Berlin. . Die Kunst des Schlangestehens ist in Großbritannien überall zu bestaunen. Dabei sind einige Grundsätze, wie zum Beispiel der richtige Abstand, zu beachten. Eine Regierung wollte das Queuing sogar zum Bestandteil des Einbürgerungstests für Migranten machen.
In Deutschland herrscht das Gesetz des Stärkeren - zumindest wenn es ums Schlangestehen geht. Da wird mit Ellenbogen gekämpft und vorgedrängelt. Ganz anders in Großbritannien: Schlangestehen ist dort eine hohe Kunst, die man als Ausländer möglichst schnell lernen sollte. Denn sie kommt nahezu überall zum Einsatz: an der Bushaltestelle, im Supermarkt, am Bankschalter. Dabei folgt sie strengen Regeln.
Die wichtigste: der richtige Abstand zum Vordermann. Lässt man zu viel Platz zum Vordermann, fragt der nächste Wartende unweigerlich: "Are you in the queue?" (Stehen Sie in der Schlange?). Das hört sich höflich an, heißt aber nur: "Wissen Sie Trottel noch nicht mal, wie man sich anstellt?". Als Faustregel für den richtigen Abstand empfiehlt Visit Britain eine Faustregel des "Guardian": So viel Platz, wie man beim Tanzen mit Großtante Hildegard lassen würde.
Warteschlange wechseln nur in der richtigen Reihenfolge
Eine weitere wichtige Regel: Wird im Supermarkt eine neue Kasse aufgemacht, ist es undenkbar, dass alle Wartenden auf diese zustürzen. Stattdessen reihen sie sich entsprechend ihrer Position in der vorherigen Schlange ein - eine höchstkomplizierte Angelegenheit. Eine Besonderheit ist auch die Ein-Mann-Schlange: Steht ein einzelner Engländer an der Bushaltestelle, ist er automatisch der Kopf einer Schlange. Kommt ein weiterer Fahrgast dazu, wird er freundlich, aber bestimmt gebeten, sich direkt dahinter zu stellen: "This is a queue!"
Ein absolutes No-go ist Vordrängeln. Es ist gesellschaftlich geächtet. Wer sich dennoch dazu erdreistet, wird zwar nicht daran gehindert werden, aber ein geräuschvolles "Tstststs" zu hören bekommen, denn schlimmer als vordrängeln ist nur, jemandem öffentlich eine Szene zu machen.
Schlangestehen als Einbürgerungstest
Doch woher kommt das Queuing nun? Laut Visit Britain hat es zum einen wohl mit dem englischen Fair-Play-Gedanken zu tun. Eine andere Erklärung hängt mit der großen Bedeutung diskreten Verhaltens in Großbritannien zusammen. Feste Regeln helfen dabei, dass man nicht kommunizieren muss. Noch nie hat ein Liebespaar behauptet, sich in der Schlange kennengelernt zu haben, behaupten böse Zungen. Eine Regierung wollte das Queuing sogar zum Bestandteil des Einbürgerungstests für Migranten machen - also schleunigst üben! (dpa)