Essen. . Margaux Hofstedt ist die Tochter eines Parfümeurs und lernte selbst dieses Handwerk im französischen Grasse. Mitten in der Provence liegt die Europäische Universität für Duft und Geschmack, die im 1236 erbauten Kloster “Couvent des Cordeliers“ ihren Platz gefunden hat. Auch Laien können hier ihr eigenes Parfum kreieren.

Mit den kleinen, weißen Papierstäben in den Händen, die sie fix hin und her schwingt, sieht es fast so aus, als ob Margaux Hofstedt gerade eine Symphonie einstudiert. Doch die Französin mit dem pfiffigen Kurzhaarschnitt und der intellektuellen Brille riecht an den Stäben, ein nachdenklicher Blick. Zu viel Lavendel, zu viel Rose? „Wenn ich arbeite, kreiere ich eine Symphonie von Noten. Mein Kopf ist wie eine Bibliothek von Düften.“ Sie hat eine geniale Nase. Die Literatur-Professorin kann täglich mehrere hundert Duftnoten unterscheiden.

Die Parfümeurin sitzt inmitten eines duftenden Blumengartens zwischen den schmalen Zypressen und ockerfarbenen Gemäuern eines Franziskanerklosters im schnuckeligen Forcalquier – und riecht und riecht. Ganz in der Nähe des provenzalischen Dorfes mit den engen Gassen und dem verträumten Dorfplatz verwandeln sich im Sommer Hunderte von Felder in ein blau-violettfarbenes Meer. Luft und Erde werden vom süß-blumigen Duft des Lavendels, dem „Geist der Haute-Provence“, erfüllt. Alle Welt lebt hier von wohlriechenden Parfüms und Seifen, hergestellt aus dem Strauchgewächs. Auch das Unternehmen „L’Occitane“ hat in Manosque – ganz in der Nähe von Forcalquier – seinen Sitz.

Patrick Süskinds Figur Grenouille lernte in Grasse

In Forcalquier werden die Parfüm-Profis geschult: In das 1236 erbaute Kloster „Couvent des Cordeliers“ zog vor drei Jahren die Europäische Universität für Duft und Geschmack. Ein Trainingscenter für Pharmazeutiker und Parfümeure. Aber auch Amateure können hier viel über die Historie des Parfüms lernen – und ihr ganz individuelles Duft-Fläschchen mischen.

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Madame Hofstedt zeigt ihnen, wie man eine „Fragrance“ kreiert. Sie lernte bei einem der ältesten Familienbetriebe, der Parfümerie Fragonard, im südfranzösischen Grasse. Der Hauptstadt des Duftes. Hier ließ auch Patrick Süskind den legendären Frauenmeuchler Grenouille seine Kenntnisse im 16. Jahrhundert verfeinern. In einem dunklen Labor mit Tausenden von köchelnden Ölen und Wässerchen. Was aber im Roman als reine Gabe dargestellt wird, entkräftet die Parfümeurin: „Nur teilweise ist es angeboren, ein guter Riecher muss 20 Jahre lang hart dafür trainieren.“ Erst dann könne er bis zu 3500 verschiedene Duftnoten identifizieren.

Margaux' Vater ist ein Meister der Düfte

Auch ihr Vater zählt zu den Meistern der Düfte: Alan Clochard hatte – wie alle großen Parfüm-Künstler – seine Werkstatt in Grasse. Wurde es der aparten Dame also doch in die Wiege gelegt? „Als Kind lebte ich mit meiner Familie an der Côte d‘ Azur und war umgeben von unvergesslichen Düften.“ Ein tolles Training. Doch auch sie steckte ein Vierteljahrhundert Arbeit in ihre Ausbildung. Immer wieder kommt die 52-Jährige auf ihre Kindheit zu sprechen, auf den fein-herben Duft des Sandelholzes: „Mein Vater war oft auf Reisen und brachte es mit.“

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Doch ein gutes Parfüm, verrät sie, besteht aus natürlichen wie synthetischen Inhaltsstoffen – bis zu 200 verschiedenen bei den Profis. Die Mischung macht‘s. Ihr Labor in dem alten Kloster ähnelt einem Vorlesungssaal von Chemiestudenten: sterile, weiße Tische. Die Parfüm-Lehrlinge sitzen vor ihren Essenzen, mit Glaspipetten und Reagenzgläsern bewaffnet. „Im Reich der Düfte haben Gerüche nichts zu suchen“, sagt Hofstedt. Die Nase darf nicht abgelenkt werden, muss sich beim Schnüffeln aufs Wesentliche konzentrieren.

"Nicht zu nah ran mit der Nase"

Die selbstbewusste Madame und ihre Studenten stehen hinter Holzkästen, den „Parfüm-Organen“, lauter kleine Fläschen. Ätherische Öle und rohe, natürliche Materialien. Mit einer Glaspipette entnimmt die Parfümeurin den Fläschchen ein paar Tropfen und mischt sie zusammen. Zehn Tropfen Bergamotte, zwei Tropfen Zitrone.... Sie wartet. „Tunken Sie die Stäbchen in die Mischung. Aber bloß nicht zu nah ran mit der Nase“, rät sie. Sobald der Duft auf die Haut kommt, riecht der ganze Körper danach – und die Nase ist abgelenkt.