Essen. Die Hotelinsel soll Montenegro wieder zum Touristenmagneten machen. Vor den Balkankriegen war Jugoslawien (zu dem das heutige Montenegro gehörte) eine Hochburg deutscher Touristen. Heute kommen nur etwa 30.000 jährlich. Das soll sich ändern - zumindest, wenn es nach einem ehrgeizigen Unternehmer geht.
Jugoslawien gehörte in den 1970er und 1980er Jahren zu den beliebtesten Reisezielen der Deutschen. Doch mit den Jugoslawien-Kriegen brach der Tourismus in den Ferienregionen des Landes völlig zusammen. Mittlerweile knüpft das seit 2006 von Serbien unabhängige Montenegro wieder an seine touristische Tradition an – und setzt bei seiner Entwicklung auf einen Hauch von Luxus, auf Geschichte und die Attraktivität seiner küstennahen Naturräume.
Budva – sie ist das adriatische Synonym für das Dolce Vita des internationalen Jet Set. Die Hotelinsel Sveti Stefan liegt direkt vor der Küste Montenegros. Einst bebaut als Bastion gegen die türkischen Eroberer wandelte sich Sveti Stefan seit Titos Zeiten zu einem Hort der Ruhe suchenden VIPs. Orson Wells, Sophia Loren, Sylvester Stallone, Claudia Schiffer – sie alle verbrachten ihre Ferien ungestört auf dem kleinen Eiland, das sich – mittlerweile frisch renoviert und herausgeputzt – heute in neuem Glanz präsentiert.
Montenegro setzt auf Nachhaltigkeit
Doch der Luxus von Sveti Stefan ist nicht repräsentativ für das Montenegro der Neuzeit. Ein touristischer Entwicklungsplan hat die montenegrinische Küste seit 2008 auf Neuzeit getrimmt. Das oberste Gebot heißt Nachhaltigkeit. „Die meisten Hotels, die in Montenegro in den vergangenen Jahren gebaut wurden, sind auf dem Gelände der abgerissenen Hotels aus kommunistischer Vorzeit entstanden“, erläutert Karlo Petelin.
Er ist im Tourismusgeschäft ein alter Hase. Als Hoteldirektor leitete der Montenegriner in Deutschland Ferienhotels und -parks für Reiseveranstalter und Hotelketten. Seit 2008 ist Petelin der oberste Repräsentant der Nationalen Tourismusorganisation Montenegros in Deutschland.
Sehenswürdigkeiten von Kriegen verschont
Mit gemischten Gefühlen erinnert er sich zurück an die Zeit, in der er anfangs versuchte, Montenegro als Teil des einst beliebten Urlaubslandes Jugoslawien wieder ins Gedächtnis der deutschen Urlauber zu rufen. Alles vergebens. Rund 150.000 deutsche Gäste besuchten in den Hochzeiten des Jugoslawien-Booms jährlich die Region des heutigen Montenegro. 30.000 deutsche Gäste waren es im vergangenen Jahr.
Die Erinnerung der Deutschen an die Urlaubsziele im ehemaligen Jugoslawien scheint in den 15 Jahren zwischen dem Ausbruch der Jugoslawien-Kriege und der Unabhängigkeit Montenegros im Jahr 2006 gerissen zu sein.
Dabei blieben die historischen und kulturellen Sehenswürdigkeiten Montenegros von den Kriegen auf dem Balkan nahezu verschont. Was wiederum zur montenegrinischen Geschichte passt. Osmanen, Byzantiner, Österreicher, Venezier – sie alle versuchten im Laufe der Jahrhunderte mindestens einmal das bergige Balkanland, das etwas kleiner als Schleswig-Holstein ist, dessen Geoprofil jedoch jeden Schleswig-Holsteiner vor Neid erblassen lassen würde, zu besetzen.
Ostrog ist ein bedeutender Pilgerort
Den Sprung von Meereshöhe bis auf 2000 Meter schafft Montenegro an seiner Nordküste auf kürzester Distanz. Mit bis zu 1300 Metern Tiefe ist die Tara-Schlucht, die sich in der Landesmitte quer durch Montenegro frisst, die tiefste Schlucht Europas. Das in den Berg gebaute Kloster Ostrog ist nicht nur für Gläubige der christlich-orthodoxen Kirche ein bedeutender Pilgerort.
Und in Kotor schließlich, der in der gleichnamigen, heute zum Unesco-Welterbe gehörenden Bucht gelegenen Hafenstadt, baute man die Stadtmauer rund um die Altstadt gleich so hoch in den Berg hinein, dass die Feinde vor dem Stadttor am Ende des südlichsten Fjords Europas schier in Verzweiflung gerieten. Vorausgesetzt, sie schafften es überhaupt bis vor die Tore Kotors. Denn viele der Seefahrer, denen es gelang, sich mit ihren Barken seeseitig um die Halbinsel Lustica durch das Becken von Herzec Novi in die trichterförmige Bucht von Tivat zu schlängeln, mussten – so die Legende – ihre Eroberungsabsichten spätestens hier an einer unüberwindbaren Kettenkonstruktion abbrechen.
Die findigen Anrainer der inneren Becken von Vrmac Risan und Kotor hatten diese an der engsten Stelle des Trichterausgangs gespannt. Da kommt man mit viel Geld heute schon weiter: Peter Munk hat sich für seine Investition in den Porto Montenegro die Hafenstadt Tivar ausgesucht. 100 Millionen Euro hat der Kanadier in den Aufbau seines exklusiven Hafen Edens investiert.
Porto Montenegro war bei vielen Deutschen bekannt
Ankommen, die Yacht einparken, die Tür zum Apartment aufschließen und am Abend nach der Shoppingtour zum Essen einkehren – so lautet die mittlerweile bereits größtenteils fertiggestellte Vision des Kanadiers. Der Porto Montenegro bildet gemeinsam mit der Hotelinsel Sveti Stefan die beiden kostspieligen Enden der nördlichen montenegrinischen Adriaküste – einer Region, deren Schönheit bis zum Beginn der 1990-er Jahre bei vielen Deutschen bekannt war.
Und wo die Montenegriner auch zwischen Sveti Stefan und Porto Montenegro, in Budva, Bicici, Kotor und in den kleinen Küstenortschaften ihre Gastgebertradition aus der Jugoslawien-Zeit wiederentdeckt haben. Montenegro könnte in den kommenden Jahren zu einem Trendreiseziel am Mittelmeer werden.