben. Diese können verlässliche Informationen über das Baujahr und den wahren Zustand des Schiffes geben. Bei der Wahl der Kabine empfiehlt sich zudem das etwas teurere Oberdeck - hier hat man den besten Ausblick. Inzwischen gibt es auch neue Schiffe mit Balkonkabinen. Eine Alternative sind Kabinen mit Panoramafenster, die sich aber nur selten öffnen lassen.
  • Alternative Segelschiff: Für Individualisten empfehlen sich die so genannten Dahabeyas. Das sind kleinere Kabinenschiffe mit Segeln, die teilweise nur über acht Kabinen verfügen (OFT Reisen).

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